Die Kölner Grünen suchen eine neue Führungsspitze. Einige Promis, die von innerparteilichen Kritikern frech „der Clan“ genannt werden, setzen auf Kirsten Jahn.
Kölner GrüneIm Streit um den Chefposten schaltet sich die Ex-Fraktionschefin ein

Kirsten Jahn bei ihrer letzten Ratssitzung als Fraktionsvorsitzende der Grünen am 14.02.2019
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Bei der Neuaufstellung des Führungsteams für die Kölner Grünen knirscht es hinter den Kulissen gewaltig. Für das kommende Wochenende sind die Mitglieder der Partei zur Versammlung eingeladen. Da beide Vorsitzende nicht wieder antreten, ist die angesetzte Vorstandswahl besonders spannend. Mit Cyrill Ibn Salem und Kirsten Jahn gibt es für zwei Sprecherposten bisher zwei Bewerber.
Doch viele Mitglieder rebellieren gegen die vorgesehene Wahl und verlangen, diese zu verschieben. Kritik wird vor allem an der Kandidatin Kirsten Jahn geübt, die von 2014 bis 2019 Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kölner Stadtrat war.
„Fast ausnahmslos“ Grünen-Funktionsträger
Die Suche nach Kandidaten für den Grünen-Vorstand sei „weder frühzeitig noch transparent in die Breite der Partei kommuniziert“ worden, heißt es in dem umstrittenen Antrag, der von bis zu 60 Mitgliedern unterzeichnet worden sein soll. Dabei handle es sich „fast ausnahmslos“ um aktive wie ehemalige Funktionsträger, schreiben die Initiatoren in einem internen Brief an den Parteivorstand.
Dass es überhaupt ein solches Schreiben gibt, ist Ausdruck einer tiefsitzenden Verärgerung in Teilen der Basis. Niemand von den Unterzeichnern habe sich die Entscheidung, den Antrag zu stellen, leicht gemacht. Ausdrücklich wird erwähnt, dass auch niemand der Beteiligten „mögliche Konsequenzen auf die leichte Schulter“ nehme.
Führungsteam als „der Clan“ bezeichnet
Hinter den Kulissen wird ein Kreis um ehemalige Kölner Grünen-Vorsitzende wie Anne Lütkes und Katharina Dröge inzwischen süffisant als „der Clan“ bezeichnet. Offiziell mag diesen begriff aus dem Mafia-Jargon niemand bestätigen, in längeren Gesprächen über die Situation der Kreispartei fällt er aber immer wieder. Dieser „Clan“ habe Kirsten Jahn als Vorsitzende ausgeguckt, berichten Mitglieder.
Die 48-jährige Politikerin tourt derzeit durch Gremien der Partei, um sich vorzustellen. Öffentlich hatte sie eingeräumt, in der Vergangenheit Fehler gemacht zu haben. In der Affäre um die Besetzung von Posten beim Stadtwerke-Konzern hatte sie sich für ihre Beteiligung entschuldigen müssen.
Dass sie später ohne öffentliche Ausschreibung zur Geschäftsführerin des Vereins „Metropolregion Rheinland“ wurde, rief nicht nur parteiinterne Kritik hervor. Seit einigen Jahren sitzt Jahn, die bei einem Immobilienentwickler tätig ist, als Sachkundige Einwohnerin im Stadtentwicklungsausschuss des Stadtrates. Bisher hatte das nicht für großes Aufsehen gesorgt.
Charmant - aber ungeeignet?
Mit ihrer Kandidatur für das Spitzenamt der Kölner Grünen hat sich das grundlegend geändert. Denn das aktuelle Engagement von Kirsten Jahn im Stadtrat hat die frühere Vorsitzende der Grünen-Ratsfraktion, Barbara Moritz, nach eigenen Angaben dazu bewogen, den Vertagungs-Antrag für die Vorstandswahl mitzutragen. Obwohl Jahn darin gar nicht erwähnt ist, hat Moritz mit ihrer Kandidatur als Parteivorsitzende offenbar Probleme.
„Eine Lobby-Vertreterin im Stadtentwicklungsausschuss hätte es unter meinem Fraktionsvorsitz nicht gegeben“, sagte Moritz auf Anfrage der Rundschau. Kirsten Jahn sei „charmant, aufgeschlossen und sympathisch“. Das aber reiche nicht für ein Spitzenamt in der Partei, so Barbara Moritz. In solchen Positionen müssten Kandidaten an sich strengere moralische Maßstäbe anlegen: „In der ersten Reihe hat sie nichts zu suchen.“
Dass sich Barbara Moritz überhaupt öffentlich äußert, ist inzwischen eine Seltenheit. Im Jahr 2014 war sie nach zwei Jahrzehnten im Stadtrat und 14 Jahren als Fraktionsvorsitzende nicht wieder angetreten. Seitdem hatte sie sich aus der Kölner Tagespolitik meist herausgehalten. Die Verärgerung muss groß sein, wenn sie nun wieder öffentlich ihre Stimme erhebt. Die Sorge um die Zukunft der Partei bewegt offenbar auch einige andere, die den Antrag zur Vertagung der Vorstandswahl mittragen.
Partei-Strukturen auf dem Prüfstand
Insbesondere die „imposanten Mitgliederzuwächse“ würden dazu zwingen, heißt es in einem Begleitbrief zum Antrag an den Parteivorstand der Kölner Grünen, „unsere Strukturen schnell anzupassen“. Man sei eben nicht mehr die Partei, wo jeder jeden kenne. Letztlich wird von den Initiatoren des Vertagungsantrag auch die Hoffnung geäußert, dass dieser gar nicht erst beraten werden muss. Man sei „zuversichtlich, dass sich eine gemeinsame Lösung findet“.
Gemeint ist damit wohl, dass der Parteivorstand von sich aus einlenkt und die Wahl von der Tagesordnung des Parteitags am Wochenende kippt. Auf Anfrage wollte sich aus der Geschäftsstelle der Partei niemand dazu äußern. Zunächst müsse der Vorstand darüber beraten, sagte eine Sprecherin.