Unterm Strich steigen die Gesamtkosten um rund 100 Millionen Euro auf 1,257 Milliarden Euro. Und das ist noch nicht das letzte Wort.
Neue KostenberechnungSo teuer wird die Bühnensanierung in Köln
Nach der Hiobsbotschaft kommt die dicke Rechnung. Wie berichtet, hat die Stadt Köln bekannt gegeben, dass die Bühnen zum Beginn der Spielzeit 2024/25 nicht in den sanierten Häusern am Offenbachplatz starten können. Die Eröffnung wird frühestens im Dezember 2024 gefeiert, wohl eher 2025. Die Bauarbeiten kommen derzeit nur langsam voran, und am Bau gilt mehr denn je das Gesetz: Was länger dauert, kostet mehr.
Jetzt hat die Stadtverwaltung den Steuerzahlern die Quittung präsentiert. Unterm Strich steigen die Gesamtkosten um rund 100 Millionen Euro auf 1,257 Milliarden Euro. Und das ist noch nicht das letzte Wort. Denn diese Rechnung wurde mit dem Datenstand von 30. November 2023 kalkuliert und ist bereits überholt. Aber der Reihe nach.
Was ist der Grund für die neue Kostenkalkulation?
Ganz einfach: Den Bühnen geht das Geld aus – mal wieder. Die bisher vom Stadtrat bewilligten Gelder für die Sanierung von Oper und Schauspielhaus sowie den Bau von Kleinem Haus und Kinderoper reichen nicht mehr aus. Deshalb soll der Rat das Budget am 21. März um 37,2 Millionen Euro auf 709,4 Millionen Euro aufstocken. Zur Erinnerung: Ursprünglich sollte das Projekt 253 Millionen Euro kosten. Nachdem die erste Sanierung 2015 spektakulär gescheitert war, gab der Rat im März 2016 ein Budget von 347,8 Millionen Euro frei. Mehrmals musste der Etat erhöht werden: im November 2016 auf 404 Millionen, im September 2019 auf 554,1 Millionen, zwei Jahre später auf 642,7 Millionen und im Mai 2023 auf 672,2 Millionen Euro.
Wie ging es danach weiter?
Bereits im Juli 2023 überschritten die prognostizierten Gesamtkosten in Höhe von 674,7 Millionen Euro das genehmigte Budget. Diese Entwicklung habe sich in der Folgezeitweiter fortgesetzt, erklären die Bühnen in der Beschlussvorlage für den Rat. Sie räumen ein: Offensichtlich seien die kostentreibenden Effekte und Mehrkosten aufgrund von Neuvergaben wegen Insolvenzen „nicht hinreichend berücksichtigt worden“. Hinzu kam, dass die Arbeiten auf der Baustelle viel langsamer vonstatten gingen als geplant.
Woran lag das und was wurde dagegen unternommen?
„Die Koordination zwischen den drei Objektüberwachern für Hochbau, Haus- und Bühnentechnik und den bis zu 40 Firmen auf der Baustelle gestaltete sich erheblich aufwendiger als geplant“, betonen die Bühnen. Deshalb holten sie im Oktober spezialisierte Ingenieure aus München, um die Koordination zu verbessern und so die Arbeiten zu beschleunigen. Der geplante Termin für die Schlüsselübergabe wurde vom 22. März 2024 auf den 28. Juni verschoben.
Wie setzen sich die Kosten jetzt zusammen?
In der neuen Kalkulation für den Stadtrat geben die Bühnen die Planungs- und Baukosten mit 702,1 Millionen Euro an. Einschließlich der Zinsen, die während der Bauzeit angefallen sind, und anderer Ausgaben, betragen die Herstellungskosten demnach 755,7 Millionen Euro. Dies entspricht dem Stand Ende November 2023. Aktuell beziffern die Bühnen die Planungs- und Baukosten bereits mit rund 703 Millionen.
