Nach knapp zwei Jahren Bauzeit wurde nun das Gebäude an der Vogelsanger Straße in Ehrenfeld eröffnet. Verwirklicht wurde es über ein Investorenmodell, die Stadt ist Mieterin. Für die Nutzung mussten strenge Schallschutz-Auflagen eingehalten werden.
Zwei Jahre BauzeitNeubau der Rheinischen Musikschule in Köln eröffnet
Der berühmteste Interim Kölns ist wohl der Musical Dome am Breslauer Platz. 1996 für eine Übergangsdauer von maximal fünf Jahren errichtet, strahlt das blaue Kuppelzelt mittlerweile seit gut 28 Jahren direkt am Bahnhof in die Nacht. Eine ganz schön lange Zeit, könnte man denken. Aber die Rheinische Musikschule kann darüber nur müde lächeln. Nicht weniger als gute 60 Jahre nämlich dauerte es, bis diese wieder im „eigenen“ Domizil an der Vogelsanger Straße heimisch wurde. Die Anführungszeichen deshalb, weil das neue Gebäude nicht mehr der Stadt gehört, sondern im Rahmen eines Investorenmodells verwirklicht wurde. In nicht ganz zwei Jahren entwickelt, geplant und gebaut, städtebaulich perfekt in die Umgebung integriert und technisch mit all dem gesegnet, was dem guten Ruf der Musikschule gerecht werden kann.
Jahrelange Suche nach geeignetem Standort
1907 wurde das ehemalige Gebäude an der Vogelsanger Straße als Krankenhaus errichtet. Nach dessen Aufgabe zog 1963 die Rheinische Musikschule ein. Doch über die Jahre wurde die Substanz marode, das alte Gemäuer hatte weder aus energetischer noch aus praktischer Sicht eine Zukunft. Die Suche nach einem neuen Quartier allerdings führte viele Jahre lang zu keinem Ergebnis. 2021 schließlich gab der Hauptausschuss der Stadt mehrheitlich grünes Licht für eine öffentlich-private Partnerschaft mit der Investorengruppe Bausinger/Pirlet in Zusammenarbeit mit dem Architektenbüro Kaspar Kraemer. Das Haus sollte abgerissen, neu gebaut und von der Stadt zurück gemietet werden. Die Entscheidung fiel auch gegen einige Widerstände, schließlich gab die Stadt ein weiteres prominentes Grundstück in private Hände.
Dass sie damals gut daran getan hatte daran, kann man heute selbst in Augenschein nehmen. Das von Kraemer entworfene Ensemble - der Bau erstreckt sich mit unterschiedlichen Geschosshöhen über die Piusstraße an die Vogelsanger Straße – orientiert sich zwar am klassischen Stil, wirkt aber dennoch klar und freundlich. Die eigentlichen Schwierigkeiten aber ergaben sich aus der Nutzung, wie Anton Bausinger und Kaspar Kraemer bei der Eröffnung erläuterten: Schließlich wurden Räume gebraucht, die einem Streichquartett ebenso Gelegenheit zum Proben bieten wie einer Big Band. Und das, ohne die enge Nachbarschaft in Ehrenfeld zu belästigen. So verfügen alle Proberäume über eine eigene Lüftungsanlage und eine besondere Schallisolierung, die Drum-Sets stehen gar in einem „Raum im Raum“ mit doppelter Wandführung.
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Kernstück des Baus ist der 272 Quadratmeter große zentrale Probenraum, der sich über drei Etagen vom Keller in den ersten Stock erstreckt. Was auf den ersten Blick streng symmetrisch wirkt, ist es in Wahrheit gar nicht: Es gibt keine rechten Winkel, alles ist leicht gegeneinander versetzt, auch die Decke bricht sich mehrfach. Die besondere Bauform, Ergebnis eines eigens in Auftrag gegebenen Akustik-Gutachtens, verhindert zum einen akustische Dopplungseffekte und zum anderen die Schallübertragung nach außen. Ein Konzertsaal ist der Proberaum allerdings ausdrücklich nicht: Besucherreihen sind nicht vorgesehen.
Zwei Jahre Bauzeit
Man merkte Oberbürgermeisterin Henriette Reker ihre Freude und Erleichterung über den Bau an. Musik sei eine Kernkompetenz, ohne die umfassende Bildung nicht möglich sei, führte sie aus und dankte den Familien Bausinger und Pirlet für ihr besonderes bürgerschaftliches Engagement, „ohne das wir in Köln viele unserer Projekte gar nicht stemmen könnten“. Als „wunderbar gelungen“ lobte sie den Bau bei einem Rundgang. So recht schien sie aber die Bauzeit von knapp zwei Jahren nicht zu glauben und erkundigte sich gleich mehrfach bei Bausinger. Als Kölner Oberbürgermeisterin ist man da schließlich andere Kategorien gewohnt.
Wohl auch, was die Kosten angeht. 15 Millionen Euro veranschlagte Bausinger inklusive aller Planungen. Über die Höhe der Miete durch die Stadt wurde Stillschweigen vereinbart, allerdings liege die laut Bausinger „in einem für die Stadt sehr gutem Rahmen“. Aufgestockt wurde sie übrigens trotz aller Widrigkeiten im Baugewerbe in den letzten drei Jahren mit Corona, steigenden Kosten und Ukraine-Krieg nicht.
Über 26 Unterrichtsräume, darunter der Probensaal, zwei Kammermusiksäle, ein Schlagzeug- und Bandstudio sowie einen Ballettsaal im Obergeschoss (mit fünffach geschichtetem Boden) freut sich Direktor Tilman Fischer nun, der dem musikalischen Ehrgeiz seiner Schülerinnen und Schüler sowie der Mitarbeitenden endlich einen geeigneten Rahmen geben kann. Anfang Januar kommen die ersten Instrumente, die teilweise noch etwas Eingewöhnungszeit an die neuen klimatischen Verhältnisse benötigen. Mitte Januar soll dann der Regelbetrieb starten. Und wie das klingen kann, machte das Symphonische Jugendblasorchester der Rheinischen Musikschule unter Leitung von Michael Rosinus denn bei der Eröffnung auch gleich deutlich: So vielschichtig und ausdrucksstark hat man die inoffizielle Kölner Hymne „En unserem Veedel“ wohl noch selten gehört.