Projekt mit Kölner SchülernPreise für Animationsfilme über den Holocaust - Die Geschichte von Tamar Dreifuss

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Ausschnitt aus dem Film „Die Wunderbare Rettung“.

Ausschnitt aus dem Film „Die Wunderbare Rettung“.

Tamar Dreifuss, die Protagonistin in einem der Filme, sieht es als ihre Lebensaufgabe, über ihre persönlichen Erlebnisse zu berichten und gegen Nationalismus und Antisemitismus zu kämpfen.

Vollständig originalgetreu ist die Szene zwar nicht. Und dennoch steht sie symbolisch für die Tragik der Geschichte von Tamar Dreifuß. Als Kind jüdischer Eltern, geboren 1938 in Vilnius, erlebte sie den Holocaust und damit eine Kindheit auf der Flucht.

Getrennt von ihrer Mutter war sie zu diesem Zeitpunkt des Animationsfilms bei ihrem Onkel und ihrer Tante untergebracht. Das Problem: ein deutscher Offizier war ebenfalls im Haus einquartiert worden. Während sich dieser am Spiegel rasiert und dadurch immer mehr zu einem Abbild Adolf Hitlers wird, verplappert sich die kleine Tamar. Sie nennt ihren richtigen - jüdischen - Familiennamen. „Das Kind muss weg, sonst müssen wir es melden“, sagt der Offizier im Film. Umbenannt in Theresa sollte sie bei ihren Verwandten eigentlich Schutz finden, nun muss sie mit ihrer Mutter ins Wilnauer Ghetto.

Preis für Projekt mit Kölner Schülern

Die Szene ist Teil des Animationsfilms „Die wunderbare Rettung“. Er entstand im Rahmen des Projekts „Animationsreihe über Geschichten von Flucht und Verfolgung vom Zweiten Weltkrieg bis in die Gegenwart“ des Bundesverbands für Information & Beratung für NS-Verfolgte. Für das Projekt bekam der Verband nun den mit 2000 Euro dotierten Reinhard-Engert-Preis verliehen. Der Verein „Werkstatt für Ortsgeschichte Köln-Brück“ hatte den Preis ausgeschrieben.

Für das Projekt wurde mit Jugendlichen an zwei Standorten in Köln von 2021 bis 2023 gearbeitet. In Kooperation mit dem Flüchtlingszentrum „Fliehkraft“ sowie mit der Integrierten Gesamtschule Innenstadt und der Aktiven Schule Köln wurde das Projekt organisiert und durchgeführt.

Inhalt und Ziel des Projektes war es, dass Schüler sich durch Gespräche mit Zeitzeugen im Rahmen eines freiwilligen Kursprojekts über zwei Jahre mit den Gefahren von Nationalismus und Antisemitismus beschäftigen und Animationsfilme erstellen. Die Schüler verarbeiteten dafür die Verfolgungsgeschichten der Zeitzeugen in zehn bis fünfzehnminütigen Clips. Drei dieser Animationsfilme wurden im Rahmen der Preisverleihung besonders geehrt. Die Darstellungen, der Verfolgungsgeschichten von Tamar Dreifuss, Marina Sagsaganska und die Richard Reinischs. 

Überleben im Zweiten Weltkrieg

Zwei der drei Filme zeigten mit animierten Figuren, vor dem Hintergrund echter Kriegsbilder, den Überlebenskampf zwei kleiner Mädchen während des Zweiten Weltkrieg. Der erste Film mit dem Titel „Die wunderbare Rettung“ nahm die Geschichte von Tamar Dreifuss in den Fokus.

Der zweite präsentierte Film zeigte die Geschichte Marina Sagsaganska. Sagsaganska durchlebte den Zweiten Weltkrieg als russische Jüdin ebenfalls in der ständigen Angst vor Verrat und Entdeckung durch deutsche Soldaten. Der Film über ihr Leben mit dem Titel „Der Krieg war für mich nie zu Ende“ thematisiert neben ihrem Unterkommen in den unterschiedlichsten Verstecken auch die schmerzhaften Verluste beider ihrer Eltern.

Die Vorsitzende Ingrid Hege-Wilmschen (links) des Köln-Brück e.V. mit den Zeitzeuginnen Marina Sagsaganska (hinten) und Tamar Dreifuss und zwei der prämierten Schülerinnen.

Die Vorsitzende Ingrid Hege-Wilmschen (links) des Köln-Brück e.V. mit den Zeitzeuginnen Marina Sagsaganska (hinten) und Tamar Dreifuss und zwei der prämierten Schülerinnen.

Tamar Dreifuss: Besonderes Engagement

Tamar Dreifuss sieht es als ihre Lebensaufgabe über ihre persönlichen Erlebnisse zu berichten und gegen Nationalismus und Antisemitismus zu kämpfen. Neben Lesungen und Schulbesuchen hat sie zwei Bücher veröffentlicht, ein Buch für Erwachsene und ein Buch für Kinder. Sie sagt: „Es waren damals, wie ich auch, Kinder betroffen und so sollten auch die heutigen Kinder sich schon damit beschäftigen.“ Auch aus diesem Grund sei ihr die Zusammenarbeit mit jungen Menschen sehr wichtig. Für die Zukunft wünscht sie sich, dass die Menschen anfangen, von ihren Unterschieden abzusehen. Sie sagt: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“

So findet auch Tamar Dreifuss am Ende des Animationsfilmes zur Hoffnung zurück. Nach ihren Stationen im Wilnauer Ghetto, der Deportation in ein Konzentrationslager, der Flucht aus dem Lager und ihrem Versteck auf einem Bauernhof, findet die Geschichte ihren Abschluss zum Kriegsende.  Sie trifft ihre Tante und ihren Onkel wieder, mit ihrer Mutter wandert sie nach Israel aus und sie können sich endlich sicher fühlen. Daraufhin erstrahlt Tamar Dreifuss, bis dahin in Schwarz-Weiß dargestellt, und leuchtet plötzlich in warmen hoffnungsvollen Farben.

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