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Kölner Serie „Alles auf neu“Ex-Stadtsprecherin Inge Schürmann geht neue Wege

Lesezeit 5 Minuten
Inge Schürmann

Immer in Bewegung: Die frühere Pressesprecherin der Stadt Köln, Inge Schürmann, hat sich für ihr neues Leben nach 40 Jahren Dienst in der Verwaltung viel vorgenommen.

Köln – „Schürmann, Presseamt.“ Wenn einem diese Worte durch den Hörer entgegenschallten, wusste man als Journalist: Hier wird Ihnen geholfen. Kölns Stadtsprecherin Inge Schürmann überhaupt ans Telefon zu bekommen, war schon eine Herausforderung. Und wenn ihre Leitung mal frei war, konnte man sich auf ein lebhaftes Gespräch und einen charmant, aber erbittert geführten Kampf um die Deutungshoheit gefasst machen. „Falsche Frage! Sie denken in die völlig falsche Richtung!“ – solche Sätze bekam man von ihr häufig zu hören, gepaart mit Tipps, wie man die Sache richtig angehen sollte. Denn Schürmann war stets mit großer Leidenschaft und enormem Elan dabei, wenn es darum ging, „ihre“ Stadtverwaltung gegen vermeintlich ungerechtfertigte Kritik von außen zu verteidigen.

Den Dialog mit Pressevertretern sah sie stets als sportliche Herausforderung. Gerne gab sie Antworten auf Fragen, die man gar nicht gestellt hatte. Oder stellte bei Pressekonferenzen selbst Fragen, die die Journalisten ihrer Meinung nach versäumt hatten.

„Die untypischste aller Beamtinnen“

„Sie hat immer und zu allem eine Meinung und meistens auch einen Ratschlag parat“, fasste ein Kollege aus dem Presseamt ihre unvergleichliche Art zusammen. Ein anderer meinte, sie sei zweifellos „die untypischste aller Beamtinnen, die ich jemals in einer Verwaltung kennengelernt habe“.

Bis zu ihrem Abschied aus dem aktiven Dienst im Oktober 2020 hat die gebürtige Krefelderin 30 Jahre lang die Pressearbeit der Stadt Köln geprägt. Sie war gefühlt immer im Dienst, stand in der Millionenstadt mit ihrer breiten Medienlandschaft ständig unter Strom. Dieses Leben endete für die 65-Jährige vor drei Monaten zwar geplant – aber trotzdem abrupt. Von 100 auf Null in einem Augenblick. Keine tägliche Zugfahrt von Krefeld nach Köln mehr, kein täglicher Clinch mit der Medienmeute. Stattdessen Ruhestand. Ein Wort, das so gar nicht zu Inge Schürmann passen will. „Das war eine ganz schöne Umstellung für mich. So eine Art ein kalter Entzug“, erzählt sie im Gespräch mit der Rundschau. Der Abschied sei ihr schwergefallen, doch: „Für mich ist es Luxus pur, jetzt selbst über meinen Terminkalender bestimmen zu können.“ Und: „Als Privatmensch bin ich Anfänger.“ Ihre Heimatstadt Krefeld lerne sie jetzt erst richtig kennen. Langeweile komme keine auf, betont sie, denn Schürmann wäre nicht Schürmann, wenn sie sich für die Zeit nach dem Job nicht jede Menge vorgenommen hätte. „Bei mir steht tatsächlich alles auf neu.“ Von Ruhestand keine Spur.

Zur Person

1955 wurde Inge Schürmann in Krefeld geboren. Ihre Mutter sei mehrfache deutsche Meisterin in Steno und Schreibmaschine gewesen, habe ihre Tätigkeit als Chefsekretärin aber wegen der Schwangerschaft beendet, erinnert sie sich. „Das war früher so üblich.“

Ihr Fachabitur legte Schürmann 1973 ab, studierte danach Verwaltungswissenschaften. Nach zehn Jahren Pressearbeit für die Stadt Krefeld wechselte sie 1990 ins Kölner Presseamt, wo sie stellvertretende Pressesprecherin wurde.

