Noch immer wird bei sehr vielen Lieferdiensten viel Einwegplastik mitgeliefert. Dass es auch anders geht, hat eine Kölner Firma in den letzten Jahren mit Erfolg bewiesen
Kölner StartupWie sich „Vytal“ zu einem echten Erfolgsmodell entwickelt hat
So manches gibt es zum Ausleihen und Zurückbringen: Autos, Bücher, Kleidung und vieles mehr. Bei Plastikgeschirr hat es eine Weile gedauert, bis man verstanden hat, dass es auch auf mehreren Wegen nutzbar ist. Noch immer wird bei sehr vielen Lieferdiensten viel Einwegplastik mitgeliefert – Sushi, Döner oder Gyros sind in Plastiktüten und Einwegschachteln gleich mehrfach verpackt, nach dem Schlemmen türmt sich oft der Müll.
Restaurants, Cafés, Lieferdienste, aber auch Cateringbetriebe und der Einzelhandel, die Take-Away-Lebensmittel verkaufen, sind zwar seit Anfang 2023 verpflichtet, ihre Produkte auch in Mehrwegverpackungen anzubieten. Dennoch bleibt es oft in erster Linie beim Wegwerfgeschirr.
Dass es auch anders geht, hat eine Kölner Firma in den letzten Jahren mit Erfolg bewiesen: Mehrweggeschirr statt Wegwerf-Plastik bietet Vytal aus Ehrenfeld schon seit 2019 an. Das Start-Up-Unternehmen aus Köln konnte sich 2023 unter anderem über den dritten Platz bei der Verleihung des Landespreises „Out of the box.nrw“ sowie über ein Preisgeld von 10 000 Euro freuen, mit welchem die besten digitalen Start-ups aus Nordrhein-Westfalen für ihre zukunftsweisenden Geschäftsmodelle ausgezeichnet werden.
Bei Vytal funktioniert das Ausleihen ähnlich wie bei Büchern in einer Bibliothek. Jeder Behälter hat einen individuellen QR-Code und einen Namen. Gastronomen scannen den Code und weisen die Behälter demjenigen zu, an den das Essen geht. Dann tauchen diese Behälter in der Vytal-App der Nutzerinnen und Nutzern auf. Wer sie dann bis spätestens 14 Tage nach dem Ausleihen zurückgibt, hat die Mehrweg-Verpackung komplett kostenlos genutzt. Danach werden zehn Euro pro Bowl und vier Euro pro Becher fällig und das „Geschirr“ wechselt in den Besitz des Nutzers – was seitens der Firma allerdings nicht gewollt ist, schließlich geht es um einen Müllvermeidungs-Kreislauf.
Das System finanziert sich über eine Gebühr der Restaurants, die Gastronomiebetriebe zahlen laut Unternehmen aber letztlich „weniger als für ihre Einwegverpackungen“, wenn sie die Vytal-Verpackungen ausgeben. „Mit einer Rückgabequote von 99 Prozent und einer Rückgabezeit von weniger als vier Tagen ist Vytal effizienter als das deutsche Flaschenpfandsystem“, vermerkt man dort stolz.
„Derzeit zählen wir mehr als 500.000 registrierte Nutzer und Nutzerinnen in der Vytal-App, die durch die Mehrweglösung Essen und Trinken im Wert von über zehn Millionen Euro aus hochwertigen Mehrwegbehältern statt aus Einweg konsumieren“, erklärt Tim Breker. Der gebürtige Kölner und Co-Gründer von Vytal ist stolz auf das, was man in den letzten Jahren auf die Beine gestellt hat: „Im Sommer 2019 habe ich gemeinsam mit Sven Witthöft Vytal in Köln gegründet, als kleines Start-Up mit dem Ziel, die Welt etwas zu verändern.“
Bald darauf kamen Fabian Barthel und Josephine Kreische hinzu; die beiden bilden heute mit Tim Breker die Geschäftsführung des Unternehmens auf der Vitalisstraße. Ihre Behälter aus Polypropylen, Edelstahl oder Tritan sind laut Breker „hochwertige, auslaufsichere und auch für die Mikrowelle geeignete Schalen für jedes Mitnahme- und Lieferessen.“
Die schwarzen, grauen und weißen Schalen sind tatsächlich ein Hingucker, wenn auch mit zehn Euro Pfand nicht ganz billig. Vytal gibt es mittlerweile in mehr als 6500 Restaurants, Gastronomien und Unternehmen. Darunter sind zum Beispiel Ketten wie Vapiano, BurgerMe und Hans im Glück sowie Länder wie Frankreich, Österreich, die Niederlande oder Großbritannien.
Auch bei bekannten Lieferdienst-Größen lässt sich Essen in den Mehrweg-Verpackungen von Vytal bestellen. Auch hier leihen die Kunden die Behälter bei rechtzeitiger Rückgabe kostenlos aus. Laut Vytal sollen bis zu 200 Verwendungen je Schale möglich sein; bereits ab zehn Einsätzen sei die Mehrweg-Variante umweltfreundlicher als eine Einweg-Verpackung.
Im Oktober 2023 hatte Breker sich mit Apple-CEO Tim Cook getroffen und sich mit ihm austauschen können – ein Moment, der den ausgesprochen selbstbewussten Kölner Gründer besonders stolz macht. Der Apple-Chef habe sich sogar interessiert gezeigt, das Mehrwegsystem aus Köln im Firmensitz in Cupertino (Kalifornien) einzusetzen.
Sprung über den großen Teich
Der Sprung über den großen Teich ist der nächste große Plan, den Breker hat. Er weiß jedoch auch: „Start-up ist kein Zuckerschlecken. Man braucht ein Team, das ebenso angetrieben von der Vision ist, eine Welt ohne Abfall zu schaffen, wie man selbst. Wir möchten etwas in der Welt verändern, und mit unserem kölschen Unternehmen haben wir es tatsächlich in die Welt hinaus geschafft.“
Das Unternehmen Vytal
2019 wurde „Vytal“ von Sven Witthöft und Tim Breker gegründet. Gemeinsam mit Fabian Barthel und Josephine Kreische bilden sie die Geschäftsführung des Unternehmens auf der Vitalisstraße. Das Unternehmen suchte von Beginn an die Öffentlichkeit, etwa beim Auftritt in der „Höhle der Löwen“. Dort gab es einen Deal mit Georg Kofler. Oder mit einer Crowdinvesting Kampagne, über die Vytal in wenigen Wochen mehr als 2,9 Millionen Euro von insgesamt über 1700 Investoren einsammeln konnte. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) schätzt, dass jährlich rund 350.000 Tonnen Müll durch Einweggeschirr und To-Go-Verpackungen entsteht. Einweggeschirr ist in der Regel aus Pappe (Pappteller und -becher), Kunststoff (Plastikbecher, -tassen, -besteck), aufgeschäumtem Kunststoff (Thermobecher) oder Aluminium (Assiette) gefertigt. (two)