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Debattenabend in KölnSind ethnisierende Kostüme im Kölner Karneval noch angemessen?

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Das geht zu weit – oder doch nicht? Eine folkloristische Tanzgruppe im Karneval hat ihren Spaß. Oder fällt das schon unter kulturelle Aneignung?

Das geht zu weit – oder doch nicht? Eine folkloristische Tanzgruppe im Karneval hat ihren Spaß. Oder fällt das schon unter kulturelle Aneignung?

Spaß ohne Grenzen im Kölner Karneval? Viele Kostüme im Fastelovend sind so einfallsreich wie originell – doch manche überschreiten Grenzen.

Dass einige Kostüme kulturell aneignend, rassistisch oder antisemitisch sein können oder betroffene ethnische Gruppen diskriminieren können, ist ein immer größeres Thema geworden. Auch wenn sich viele Jecken angesichts der Debatten schnell abwenden.

Worum geht es in der Debatte?

In die Rolle eines „Indianers“ zu schlüpfen oder sich als Schnitzel zu verkleiden, ist für die einen ein absolutes Tabu, für die anderen nicht der Rede wert und für manche ein Anlass sich extra in diese Kostümierungen zu werfen. Stößt der Spaß bei solchen Verkleidungen an seine Grenzen? Und hat der organisierte Karneval dabei eine gewisse Verantwortung, Maßnahmen gegen solcherart Diskriminierung zu ergreifen?

Mit der Frage nach Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung während der fünften Jahreszeit beschäftigte sich eine Podiumsdiskussionsrunde im NS-Dokumentationszentrum (NS-Dok). Die Veranstaltung fand im Rahmen der Ausstellung „Schalom & Alaaf“ statt, die bis zum 31. März im NS-Dok zu sehen ist. „Wir wollen hier möglichst viele Perspektiven zusammenbringen – unter anderem aus der Gastronomie und dem organisierten Karneval“, sagt die stellvertretende Direktorin des Hauses, Annemone Christians-Bernsee, die auch den Abend moderierte. Die zweistündige Diskussion der fünf Gäste verläuft teils emotional und energisch, teils kompromissbereit und verständnisvoll.

Welche Kostüme sind angemessen?

Über Geschmack lässt sich streiten. Über die Grenze zur Beleidigung oder gar Rassismus ebenfalls. „Wer bestimmt, welches Kostüm rassistisch ist?“, fragt Tuschar Biswal von der KKG Blomekörfge. Viele würden sich über ihr Kostüm nicht so viel Gedanken machen. Daneben tut sich Volker Scholz-Goldenberg vom jüdischen Karnevalsverein, Kölsche Kippa Köpp, mit der Definition der kulturellen Aneignung schwer. Würde das Tragen der bayrischen Dirndl und Lederhosen auch schon dazu gehören? „Ich glaube, es kommt auf den Kontext drauf an“, fügt er hinzu.

Wenn jemand positiv an ein Kostüm herangeht und nicht diskriminieren will, dann hätte er damit kein Problem. Cecil Arndt vom Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismus in Nordrhein-Westfalen (IDA NRW) sieht das anders: „In jedem Kontext hat kulturelle Aneignung trotzdem was mit Machtgefällen zu tun“, entgegnet sie und erntet starken Zustimmung aus dem Publikum. Obwohl es in den letzten Jahren zwar positive Entwicklungen gegeben hätte, hat sie mittlerweile keine Lust mehr auf den Kölner Karneval.

Besteht denn konkreter Handlungsbedarf?

Einem jungen Mann aus dem Publikum fehlt eine stärkere Positionierung gegen Diskriminierung vom organisierten Karneval. Christoph Kuckelkorn vom Festkomitee möchte darauf einwirken und das auch einfordern. Nur: Die Leute auf der Straße würden auf ihn als Präsidenten des Festkomitees vermutlich nicht hören, gibt er zu bedenken.

Dennoch ist er bemüht, die Einwände des Publikums und seiner Mitstreitenden künftig in seine Tätigkeit einzubinden. „Ich würde wirklich gerne nach Karneval eine Diskussionsrunde aufsetzen und dass wir uns alle an einen Tisch setzen, um diese Themen anzugehen. Nur so kommen wir weiter“, sagt Kuckelkorn. Daniel Rabe, Inhaber der Kneipe „Bagatelle“ und leidenschaftlicher Karnevalist, stimmt als Gastronom dem konkreten Handlungsbedarf zu. So verweist er bei seinem Ticketverkauf für die Karnevalsveranstaltungen in seiner Kneipe darauf hin, dass er jegliche Art von Diskriminierung nicht duldet. Arndt ist dagegen unzufrieden mit den Ergebnissen der Diskussion. „Wir haben überhaupt nicht darüber geredet, wer beim Karneval ausgeschlossen wird“, sagt sie.

Zwei Stunden Podiumsdiskussion reichen schwerlich aus, um bei diesem Thema auf einen Nenner zu kommen – falls das überhaupt geht. Das NS-Dok bietet im Februar weitere Veranstaltungen im Rahmen der Ausstellung „Schalom & Alaaf“, die sich mit der Rolle der Jüdinnen und Juden im Karneval auseinandersetzen.