Aufgewachsen mit 500 TierenZoochef Theo Pagel wird 60 Jahre alt – ein Porträt
Köln – In einem Haus voller Tiere ist er groß geworden. Und im Duisburger Zoo. „Da bin ich ein und ausgegangen, mein Vater war mit dem Zoochef befreundet“, sagt Theo Pagel. Nicht selten bringt er von da auch ein Tier mit ins Mehrfamilienhaus in der Ruhrpottstadt Duisburg. Und „voller Tiere“, das ist wörtlich gemeint: Auf den drei Etagen der Wohnung, im Keller und im Garten leben Wüstenfüchse, Waschbären und jede Menge Reptilien. „Wir hatten Schlangen, Kolibris, Pinselohrpapageien, Stinktiere, Fische und mindestens 500 Vögel “, erinnert sich Pagel.
Wer so aufwächst, hat womöglich später ein Problem. Oder er fühlt sich paradiesisch gut. Und wird Zoodirektor.
Tierliebe vom Vater geerbt
„Mein Vater war völlig tierverrückt. Etwas mit Zoo hätte er selbst sehr gerne gemacht“, sagt Pagel. „Aber das war in der Nachkriegszeit unmöglich. Er musste Metzger werden, wie sein Vater.“ Theo Pagel kann sich seinen Traum erfüllen, werden, was er „schon immer, seit ich denken kann“ werden wollte. Am 1. Februar ist er 14 Jahre Direktor des Kölner Zoos, in dem er seit 30 arbeitet. Heute wird er 60 Jahre alt.
Nach seinem Studium stellt ihn Zoochef Gunther Nogge als Kurator ein, „für eigentlich alles außer Affen und Elefanten“. Er hat von Hause aus 20 Jahre Erfahrung mit Tierhaltung, züchtet während des Studiums die hoch bedrohten Bali-Stare, begründet deren Zuchtbuch mit. Und hat jede Menge Ideen. Zum Beispiel die erste oben geschlossene Anlage für Leoparden, mit Bäumen zum Klettern.„Man sah die Tiere nicht mehr auf den ersten Blick, erlebte sie aber wie in ihrem natürlichen Lebensraum. Das mussten wir unseren Besuchern erklären, und sie haben es verstanden!“ Pagel freut sich sichtlich, dass heute Teil moderner Zoopädagogik, was damals begann. Mit der will er Besucher für Tiere begeistern, und damit auch für ihren Schutz.
Ein ständiges Ziel: Bessere Tierhaltung
Mit Finanzvorstand Christopher Landsberg arbeitet er an Verbesserungen in der Tierhaltung. „Die Anforderungen daran müssen ein vernünftiges Maß haben, aber das muss auch gemacht werden“, ist sein Credo. Deshalb habe man auf die Haltung von Eisbären verzichtet.
Der Hippodom dagegen ist ein positiver Meilenstein. Und beschert dem Zoochef, der sich durchaus als rationalen Profi versteht, „einen der Momente, die man nie vergisst“. „Als die Flusspferde ins Becken dürfen, machen sie im Wasser riesige Bocksprünge vor lauter Freude.“ Pagel liebt seine Arbeit. „Aber hier arbeitet keiner, der seinen Job nicht mag“, sagt er.„Auch unser Elektriker arbeitet mit dem Bewusstsein, wenn ich die Birne nicht wechsele, wird der Eidechse kalt.“
Tiere, Zoo, Familie. Doch da ist noch etwas. Ein alter Citroën. „Ich bin halt Duisburger“, sagt Pagel schmunzelnd. Das Auto hat Götz George gefahren, als Schimanski. Einmal will der es noch zurückhaben, für einen allerletzten Tatort, 1991. „In den Drehpausen haben wir auf der Motorhaube gesessen und geredet. Ein unglaublicher Typ, voller Elan. Und voller Energie.“
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Die braucht auch der Zoochef, um an den großen Stellschrauben zu drehen. Denn neben Projektplanung und Lehrtätigkeit an der Uni ist Pagel derzeit Präsident des Weltverbandes für Zoos und Aquarien, die zusammen 700 Millionen Besucher erreichen. „Wenn jeder dieser Besucher etwas an seinem Verhalten ändert, bewirkt das viel.“ Auch Lobbyarbeit steht auf der To-do-Liste, sowie weltweite Vernetzung der Zoos bei Forschung und Artenschutz. Zeit für Kontakt mit den Tieren bleibt da wenig.
Heute aber besucht Pagel die Erdferkel, friedliche Wesen, so groß wie Ameisenbären; er setzt sich auf einen Stamm im Gehege. Dobby sucht an seinen Schuhen nach Mehlwürmern. Vielleicht findet es auch die unzähligen Gerüche an den Sohlen des Zoodirektors interessant. Mit seiner langen Schnauze tastet es sachte dessen Hosenbeine ab, lässt sich den borstig-weichen Rücken streicheln. Pagel sitzt ganz ruhig da, lange. Er beobachtet. Und lächelt. „Es sind diese Momente“, sagt er. „Deshalb bin ich Zoodirektor geworden.“