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Projekt im Lockdown entstandenKölner Autor veröffentlicht jeden Tag einen Satz

Lesezeit 4 Minuten
Autor Alexander Bach halt einen Zettel mit dem Satz „Das kann doch unmöglich schon das Ende sein“ in die Kamera.

Autor Alexander Bach hat das Tagessätze-Projekt ins Leben gerufen.

Eine Geschichte, bei der jeden Tag nur ein Satz online veröffentlicht wird. Das ist die Idee hinter Alexander Bachs Projekt „Tagessätze“. Im März 2020 hat der Kölner bereits damit begonnen.

„Das kann doch unmöglich schon das Ende sein.“ Ein Gedanke, wie er so oder ähnlich im März 2020 vielen Kunst- und Kulturschaffenden spontan in den Sinn kam. So auch Alexander Bach. Bei ihm markierte der Satz aber gleichzeitig den Beginn eines besonderen Projekts.

Seinen Lebensunterhalt verdient der 51-jährige Wahlkölner als Autor, wobei er selber als Berufsbezeichnung „Erzähler“ bevorzugt. Damit erklärt sich auch, warum man seinem Namen weitaus seltener in der Buchhandlung begegnet als auf der Bühne. Zwar ist Bach mit seinen Kurzgeschichten in mehreren Anthologien vertreten – also Textsammlungen verschiedener Autoren zu jeweils einem bestimmten Thema – und verfasste eine Graphic Novel. Seine wahre Bestimmung findet er aber im direkten Kontakt mit dem Publikum, in literarischen Mixed- und Soloshows.

Am 31. März 2020 ging der erste „Tagessatz“ online

Somit traf ihn der Lockdown mit voller Härte. All die bereits fest gebuchten Termine in seinem Kalender waren plötzlich gegenstandslos, praktisch über Nacht stand er ohne jegliche Einkünfte da. In diesem Moment erinnerte er sich, dass ihm bereits 2013 ein Kollege von einer Plattform namens Patreon erzählt hatte. Dort stellen Autoren exklusive Inhalte zur Verfügung, die für einen monatlichen Festpreis abonniert werden können. „Als ich erstmals davon hörte, konnte ich mir noch nicht richtig vorstellen, wie das funktionieren sollte“, sagt er. Doch im Hinterkopf nistete die Idee sich ein und ließ ihn nicht mehr los.

„Zufällig hatte ich mir tatsächlich vorgenommen, mich 2020 einmal näher damit zu befassen“, erinnert er sich. Wie schnell und unter welchen Umständen das der Fall sein würde, konnte er da aber noch gar nicht ahnen.

Irgendwann habe ich aus Neugier mal ausgerechnet, wann denn mein tausendstes Satzjubiläum ansteht.
Alexander Bach

Am 31. März 2020 ging – siehe oben - der programmatische erste Satz online, dem seitdem jeden Tag ein weiterer folgt und langsam eine Geschichte formt. „Das war mein erster Gedanke“, heißt es an Tag zwei. Weiter geht es mit dem Satz: „Und ich dachte ihn mit einer Mischung aus Enttäuschung und Verwunderung“, gefolgt von „Eben noch, so schien es mir, war der erste Wagen vorübergefahren, schon lag die Straße wie ausgestorben da.“

Mal sind es auf drei Worte verknappte Aussagen, mal kompliziert verschachtelte Sprachgebilde, aber immer: Ein Tag, ein Satz. Auch an Feiertagen. So kam es, dass Bach ausgerechnet an Weihnachten ein besonderes Jubiläum feierte: Am 25. Dezember ging der 1.000. Tagessatz online, am 26. Der 1001. Reiner Zufall, versichert der Autor, und keinesfalls geplant. „Irgendwann habe ich aus Neugier mal ausgerechnet, wann denn mein tausendstes Satzjubiläum ansteht. Das Ergebnis hat mich selbst am meisten überrascht.“

Da er immer nur von Tag zu Tag plant, kann er noch nicht sagen, wie lange das Projekt noch andauern wird. Auch was die Zeit danach betrifft, ist er noch ergebnisoffen. Eventuell könnte er sich vorstellen, den Ich-Erzähler eine weitere Geschichte erleben zu lassen. Oder das fertige Werk als Buch herauszubringen. Auch eine Leseshow mit den Texten wäre denkbar. Die Chancen, dass die wie auch immer geartete Idee zu einem Erfolg wird, stehen gut, glaubt man den Leserreaktionen, in denen Bachs Stil unter anderem mit Ray Bradbury verglichen wird.

Doch noch ist das aktuelle Projekt nicht beendet. Wer den Text lesen möchte, kann jederzeit einsteigen. Für einen monatlichen Beitrag von fünf Euro gibt es neben dem jeweiligen Tagessatz Zugriff auf die komplette bisherige Geschichte. Wer etwas mehr investieren möchte, kann zwischen drei weiteren Preislevels wählen, die jeweils zusätzliche Inhalte und Bonusmaterial bieten. Daniela Abels


Alexander Bach, geboren 1971 in Düsseldorf, lebt in Köln. Er verfasste Beiträge für diverse Anthologien und schuf gemeinsam mit der Illustratorin Missy Kulik die Graphic Novel „Traumfrau“. Außerdem moderiert er regelmäßig den Poetry Slam „The Word is not enough“ im Blue Shell (nächste Termine 15. Januar, 22. Februar und 19. März) und tritt mit literarischen Soloprogramm auf. Nächster Termin in Köln: „Start spreadin' the Night“, 2. April, Atelier Theater.

Infos und Anmeldung zum „Tagessätze“-Projekt gibt es auf der Patreon-Webseite. Eine Vorschau gibt es zudem auf Youtube. Unter seinem Profil hat Alexander Bach die ersten 31 Tagessätze in einer Playlist veröffentlicht. (dab)