Wer könnte hinter dem Raub im Museum für Ostasiatische Kunst in Köln stecken? Ein Interview mit dem Kunstsachverständigen Christoph Bouillon.
Interview zum Kölner Kunstraub„Ich sehe da eine grobe Fahrlässigkeit“
Der Raub von neun wertvollen Porzellanteilen aus dem Museum für Ostasiatische Kunst in Köln in der Nacht auf den 13. September wirft weiterhin Fragen auf. Über einige hat Diana Haß mit dem Kölner Kunstsachverständigen und öffentlich bestelltem Auktionator Christoph Bouillon gesprochen.
Herr Bouillon, Sie sind Berater des Autionshauses Nagel, das als eines der führenden für asiatische Kunst in Europa gilt. Wie ist der Markt für die Stücke, die entwendet wurden?
Asiatische Kunst ist derzeit unglaublich nachgefragt, es werden sehr hohe Preise erzielt. Dabei sind es vor allem Asiaten selbst, in erster Linie Chinesen, die kaufen. Dass sie Hauptabnehmer sind, liegt einerseits an ihrem starken Interesse an eigener historischer Kunst. Andererseits ist es aber auch so, dass sie in der Regel besonders finanzkräftig sind, anders als das zurzeit bei vielen Europäern der Fall ist. Würden die gestohlenen Stücke legal angeboten, würden sie als marktfrisch, wie das in der Fachsprache heißt, sicherlich zusammen einen Betrag in Millionenhöhe bringen. Schließlich gibt es keinen Zweifel an der Echtheit. Adolf und Frieda Fischer, die Stifter des Museums, haben Anfang des 20. Jahrhunderts eine beachtliche Sammlung zusammengetragen.
Wer kommt Ihres Erachtens als Täter infrage?
Dass es sich um eine Zufallstat handelt, halte ich für extrem unwahrscheinlich. Dagegen sprechen zum einen die beiden vorhergegangenen Einbruchsversuche. Zudem brauchte die Tat eine gute Vorbereitung. Um Porzellan oder Glas zu entwenden, braucht man eine ausgeklügelte Logistik. Schließlich muss es bruchsicher verpackt und transportiert werden. Denkbar ist, dass es Auftraggeber gibt, die sich quasi im Katalog genau diese Stücke ausgewählt haben. Auffällig ist ja auch, dass es ähnliche Diebstähle von chinesischem Porzellan in jüngerer Zeit aus Museen in den Niederlanden und Frankreich gab.
Bei den gestohlenen Stücken handelt es sich nicht um Unikate.
Genau das macht sie attraktiv für Sammler: Die Stücke sind zwar handgemalt und haben selbstverständlich individuelle Ausprägungen. Aber sie sind nicht so singuläre Einzelstücke wie die Mona Lisa oder Rembrandts Nachtwache. Sammler können sie also in einer Vitrine haben, ohne dass direkt auffällt, dass es sich um Diebesgut handelt.
Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass ähnlich wie nach dem Einbruch in das Grüne Gewölbe in Dresden die Stücke wieder zum Rückkauf angeboten werden?
Das kann man natürlich nicht ausschließen. Ich halte es aber für unwahrscheinlich.
Die Stadt Köln und die Museumsleitung verteidigen ihre Sicherheitsvorkehrungen nach den beiden Einbruchsversuchen. Wie sehen Sie das?
Ich sehe da eine grobe Fahrlässigkeit. Schließlich war das Fenster nicht mit Spezialglas gesichert. Wenn mir das als Privatmann passieren würde, dass ich Wertgegenstände hätte und kein Glas, um sie zu sichern, dann würde ich meine Wertgegenstände anders sichern oder die auslagern. Es ist unser aller Erbe, mit dem die Stadt hier scheinbar larifari umgegangen ist.
Zur Person
Der Kölner Christoph Bouillon ist Sachverständiger für Kunst, Antiquitäten und Schmuck. Er ist zudem öffentlich bestellter und vereidigter Versteigerer für Kunst und Antiquitäten. Er ist tätig als Berater für Auktionshäuser, Museen und öffentliche Sammlungen.
Christoph Bouillon hat eine mehr als 30-jährige Berufserfahrung im internationalen Kunst- und Auktionshandel. Als Kunstsachverständiger und Versteigerer für Kunst und Antiquitäten leitete er lange Zeit die Abteilungen für Europäische und asiatische Kunst in einem Kölner Auktionshaus. Für die TV-Sendung „Kunst + Krempel “ bei 3Sat ist er als Experte tätig.