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Kölner ZeitzeugenApp soll das Südstadt-Leben der 70er Jahre erlebbar machen

Lesezeit 3 Minuten
App Projekt Startbild

Bilder und Zeitzeugenberichte werden in eine App fürs Smartphone  fließen. 

Köln – Im legendären Tanzlokal „Tabaris“ lernte der Bickendorfer Horst Weber sein Südstadt-Mädchen Helga kennen. Vier Obst- und Gemüsegeschäfte führten sie nach der Heirat bis 1980, wohnten bis zum Einzug ins eigene Haus in Rondorf 1974 in der Jakobstraße und am Bonner Wall. Irgendwann wich das Heimweh nach dem lebendigen Vringsveedel dem Genuss ländlicher Ruhe. Doch als die Berliner Medienexpertin Elle Langer zusammen mit dem Kölner Augmented-Reality-Entwickler Yona jetzt zum Zeitzeugen-Treffen in der Traditionsgaststätte „Wirtz“ am Krankenhaus der Augustinnerinnen, dem Severinsklösterchen, lud, packten die Webers Fotos und Zeitungsausschnitte zusammen, um ihre Erinnerungen zu der geplanten Südstadt-App beizutragen.

Geschichten-App soll kostenlos sein

„Wir sammeln ihre Geschichten, um sie an den Orten, wo sie sich zutrugen, digital zu verankern. Kostenlos wird künftig jeder mit dem Smartphone die Geschichten echter Menschen und die echten Fotos, die sonst nirgendwo nachzulesen oder nachzusehen sind, abrufen können“, erklärte Langer. Angereichert durch 3D-Elemente, wird die App mitten im Heute ein Zeitreise-Erlebnis ins Vringsveedel, wie es früher war. Ein Quiz zum Thema soll die Neugier auf die Geheimnisse der Südstadt noch einmal steigern.

Zeitzeugen 3

Lisa Cieslik 

Lisa Cieslik lebt und arbeitet noch heute in dem Haus in der Rolandstraße, das die Lindenthalerin in den 70er-Jahren mit einer Gruppe Gleichgesinnter besetzte. „Schon als Jugendliche träumte ich von einem Leben in der Südstadt. Junge Menschen, Studierende, denen es um die Kunst ging, das war meine Welt, die ich unbedingt betreten wollte“, erzählte die Künstlerin Jahrgang 1955. Sie hielt mehrmals ein Foto von Peter Abelen hoch.

Der Architekt hatte der Stadt das Haus Rolandstraße 92 vermacht, eigentlich mit der Auflage, es zu einem Kunsthaus zu entwickeln. Als das Erbe unter der Hand verkauft werden sollte, kämpften die Hausbesetzer für die Erfüllung von Abelens Willen. Den setzten sie schließlich mit Unterstützung von Kulturdezernent Peter Nestler durch, der 1979 sein Amt antrat.

Zeitzeugen 2

Zeitzeugin Helga Weber 

Den früheren Leiter der Polizeiwache in der Zwirnerstraße, den alle „Schnäuzer“ nannten, erwähnte Lisa Cieslik. Woran Wolfgang Mödder, der Bäckersjunge aus dem Sionstal, den die Alten noch unter dem Spitznamen „dat kleine Brütche“ kennen, anknüpfte. Der Autor diverser Südstadt-Verzällcher blickt bis heute auch gerne in die Rotlicht-Ecken seines geliebten Viertels und gewinnt kleinkriminellen Umtrieben Anekdoten ab, in denen das kölsche Schutzmann-Original eine Rolle spielt.

Zeitzeugen 1

Elisabeth Kump 

Elisabeth Kump wurde 1948 im Severinsklösterchen geboren und wuchs in der Isabellenstraße auf. Samstags nach der Schule ging sie wie viele andere Kinder ins „Wirtz“, wo ihr Vater schon an der Theke saß. Das Jugendheim St. Severin war ihr zweites Zuhause. An Karneval wurden die Tische vor die Tür gestellt, damit die Vringsveedel-Pänz eine Tribüne für den besten Blick auf den den großen Rosenmontagszoch hatten. „Das alles darf man heute nicht mehr machen“, meint Elisabeth Kump ein wenig wehmütig in Gedanken an die Freiheiten der 70er-Jahre.

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Bleibt nun abzuwarten, wie viel Lebendigkeit von dem aufregenden Jahrzehnt die kommende App wiedergeben kann.