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Mit Kameras am DachWie KI Badeunfälle in Kölner Bädern verhindern soll

Lesezeit 3 Minuten
Ein Bademeister trägt eine Smartwatch am Handgelenk, die ein Warnsignal zeigt.

Eone Smartwatch informiert den Bademeister über eine mögliche Gefahrensituation.

Die Künstliche Intelligenz soll die Mitarbeiter im Schwimmbad bei ihrer Arbeit unterstützen, ohne sie dabei zu ersetzen.

Drei Minuten – so viel Zeit hat ein Rettungsschwimmer bei einem Badeunfall, den Ertrinkenden zu retten. Ab der vierten Minute wird der Sauerstoffmangel zu groß, das Opfer erleidet den Hirntod. „Wir alle sind durch Hollywood geblendet, wo Menschen laut schreiend untergehen, wie in dem Film Titanic“, sagt Marc Riemann, Leiter der Kölnbäder GmbH. „Das ist aber definitiv nicht der Fall. Wenn jemand untergeht, geschieht das stillschweigend. Dann ist der weg.“ Nun soll das neu installierte System „Lynxight“ mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) die Bademeister bei der Erkennung von Notfällen unterstützen. Erstmals installiert wurde es im Müngersdorfer Stadionbad. Dort wird es über einen Monat lang getestet. „Unser Ziel ist es, in drei Minuten jedem Mitarbeiter zu ermöglichen, die Gefahr zu erkennen und die Rettungskette einzuleiten.“, so Riemann.

KI wertet Bilder der Kameras aus

„Lynxight“ arbeitet mit herkömmlichen Überwachungskameras. Die Acht Kameras, die an der Hallendecke des Stadionbads in Müngersdorf installiert wurden, behalten kontinuierlich die Wasseroberfläche im Blick. Dabei teilen sie die 312 Quadratmeter große Fläche in ein Raster ein. Jeder einzelne Schwimmer im Becken wird von den Kameras erfasst. Die KI wertet die Bilder aus. An einem gut besuchten Tag sind es bis zu 60 Schwimmer, die im Sportbecken gleichzeitig ihre Bahnen ziehen. Sobald Auffälligkeiten im Bewegungsverhalten von einem der Schwimmer auftreten, schlägt das System Alarm. Dann leuchtet das Display einer Smartwatch am Handgelenk des Bademeisters auf, ein Vibrationsalarm schlägt an. Auf dem Display der Uhr wird sofort eine Analyse der Gefahrenlage gezeigt: In den drei Symbolfarben Blau, Rot und Gelb werden nun verschiedene Hinweise gegeben. Zum einen wird über potenzielle Gefahrenquellen informiert, dass kann beispielsweise zu starker Sonneneinfall sein, der im Ernstfall die Retter blenden könnte. Aber auch auf Anfälligkeiten bei Schwimmeren wird hingewiesen.

Marc Riemann ist optimistisch, dass sich die neue Technik bewährt machen wird.

Marc Riemann ist optimistisch, dass sich die neue Technik bewährt machen wird.

Wie genau das System die Gefahrenlage im Einzelfall erkennt, lässt sich noch nicht genau sagen: „Deswegen testen wir das ja gerade“, erklärt Riemann. Nach der dreißig tägigen Testphase werden die Erkenntnisse ausgewertet. Die KI lernt nicht nur durch das alleinige Sammeln von Daten. Sie bekommt auch Feedback, zum Beispiel, wenn die Bademeister eine unberechtigte Warnung am Display der Uhr stornieren. Das Ziel sei es, das System so auszurichten, dass es sensibel genug ist, um Gefahren zu erkennen, aber unnötige Warnungen vermieden werden: „Wir wollen nicht, dass es zu erhöhter Herzfrequenz bei den Mitarbeitern führt“, sagt Riemann.

KI bei den Kölnbädern: Technik kam vor drei Jahren auf den Markt

Bereits vor drei Jahren kam die Technik auf den Markt. In einzelnen Städten wurde sie bereits in den Badebetrieb integriert, allerdings anfänglich mit vielen Komplikationen. „Ich bin froh, nicht der Erste gewesen zu sein, der es in Betrieb genommen hat“, erzählt Riemann, der seit 15 Jahren für den operativen Badebetrieb verantwortlich ist. „Aber mittlerweile ist das System gut etabliert, auch mit den Daten der anderen Bäder.“

Die Kameras an der Hallendecke des Schwimmbads scannen permanent die Wasseroberfläche.

Die Kameras an der Hallendecke des Schwimmbads scannen permanent die Wasseroberfläche.

Hauptgrund für die Anschaffung des rund 50.000 Euro teuren System ist natürlich eine höhere Sicherheit für die Badegäste, „aber natürlich auch die positiven Folgen, die das Ganze für die Mitarbeitenden der Kölnbäder mit sich bringt“, erklärt Markus Sterzl, Leiter der Kölnbäder GmbH. Die digitale Unterstützung soll den Stress und die psychische Belastung der Angestellten senken, ihnen die Sorge mindern, einen Ertrinkenden zu übersehen. Diejenigen, die nun befürchten könnten, auf kurz oder lang durch die KI ihren Job zu verlieren, will Sterzl beruhigen: „Die Technik soll kein Personal ersetzen, sondern sie soll ausschließlich unsere Mitarbeitenden unterstützen.“