Laut aktuellen Statistiken ist jeder vierte Haushalt in Köln armutsgefährdet. Die Verteilung der Einkommen zeigt deutliche Ungleichheiten zwischen den Stadtteilen und Haushaltstypen.
Überblick über Kölns VeedelWo in Kölner Haushalten Reichtum und wo eher Armut herrscht
Armutsgefährdet heißt nicht, dass die betreffenden Menschen tatsächlich in Armut leben – aber weit davon entfernt leben viele Menschen in Köln auch nicht. Und die Gefahr ist groß, weiter abzurutschen.
Was bedeutet armutsgefährdet?
Als armutsgefährdet gilt man laut EU-Definition, wenn das Haushaltseinkommen bei oder unterhalb von 60 Prozent des so genannten Äquivalenzeinkommens (Einkommensmedian) der Bevölkerung liegt. Dieser Einkommensmedian bezeichnet nicht das Durchschnittseinkommen, sondern einen Wert, der sich aus dem Gesamteinkommen des Haushaltes sowie der Anzahl und dem Alter der davon lebenden Menschen ergibt. Für Köln wurde der Median auf 2119 Euro netto berechnet, bundesweit liegt er bei rund 1900 Euro. Laut der jüngsten Strukturdatenerhebung der Stadt fallen 24 Prozent der Kölner Gesamtbevölkerung unter die 60-Prozent-Grenze und wären somit armutsgefährdet.
Wie sind die Einkommen in Köln verteilt?
Für Köln lassen sich schnell strukturelle Ungleichheiten ausmachen. Und sie überraschen auch nicht. Das Durchschnittseinkommen aller Kölner Haushalte liegt bei 3208 Euro netto. In Chorweiler und Finkenberg, aber auch in Seeberg, Lindweiler, Godorf und Ostheim ist laut der jüngsten Strukturdatenanalyse der Stadt jeweils über die Hälfte der Haushalte von Armut bedroht – hier liegen die Netto-Einkommen teilweise deutlich unter 2000 Euro. Auch in den Stadtteilen Humboldt-Gremberg, Buchforst, Ostheim, Kalk, Vingst, Höhenberg, Buchheim, Seeberg, Neubrück und Lindweiler sind die Haushaltsnettoeinkommen mit maximal 2500 Euro unterdurchschnittlich.
Gibt es Unterschiede zwischen links- und rechtsrheinisch?
Eindeutig ja. Grob gesagt: Im linksrheinischen Westen und Süden Kölns liegen die meisten wohlhabenden Haushalte, allein in elf Stadtteilen der Bezirke Lindenthal und Rodenkirchen liegen die Einkommen im Schnitt über 4000 Euro netto. Dazu kommen noch Merkenich und Fühlingen. Die höchsten Einkommen erzielen mit jeweils über 4500 Euro die Haushalte in Hahnwald, Widdersdorf, Bayen-thal, Fühlingen, Weiß und Junkersdorf. Das gesamte rechtsrheinische Köln ist in dieser Auflistung nur mit zwei Stadtteilen vertreten: Rath-Heumar und Elsdorf.
Was für eine Rolle spielen die Kinder?
Paare ohne Kinder haben in Köln ein durchschnittliches Einkommen von 4908 Euro netto zur Verfügung. Lediglich acht Prozent kinderloser Paare in den Kölner Stadtteilen sind armutsgefährdet. Sind minderjährige Kinder im Haushalt, steht den Paaren mit einem Einkommen von 5379 Euro zwar vordergründig etwas mehr Geld zur Verfügung. Ihre Armutsgefährdung ist jedoch mit 13 Prozent spürbar höher als die der Paare ohne Kinder. Je mehr Kinder im Haushalt leben, desto höher ist laut Datenerhebung auch das Armutsrisiko: Ein Drittel aller kinderreichen Familien sind laut der städtischen Analyse armutsgefährdet.
Wo stehen die Senioren?
