Der Haushaltsentwurf der Stadt Köln für 2025/26 sieht Einschnitte in den Mitteln für soziale Vereine vor. Das zog laut Veranstalter rund 12.000 Menschen auf die Straße.
Großdemo in KölnTausende protestieren gegen Sozialkürzungen der Stadt

Im Demozug vertreten waren betroffene Vereine und Träger sowie solche, die sich solidarisch zeigen wollten.
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„In über 20 Jahren meiner Arbeit habe ich so etwas nicht erlebt.“ Mit einer Warnweste über ihrer Jacke steht Christina Böhm auf dem Ottoplatz und schüttelt den Kopf. Dass die Stadt auf so massive Art den Rotstift bei den kommunalen Mitteln für soziale Projekte ansetzen wolle, sei für sie unfassbar. Im Rahmen der Großdemo „Köln bleib(t) sozial!“ zog die Geschäftsführerin des Vereins „Arbeitskreis für das ausländische Kind“ von Deutz bis zum Aachener Weiher.
Rund 12.000 Menschen kamen laut Veranstalter zusammen, um ihrem Unmut über den Haushaltsentwurf der Stadtverwaltung für die kommenden zwei Jahre Luft zu machen. Aufgerufen hatte dazu die Liga der Wohlfahrtsverbände in Köln. Die Polizei sprach von „mehreren Tausend“ Teilnehmenden.
Köln: Haushaltskrise führt zu Sparmaßnahmen
Nach der Einbringung des Entwurfs in den Rat Mitte November hatten Dutzende soziale Träger und Vereine erfahren, dass ihnen starke Kürzungen bevor stehen könnten. Teils wurden sie seit Jahrzehnten zu großen Teilen von der Stadt finanziert. Mit ihrer Demo wollen sie nun Einfluss auf die laufenden Beratungen im Rat zu dem Entwurf nehmen.
Grund für die Kürzungen ist die massive Haushaltskrise der Stadt. Ein Defizit von rund 485 Millionen Euro droht ihr laut dem Entwurf im Jahre 2026. Um nicht in die Haushaltssicherung zu geraten und handlungsfähig zu bleiben, muss gespart werden.
Es treffe die ohnehin schwächsten der Gesellschaft, wenn der Entwurf nicht geändert wird, findet Böhm. Sie verantwortet neben Kitas und Jugendzentren auch sieben Hausaufgabenbetreuungen. Dort greifen Ehrenamtler Kindern aller Nationen, die zu Hause keine Unterstützung bekommen, unter die Arme. Die Mittel für die Ehrenamtspauschale, mit denen die Helfenden honoriert werden, sollen für alle Hausaufgabenbetreuungen der Stadt insgesamt um die Hälfte eingekürzt werden, erklärt Böhm. Dabei sei das Angebot ein wichtiger Beitrag zur Chancengleichheit.
Wir waren erstmal wie in einer Schockstarre. Jetzt versuchen wir möglichst noch Gelder aufzutreiben.
Ein paar Meter neben ihr steht die Ukrainerin Iryna mit ihrem Demoschild. Sie sei vor zwei Jahren mit ihrer Tochter nach Köln gekommen und kämpft nun um ein Projekt, dass ihr sehr dabei geholfen habe, Anschluss zu finden. Sie will arbeiten und sei vom Jobcenter an den Verein „Frauen gegen Erwerbslosigkeit“ vermittelt worden. Dem droht nun das Aus: Seine kommunalen Mittel sollen komplett gestrichen werden.
„Ich brauche dringend die Hilfe von dem Verein“, sagt Iryna. Die Beraterin, die ihr der Verein zur Seite stellt, helfe ihr bei allen möglichen bürokratischen Hürden und habe immer ein offenes Ohr. „Ich habe schon einen Praktikumsplatz bekommen und jetzt suchen wir einen Job für mich.“
Über 1.500 Frauen habe der Verein allein 2023 beraten, erklärt eine Mitarbeiterin. Über die bevorstehenden Kürzungen habe das Team niemand informiert. Mühsam habe man sich Gewissheit verschaffen müssen. „Wir waren erstmal wie in einer Schockstarre. Jetzt versuchen wir möglichst noch Gelder aufzutreiben.“