Was wird aus den Außenterrassen, die Kölner Wirte während der Pandemie errichtet haben? Die Stadt verlangt den Abbau der Wetterschutzelemente, in der Politik wird ein Moratorium gefordert.
Außengastronomie in KölnWetterschutz darf vorerst stehen bleiben
Am Montag hatte die Stadt per Pressemitteilung angekündigt: Gastwirte müssen die während der Corona-Pandemie auf ihren Außengastronomieflächen errichteten Wetterschutzvorrichtungen, bis 31. März 2023 entfernen (wir berichteten). Dazu zählen Plexiglas-Veranden, Holzzäune oder Palettenwände. Doch nun gibt es Forderungen aus der Politik, vorerst auf Kontrollen und Bußgelder zu verzichten.
Gut 6000 Euro und mehrere Wochen Arbeit hat Gastwirt Tobias Mintert in die Außenbereiche der „Barracuda Bar“ und „Forelle Blau“ gesteckt: „Wir haben nicht irgendein Plastik-Ding dahin gestellt, sondern viel selber gemacht, weil wir auch wollten, dass es ein schöner Ort wird.“ Für die Umzäunung vor seinen Bars im Belgischen Viertel hat er Holz gekauft, Plexiglas verbaut und Blumen gepflanzt. „Man konnte aber nicht aufbauen, was man will, sondern musste Pläne einreichen und eine Genehmigung einholen“, erinnert sich Mintert an die Zeit vor zwei Jahren.
Vorgaben gab es einige: Gut fürs Straßenbild, behindertengerecht und leicht wieder abzubauen sollte der Wetterschutz sein. Die Vorrichtungen seien heute ein wichtiger Teil der Außengastronomie: „Das Ausgehverhalten der Menschen hat sich verändert. Seit der Pandemie sitzen die Gäste auch in den kälteren Jahreszeiten viel lieber draußen“, erklärt Mintert. „Von dem Wetterschutz hat die gebeutelte Gastronomie sehr profitiert.“
Der Schock kam für ihn am Dienstag ohne Vorwarnung: „Plötzlich rufen mich Kollegen aufgeregt an und erzählen mir von einer Pressemitteilung“, erzählt er. „Wir wurden also nicht mal persönlich angesprochen. Das ist nicht partnerschaftlich, sondern soll nur zeigen, wer hier Ross und Reiter ist.“ Bis 31. März müssen alle Wetterschutzelemente weg. Wer sich weigert, muss nach einmaliger Verwarnung mit Bußgeldern rechnen. „Das in drei Tagen zu organisieren, kostet viele Nerven und Geld“, sagt Mintert. In Zeiten von steigenden Energiepreisen und Inflation müsse man sich nun mit einem weiteren Problem rumschlagen. „Ein bisschen fühlt sich das an wie Schikane.“
Die Wetterschutzelemente durften seit November 2020 aufgestellt werden, damit die Gastronomen während der Pandemie auch im Winter ihre Gäste im Freien bewirten konnten. So sollte laut Stadt das Risiko von Ansteckungen gesenkt und die Gastronomie in schwieriger Zeit unterstützt werden. Nach Protesten von Wirten kommen nun Forderungen aus der Politik, den Abbau vorerst auszusetzen. Im Gespräch ist ein Moratorium bis zur nächsten Ratssitzung am 16. Mai oder länger. Bis dahin soll das Ordnungsamt keine Bußgelder erheben.
„Die Fraktion“ forderte als Erste ein Moratorium
Die Fraktion „Die Fraktion“ hatte am Mittwochmorgen als Erste ein Moratorium „bis zum Ende der Eisheiligen“ (15. Mai) gefordert. Die Stadtverwaltung sei 2019 beauftragt worden, einen Konsultationskreis ins Leben zu rufen, der „Regeln für eine gute Gestaltung des öffentlichen Raums formulieren sollte“, so Fraktionschefin Karina Syndicus. Dieser Kreis habe erst Ende 2022 erstmals getagt und bisher keine Vorschläge vorgelegt.
Die Stadt teilte auf Anfrage mit, jedem Gastronom sei bekannt gewesen, „dass die Elemente nur befristet bis zum 31. März 2023 genutzt werden durften“. Der Ordnungsdienst werde „zeitnah, jedoch nicht bereits am kommenden Wochenende, kontrollieren, ob die Wetterschutzelemente entfernt wurden, und gegebenenfalls zum Nachbessern auffordern“.
Grüne in Rat und BV uneins
Die Ratsfraktion der Grünen erklärte auf Anfrage, bei der Genehmigung der Schutzelemente sei die Befristung bis 31. März 2023 klar ersichtlich gewesen. Ein Moratorium forderten die Ratsgrünen nicht, jedoch erklärte ihre wirtschaftspolitische Sprecherin Derya Karadag: „Das Ordnungsamt sollte hier mit Augenmaß handeln. Außerdem sollte der Konsultationskreis fortgesetzt werden, damit diese und ähnliche Fragen für die Zukunft geklärt werden.“
Dagegen sprachen sich die Grünen in der Bezirksvertretung Innenstadt (BV) klar für ein Moratorium aus. In der nächsten BV-Sitzung werde man gemeinsam mit SPD, FDP und Die Partei einen Antrag beschließen, „dass die bisher genehmigte Außengastronomie in ihrer Gestaltung unverändert bestehen darf, bis der (...) Konsultationskreis ein verbindliches Gestaltungshandbuch erarbeitet hat. Dies wird für Oktober 2023 erwartet, die Genehmigungen laufen ungeachtet dessen wie beschlossen bis zum 31. Dezember 2023.“ Bezirksbürgermeister Andreas Hupke (Grüne) betonte: „Auch wenn die Pandemie vorbei ist, sind die Folgen davon noch nicht geheilt. Daher muss das Gastgewerbe seine alten Bedingungen behalten, bis ein neuer politischer Beschluss da ist!“
Volt: Nicht jede Palettenwand ist Witterungsschutz
Ratsmitglied Manuel Jeschka (Volt) sagte der Rundschau: „Wir stehen in Kontakt mit der Verwaltung, um die Kontrollen bis Mitte Mai auszusetzen. Bis dahin arbeiten wir an einer gemeinsamen Lösung. Doch nicht jede Palettenwand in der Außengastronomie ist Witterungsschutz.“ Wo die Aufenthaltsqualität der Gäste erhöht werde, sehe Volt keine Notwendigkeit für einen Abbau.
Auf die Frage, ob die Stadt den Betroffenen eine Übergangslösung anbieten könne, erklärte eine Stadtsprecherin, die Gastronomen könnten „eine reguläre Sondernutzung beantragen“. Zur Höhe möglicher Bußgelder machte sie keine Angaben. Das komme auf den Einzelfall an.
Was meinen Sie zur Debatte um die Außengastronomie? Sollen die Wirte ihre Schutzelemente abbauen müssen? Oder sollen die Außenterrassen bleiben können, wie sie sind? Schreiben Sie an koeln@kr-redaktion.de