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Interview

Kündigung von Kölns Schwarzer Bibliothek
„Nicht unbedingt ein Fall von Rassismus“

Lesezeit 4 Minuten
John Akude kam als politsch Verfolgter nach Köln.

John Akude kam als politsch Verfolgter nach Köln.

CDU-Politiker John Akude lehnt die Vorwürfe gegen den Hausverwalter von Kölns Schwarzer Bibliothek ab.

Als erster und bisher einziger Schwarzer zog John Akude in den Stadtrat ein. Als er von der Kündigung der Räume der Theodor Wonja Michael Bibliothek hörte, sicherte seine Fraktion Hilfe zu. Die Rassismus-Vorwürfe von Mitgründerin Glenda Obermuller gegenüber dem Verwalter lehnt er aber ab.

Herr Akude, Sie haben selbst den Aufbau des Vereins „Sonnenblumen Community Development Group“ und die Entwicklung der TMW-Bibliothek unterstützt. Jetzt wirft Mitgründerin Glenda Obermuller dem Verwalter der Vereinsräume rassistische Motive für die Kündigung vor. Sie weisen das zurück, warum?

Der Verwalter hat ernsthafte Themen erwähnt. Es sagt, es habe verspätete Zahlungen gegeben und die Lagerung von Nahrung im Keller habe zu Ratten geführt. Hinzu komme die unsachgemäße Nutzung von Räumen. Wenn dieser Vorwurf stimmt, dann darf auch der Vermieter oder Verwalter an Kündigung denken. Ich bin der Meinung, das hier ist nicht unbedingt ein Fall von Rassismus. Um zu wissen, ob es so ist oder nicht, brauchen wir aber mehr Fakten. Und zwar von beiden Seiten.

Frau Obermuller weist die Vorwürfe des Eigenverschuldens für Schäden zurück. Sie und ihr Untermieter geben an, der Verwalter habe von Anfang nicht gewollt, dass der Verein in dem Haus mietet. Was halten Sie von dem Vorwurf, dass der Verwalter sich hinter rationalen Argumenten versteckt?

Es ist theoretisch möglich und es wird auch viel gemacht. Es ist nicht, als würde ich die Tatsache infrage stellen wollen, dass es in Deutschland Rassismus gibt. Das erlebe ich selbst jeden Tag. Einen klaren Fall von Rassismus habe ich vor Kurzem selbst erlebt. Jemand sagte, ein Missverständnis, das ich mit einer Frau hatte, sei entstanden, weil ich ein Schwarzer Mann bin, der aus einer afrikanischen Kultur kommt, in der Frauen angeblich nicht respektiert werden. Das Thema des Missverständnisses spielte keine Rolle mehr, es ging nicht darum, wer Recht hatte oder nicht. Dass von meiner Hautfarbe auf meinen Respekt gegenüber Frauen geschlossen wird, ist nicht nur ein Totschlagargument. Es ist ein klarer Fall von Rassismus. Wir müssen also bei den Tatsachen bleiben.

Warum ist es Ihnen wichtig, ihre Meinung zu dem Fall zu äußern?

Weil es wichtig ist anzumerken, dass nicht alle Schwarzen Menschen die gleiche Meinung haben, auch nicht zu Rassismus. Das ist ein Fehler der weißen Mehrheitsgesellschaft, den wir Schwarzen wissentlich oder unwissentlich übernommen haben. Wir müssen vorsichtig sein, dass wir dieses wichtige Thema Rassismus nicht verwässern. Daher bitte ich meine Geschwister (Anm. d. Red.: Begriff für die Schwarze Gemeinschaft), das nicht mehr zu machen. Wenn wir bei jedem interkulturellen Missverständnis immer von Rassismus schreien, dann schießen wir uns ins eigene Bein. Missverständnisse und Verdächtigungen entstehen, wenn sich zwei Kulturen begegnen. Viele von uns leiden tatsächlich unter Rassismus und verlieren eine Menge daran. Verwässern wir den Begriff, verlieren wir den Kampf dagegen! Deutschland kann sich Rassismus in einer Zeit von Angriffen auf die Demokratie und einem Mangel an Arbeitskräften nicht leisten.

Haben Sie mit Frau Obermuller über den Fall gesprochen?

Nein, bisher haben wir nur über die Zukunft der Bibliothek gesprochen. Von den Vorwürfen habe ich erst später erfahren. Frau Obermuller kennt mich in und auswendig. Sie als Freundin zu bezeichnen, wäre eine Untertreibung, sie ist eine Schwester. Sie weiß, wie ich Politik sehe. Wir werden noch Gelegenheit finden, darüber zu sprechen.

Abseits der Debatte über die Rassismus-Vorwürfe, hat Ihre Fraktion Unterstützung für das Projekt zugesichert. Warum?

Die Bibliothek ist ein sehr wichtiges Projekt, das sowohl von dem betreibenden Verein als auch von der Stadt vernachlässigt wurde. Ich habe schon bei einem Besuch dort im vergangenen Jahr angeregt, dass sie einen Entwicklungsplan haben sollte. Der Platz ist einfach viel zu knapp. Außerdem erreicht das Projekt nicht genug Afrikanerinnen und Afrikaner in Köln. Das Projekt ist nicht so inklusiv und repräsentativ, wie es vorgibt zu sein.

Sie werfen dem Verein also vor, dass er selbst zu den aktuellen Problemen beigetragen hat?

Ja, nicht, indem er nicht früher umgezogen ist, sondern indem er keinen Entwicklungsplan für die Bibliothek hatte.

Wünschen Sie sich, dass die Bibliothek in Zukunft von der Stadt gefördert wird?

Ja, wir brauchen für den Kampf gegen Rassismus solche Orte. Ob die Bibliothek eigenständig bleiben soll, als normale Stadtteilbibliothek fungieren oder Teil einer Bibliothek der Stadt werden soll, ist nun eine offene Frage. Wir gehen es jetzt an.