Mit einem durchschnittlichen Einkommen von 1975 Euro verfügen alleinlebende Seniorinnen und Senioren zwischen 65 und 80 Jahren in Köln über ein geringeres Haushaltseinkommen als Paarhaushalte diesen Alters (3465 Euro). Damit gelten rund 30 Prozent der alleinlebenden Seniorinnen und Senioren armutsgefährdet im Vergleich zu 17 Prozent der Paarhaushalte dieses Alters. Anders als in den meisten Statistiken spielt das Geschlecht hier allerdings keine Rolle: Der Unterschied zwischen alleinlebenden Senioren (armutsgefährdet 31 Prozent) und Seniorinnen (30 Prozent) ist marginal.
Sind Alleinerziehende stärker gefährdet?
Statistisch gesehen eindeutig. Vier von zehn Alleinerziehenden-Haushalten sind armutsgefährdet. Dazu kommt: Alleinerziehende Frauen sind deutlich stärker gefährdet als alleinerziehende Männer. Im Schnitt haben die Mütter nur etwa 60 Prozent dessen zur Verfügung, was alleinerziehende Väter nach Hause bringen. Daher sind alleinerziehende Mütter mit einer Quote von 42 Prozent deutlich häufiger armutsgefährdet als alleinerziehende Väter.
Was ist mit alleinlebenden Menschen?
Alleinlebende Menschen müssen die anfallenden Kosten ihres Haushaltes wie Miete, Strom und Lebensmittel fast immer allein tragen. Sie haben – anders als Mehrpersonenhaushalte – kein Einsparpotenzial durch gemeinschaftliches Wirtschaften mit anderen Haushaltsmitgliedern. Alleinlebende Personen bis 64 Jahre sind dementsprechend mit einem Anteil von 26 Prozent leicht überdurchschnittlich armutsgefährdet. Den größte Anteil dieser Gruppe stellen junge Erwachsene. Alleinlebende Studierende haben mit einem durchschnittlichen Haushaltseinkommen von 864 Euro netto besonders geringe finanzielle Mittel zur Verfügung.
Wie viele reiche Menschen gibt es in Köln?
Grob gesagt gilt fast jeder zehnte Kölner als „einkommensreich“. Einkommensreichtum ist laut Stadt definiert als Einkommen, das das Zweifache des Medians übersteigt. Es läge damit hier bei knapp 4300 Euro netto. Allerdings wird dies teilweise in anderen Regionen des Landes höher definiert. Laut Stadt können neun Prozent aller Kölner Haushalte aufgrund ihres Haushaltseinkommens und ihrer Struktur als „einkommensreich“ bezeichnet werden. Andere Vermögenswerte werden dabei nicht berücksichtigt.
Wie stark ist die Mittelschicht?
Rund zwei Drittel aller Haushalte in Köln (67 Prozent) zählen statistisch gesehen zur Mittelschicht. Sie beginnt bei 2200 Euro netto und reicht bis circa 4400 Euro netto. Dabei gilt in etwa: 13 Prozent untere Mittelschicht (60 bis 80 Prozent des Einkommensmedians), die mittlere und obere Mittelschicht (80 bis 120 Prozent sowie 120 bis 200 Prozent Einkommensmedian) liegen mit 26 und 28 Prozent fast gleichauf. Wobei es auch Kritik an diesem Rechenmodell gibt – immerhin ist der Begriff „Mittelschicht“ recht weit nach oben und unten gefasst.
Wo liegen die Haushalte mit mittleren Einkommen?
Einfach gesagt: Überall dort, wo bislang keine Erwähnung stattfand. Ehrenfeld, Nippes, ein Teil des Bezirks Porz, Teile von Mülheim und auch die Innenstadt. Was die Statistik allerdings nicht abbildet: Die Mietsteigerungen insbesondere in angesagten Vierteln. Hier gehen inzwischen bis zu 40 Prozent oder mehr des Netto-Verdienstes für Miete oder Eigentum drauf. Was das Verhältnis Einnahmen/Ausgaben dann wieder neu definiert. Auch hier ganz grob gesagt: Je geringer das Einkommen, desto höher die prozentuale Mietbelastung.