Hinzu kommen die Ausgaben für die Kredite, mit denen die Bühnensanierung über eine Laufzeit von 40 Jahren bezahlt wird. Sie werden nach der neuen Kalkulation 370,9 Millionen Euro betragen. Im Oktober 2023 hatte der Technische Betriebsleiter der Bühnen, Bernd Streitberger, die Finanzierungskosten über 40 Jahre noch mit 317 Millionen Euro angegeben.
Außerdem schlagen die Kosten für die Interimsspielstätten mit 130,8 Millionen Euro zu Buche. Seit 2015 spielen Oper und Schauspiel im Staatenhaus in Deutz und im Depot in Mülheim. Das Interim ist bis Ende 2024 finanziert – dauert es länger, steigen auch hier die Kosten.
Unterm Strich wird die Bühnensanierung nach jetzigem Stand die Steuerzahler also 1,2574 Milliarden Euro kosten.
Woher rühren die höheren Baukosten?
Laut den Verantwortlichen der Bühnensanierung seien die Mehrkosten von rund 30 Millionen Euro gegenüber dem bisherigen Budget zu etwa 40 Prozent durch die längere Bauzeit entstanden. Die restlichen 60 Prozent stammten aus erwarteten Nachträgen der beauftragten Firmen sowie aus den Folgen der Neuvergaben wegen Insolvenzen. Die Kreditkosten stiegen insbesondere wegen des inzwischen höheren Zinsniveaus.
Welche finanziellen Folgen hat das für die Stadt?
Die Bühnen stottern die Kredite für die Sanierung über 40 Jahre ab. Die Stadt finanziert das über den Betriebskostenzuschuss, den sie jährlich an die Bühnen zahlt, damit der hochdefizitäre Spielbetrieb überhaupt stattfinden kann. Dieser Zuschuss muss wegen der Sanierungskosten in den nächsten 40 Jahren stark erhöht werden – und zwar im Schnitt um 28,1 Millionen Euro pro Jahr. Den höchsten Betrag erreicht der Mehraufwand in der Spielzeit 2025/2026 mit 42,0 Millionen Euro – davon sind 18,0 Millionen Euro Zinsen. In den Folgejahren sinkt er.
Wie sieht der Betriebskostenzuschuss bislang aus?
In der Spielzeit 2022/23 bezuschusste die Stadt den Spielbetrieb der Bühnen mit 65,1 Millionen Euro. Hinzu kamen 8,4 Millionen Euro Zuschüsse zur Sanierung, für neue Werkstätten und anderes. Die Interimsspielstätten kosteten 10,5 Millionen Euro. Macht unterm Strich 84,0 Millionen Euro. Teilt man diese Ausgaben der Stadt durch die Zahl der Besucher – bei 577 Aufführungen wurden 184 478 Zuschauer gezählt –, so ergibt sich, dass jede Eintrittskarte im Schnitt mit 455 Euro bezuschusst wurde. In der laufenden Spielzeit 2023/24 wird der Spielbetrieb von Oper, Schauspiel und Tanz mit 70,0 Millionen Euro bezuschusst. Hinzu kommen 10,2 Millionen für das Interim und 17,4 Millionen für die Sanierung. Unterm Strich sind das 97,6 Millionen Euro.
Woher nehmen die Bühnen das Geld?
Nach eigenen Angaben sind die Bühnen bisher Darlehensverpflichtungen in Höhe von 496,6 Millionen Euro eingegangen. Der Abschluss eines Darlehens über 50 Millionen Euro sei in Vorbereitung. Zur Überbrückung des noch nicht über Darlehen finanzierten Mittelbedarfs nutzen die Bühnen „kurzzeitige Tagesgeld-Kredite der Sparkasse Köln Bonn“ in Höhe von derzeit 171,8 Millionen Euro. Diese würden „zu variablen Zinssätzen verzinst“. Das Finanzierungskonzept „für die noch langfristig zu finanzierende Restsumme von rund 260 Millionen Euro“ solle im zweiten Quartal 2024 mit dem Wirtschaftsplan 2025/26 konkretisiert werden.