Mit Text-Kaskaden, Schmäh-Tiraden und Spott-Gesängen zur „Verfreundlichung der Welt“ beitragen - das kann niemand so wie Wilfried Schmickler. Nun wird der Kabarettist 70 Jahre alt.
Kölner Kabarettist Wilfried Schmickler wird 70„Kabarett ist eine Frage der Haltung“
Schärfe, Präzision, Nachdruck - solche Begriffe fallen, wenn es um Wilfried Schmickler geht. Seine satirischen Spitzen gehen häufig über die Grenzen des Schmerzes hinaus. Doch immer schwingt der Wunsch nach Versöhnung mit.
Schmickler wird am 28. November 70 Jahre alt. Er gehört zu den renommiertesten Kabarettisten Deutschlands und steht für eine Generation politischen Kabaretts der alten Schule. Dafür wurde er vielfach ausgezeichnet. Fast 30 Jahre lang war er bei den WDR-Mitternachtsspitzen („Aufhören, Herr Becker“). Seit September ist er mit seinem neuen Programm „Herr Schmickler bitte“ unterwegs. Mit der Mischung aus gesprochenem Wort, lyrischen Gedichten und ausdrucksstarkem Gesang echauffiert er sich weiterhin über gesellschaftliche Missstände und Ungerechtigkeiten in dieser Welt. Doch seine Text-Kaskaden, Schmäh-Tiraden und Spott-Gesänge sollen zu mehr Toleranz und Mitgefühl aufrufen.
Themen gehen nie aus
Seit 43 Jahren ist Schmickler im Kabarett-Geschäft. Beim Blick zurück muss er feststellen, dass sich das Business über die Jahre professionalisiert hat. Er erinnert sich an selbst organisierte Auftritte auf den Bühnen von Bürgerzentren. Heute gehe es mehr um den Kommerz. Die Themen aber gingen nie aus. „Die Welt ändert sich und bietet neue Situationen, zu denen man sich äußern muss“, sagt er. So nimmt er auch das Ampel-Aus wenig überrascht hin. Der tagespolitische Teil seines Programms sei immer im Umbruch. Da gebe es eine „permanente Notwendigkeit zur Aktualisierung“. Und es gehe ja einfach weiter. „Das Chaos ist immer das Gleiche“, sagt Schmickler - ob bei Helmut Kohl oder Olaf Scholz.
Aber es gibt auch Themen, von denen er bewusst die Finger lässt: „Die Dinge, die mich sprachlos machen, wie der Krieg in der Ukraine oder in Nahost, da könnte ich nur aus Betroffenheit drüber sprechen und das gehört sich nicht.“ Stattdessen nutzt er lieber die Mittel des Kabaretts für eine „Verfreundlichung der Welt“. Schimpfen, singen, die Menschen herausfordern, aber auch dafür sorgen, dass sie sich wohlfühlen. Er hofft, dass die Menschen, von dem, was sie an einem Kabarett-Abend erleben, etwas Freundlichkeit und Respekt mit in ihren Alltag nehmen. „Wenn einem das gelingt, dann hat es so etwas wie einen Sinn gehabt“, ist Schmickler überzeugt.
Ein Danke, um auf Nummer sicher zu gehen
In Hitdorf (heute ein Stadtteil von Leverkusen) aufgewachsen begeisterte sich Schmickler früh für die deutsche Sprache und fürs Theater. Es folgte eine sehr kreative Zeit in Leverkusen-Mitte, wo es damals schon eine lebhafte Jazz- und Kunstszene gab. Dann zog es ihn in den 1990er-Jahren in die Kölner Südstadt. Dort lebt er auch heute noch mit seiner Frau, der Fotografin Ilona Klimek, mit der er nächstes Jahr Silberhochzeit feiert.
Dass er nun 70 wird, es bis hierhin geschafft hat, ist für Schmickler ein Grund zu feiern. „Das hätte ich mir als junger Mann nicht vorstellen können, dass ich das schaffe“, sagt er. Mit Blick aufs Nachkriegsdeutschland stellt er fest: „Ich bin in die besten Jahre der Weltgeschichte hineingeboren worden. Es war eine fantastische Zeit und dafür bin ich dankbar. Wem auch immer.“ An den lieben Gott glaube er nicht, aber hin und wieder schicke er ein Danke hoch, um auf Nummer sicher zu gehen. „Falls es ihn doch gibt, weiß er dann zumindest, dass ich nicht undankbar bin.“ Seinen Geburtstag wird er mit ein paar hundert Gästen im Atelier seiner Frau feiern. Über die Zusage von Leverkusens Oberbürgermeister Uwe Richrath hat er sich besonders gefreut. Seine Verbindung in die Bayer-Stadt sei nach wie vor eng.
Nicht den Trends hinterherjagen
Bei all den Umbrüchen und all dem Wandel gibt es doch etwas, das Bestand habe - auch im Kabarett. Man müsse „authentisch und glaubwürdig bleiben“, statt Trends hinterherzujagen, sagt Schmickler. Auch von der schnellen Pointe hält er nichts. Denn, davon ist er überzeugt: „Kabarett ist eine Frage der Haltung.“
Der Deutschlandfunk gratuliert Wilfried Schmickler mit der Sendung „Querköpfe“ am Mittwoch, 27. November, um 21.05 Uhr.