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Helfen in NotsituationenTelefonseelsorge Köln bekommt 26.000 Anrufe pro Jahr - Themen sind vielfältig

Lesezeit 3 Minuten
Sie helfen Menschen in Notsituationen: Die beiden Leiterinnen der Telefonseelsorge Köln Dorit Felsch und Annelie Bracke (v.l.).

Sie helfen Menschen in Notsituationen: Die beiden Leiterinnen der Telefonseelsorge Köln Dorit Felsch und Annelie Bracke (v.l.).

Bei neun Prozent aller Anrufe sei das Thema Suizidalität zur Sprache gekommen.

Anonym, kostenlos und rund um die Uhr: Jeder, der ein persönliches Problem hat, kann die Telefonseelsorge Köln niedrigschwellig erreichen. Die Anzahl der Personen, die das Angebot nutzen, stieg im vergangenen Jahr. 2023 verzeichnete die Telefonseelsorge Köln insgesamt 26 450 Anrufe. Das sind etwa 73 Anrufe pro Tag und zehn Prozent mehr Anrufe als im Vorjahr. In diesem Jahr gingen bis Ende Oktober bereits 19 900 Anrufe ein, berichten Annelie Bracke und Dorit Felsch bei der Vorstellung der Zahlen. Die beiden leiten die gemeinsame Einrichtung der evangelischen und katholischen Kirche am Standort Köln.

Beziehungsprobleme, Ängste, Stress, depressive Stimmung, Einsamkeit oder körperliches Befinden – die Gründe, weshalb sich Menschen bei der Telefonseelsorge melden, sind vielfältig. Ein alles bestimmendes Thema, wie die soziale Isolation zu Beginn der Corona-Pandemie, sei nicht zu erkennen. Jedoch wirke sich die wirtschaftliche Lage, die Kriege im Nahen Osten und der Ukraine sowie die Nachwehen der Pandemie auf die Belastung der Menschen im Alltag aus, so Felsch, Leiterin der evangelischen Seelsorge: „Es gibt ein Gefühl der Dauererschöpfung aufgrund der Krisen der letzten Jahre. Der Puffer, mit belastenden Dingen umgehen zu können, ist aufgebraucht.“

Neben Anrufen können Betroffene ihre Ängste, Sorgen und Nöte auch per E-Mail oder im Chat teilen. „Wir sind häufig der Erstkontakt, bevor man sich dem nahen Umfeld öffnet“, sagt Bracke, die die katholische Einrichtung leitet. „Wir haben keinen Veränderungsauftrag, aus einem Anruf muss nichts folgen. Wir haben ein offenes Ohr für kleine bis große Probleme.“

Neue ehrenamtliche Mitarbeitende gesucht

Die Telefonseelsorge ist kostenlos rund um die Uhr erreichbar unter 0800/1110 -111 und -222. Am häufigsten würden sich Personen in den Abendstunden bis Mitternacht melden, erzählen die Leiterinnen. Aber auch danach klingelt das Telefon oft, sagt Felsch: „Länger als eine halbe Stunde hat man nachts nie Leerlauf.“ Bei neun Prozent aller Anrufe sei das Thema Suizidalität zur Sprache gekommen, in der Mail-Seelsorge (26 Prozent) und im Chat (28 Prozent) deutlich häufiger.

Um auch in der Zukunft zu jeder Tag- und Nachtzeit erreichbar zu sein, sucht die Beratungsstelle weitere Ehrenamtliche. Psychologische Kenntnisse oder berufliche Vorerfahrung werden nicht benötigt, stattdessen wird auf die Lebenssituation und Persönlichkeit der Bewerbenden geachtet. Man sollte sich für andere interessieren, sich auf sie einstellen, auf Fremdes einlassen und mit Krisen umgehen können. Eine Mitarbeit umfasst 15 Stunden pro Monat, darin enthalten sind neben den Telefonaten auch regelmäßige Termine für Supervision und Fortbildungen.

Der nächste Ausbildungskurs (zu zwölf Teilnehmenden, über ein Jahr hinweg) beginnt im Januar (evangelisch) und nach den Sommerferien 2025 (katholisch).