Eine Kollegin habe sie mal auf die Figur der Anna Maria von Schürmann (1607-1678) am Kölner Rathausturm angesprochen und scherzhaft gesagt, da die Dame so einen renitenten Eindruck mache, müsse sie wohl mit ihr verwandt sein, erzählt Schürmann. Jahre später habe sie erfahren, dass die gebürtige Kölnerin, die später in Utrecht lebte und Mitte des 17. Jahrhunderts als gelehrteste Frau Europas galt, tatsächlich zu ihren Vorfahren zählt. (fu)

Die neu gewonnene Zeit will die Ex-Pressesprecherin in vier verschiedene Bereiche investieren. Da wäre zum einen der Sport. Vor allem Laufen und Golfen haben es ihr angetan. Auch Haus und Garten in Krefeld will Schürmann „noch mal neu organisieren und auf die nächste Qualitätsstufe heben“.

Außerdem möchte sie sich „persönlich weiterentwickeln“. Was das konkret heißt? „Momentan lerne ich gerade, wie man Internetseiten baut“, erzählt Schürmann. „Die geplante Reise auf der südlichen Welthalbkugel habe ich wegen Corona verschoben. Stattdessen habe ich eine Firma gegründet.“

Womit wir beim vierten Teilbereich in ihrem neuen Leben angekommen wären: „Wissen weitergeben.“ Wissen, wie Medien ticken, wie Medienarbeit funktioniert, wie man Krisensituationen medial bewältigt, hat die Verwaltungswissenschaftlerin in 40 Jahren Pressestelle in Krefeld und Köln reichlich angesammelt. Diesen Erfahrungsschatz will sie teilen und künftig Unternehmen im Rheinland ihre Dienste anbieten – als Beraterin, Trainerin, Problemlöserin in Sachen Öffentlichkeitsarbeit. Dafür hat sie sich selbstständig gemacht und ihre Firma „Statements“ ins Leben gerufen. Doch zunächst möchte sich Schürmann ehrenamtlich einbringen und jungen Start-ups unentgeltlich unter die Arme greifen.

Totes Kaninchen und eine erlegte Ente im Kühlschrank

Und was ist mit ihrer alten Leidenschaft, dem Jagen? Jahrelang hatte sie ihre Deutsch-Drahthaar-Hündin „Bea“ zur Arbeit mit nach Köln ins Presseamt genommen. Weil so eine Jagdhündin viel Bewegung braucht, fuhr sie in der Mittagspause mit ihr auf die Poller Wiesen, zog zum feinen Kostüm die Gummistiefel an und lief mit „Bea“ am Rhein entlang. Legendär war die Geschichte, als ihre Kollegen ein totes Kaninchen und eine erlegte Ente im Kühlschrank des Presseamts fanden, die sie dort zwischengelagert und vergessen hatte. Einen eigenen Jagdhund habe sie momentan nicht, berichtet Schürmann. Sie sei aber weiterhin Pächterin eines Jagdreviers in Krefeld und wolle sich auch künftig darum kümmern.

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Was die Ex-Pressesprecherin besonders umtreibt, ist die Entwicklung der Medien. „Pressefreiheit ist mir unheimlich wichtig“, betont Schürmann, die ein bekennender Zeitungsfan ist. „Kein anderes Medium geht so in die Tiefe. In Fernsehen, Radio, Internet können die Themen oft nur kurz angerissen werden. Zeitungen bieten eine große Bandbreite an Informationen und ordnen diese auch ein.“Es sei „absolut besorgniserregend, wie anspruchslos heutzutage viele Menschen sind, wenn es um die Qualität von Informationen geht“. Oft würden nur noch kurze Infos konsumiert, statt Wert auf eine professionell recherchierte und tiefgründige Berichterstattung zu legen. „Wenn das so weiter geht, ist die Demokratie in Gefahr“, meint Schürmann. Das sei eine Botschaft, die sie ebenfalls an die jüngere Generation weitergeben möchte.