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Ratten, Legionellen, defekte SchlösserMinisterium stoppt JVA-Sanierung

Lesezeit 3 Minuten

Der „Klingelpütz“ aus der Vogelperspektive: Von oben mit viel Grün und fast idyllisch, von innen mit sehr vielen baulichen Problemen.

  1. Ratten, Legionellen, defekte Schlösser – die Zustände in der JVA Ossendorf sind schlimm.
  2. Doch nun ist klar: Es wird mindestens fünf Jahre dauern, bis das Gefängnis saniert wird.
  3. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.

Köln – Die Zustände in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Ossendorf gelten seit langer Zeit als unhaltbar. Die Leitung des Hauses hat dies wiederholt beklagt, doch Beschäftigte und Insassen werden mit den Bedingungen weiter zurecht kommen müssen: Nach Rundschau-Informationen wird es mindestens fünf Jahre dauern, bis die Sanierung losgehen kann, vermutlich sogar deutlich länger. Einen Zeitplan gibt es gar nicht mehr, räumt das Justizministerium ein.

Wie marode ist die JVA Ossendorf ?

Der im Jahr 1969 gebaute „Klingelpütz“ hat viele gravierende Probleme. Der Brandschutz ist nicht mehr auf dem Stand der Technik, die Elektrik ist veraltet, vor Jahrzehnten wurden in großen Teilen Schadstoffe verbaut. Deswegen sind 170 Hafträume gesperrt. Viele Toiletten, Duschen und Heizungen sind völlig veraltet, es gibt in vielen Bereichen Ratten und Legionellen, die ab und zu auftreten.

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Zudem sind die Sicherheitskanzeln marode, an vielen Orten schimmelt es. Probleme gibt es auch an manchen Türen und Schlössern. Die Schlösser sind so in die Jahre gekommen, dass Wärter sie nicht richtig aufbekommen und sie die Schlosserei in der JVA rufen. Und: Die Wasserleitungen sind in vielen Bereichen verrostet, sie sind mehr als 40 Jahre alt. Es gibt Stimmen in der JVA, die die Zustände als teilweise „menschenunwürdig“ bezeichnen.

Wie viele Straftäter sind in der JVA untergebracht ?

Derzeit sind rund 1140 Häftlinge in den Zellen untergebracht – zum allergrößten Teil männliche Häftlinge. Der sogenannte Frauenknast ist im Moment mit etwa 100 weiblichen Häftlingen belegt. Das Gefängnis im Kölner Norden ist die größte geschlossene Justizvollzugsanstalt in Nordrhein-Westfalen.

In welcher Form ist eine Sanierung geplant ?

Der Neubau soll nach derzeitigem Stand in zwei Schritten vollzogen werden. Dafür soll durch das 25 Hektar große Gelände aus Sicherheitsgründen eine Mauer gezogen werden. Auf der einen Seite wird abgerissen und neu gebaut, hinter der Mauer geht das Gefängnisleben zunächst weiter. Dafür müssen aber etwa 500 Häftlinge in andere Anstalten verlegt werden. In der zweiten Baustufe können dann die rund 500 Häftlinge zurückkehren, die anderen würden das Areal verlassen. Erneuert werden auch die Sicherheitsschleuse und die Wachkanzeln. Erst Anfang vergangener Woche machte sich Staatssekretär Dirk Wedel in der JVA Köln ein Bild von dem maroden Gebäude.

Wann geht es mit der Sanierung los ?

Ein Termin für den Baubeginn des Großprojektes und der Fertigstellung des „Klingelpütz“ ist wieder völlig offen. Die begonnenen Vorplanungen seien unterbrochen, teilte das Justizministerium auf Anfrage der Rundschau mit. Die JVA-Leitung war im Jahr 2017 von einem Baubeginn im Jahr 2020 ausgegangen, dann vom Jahr 2021 – doch auch dieser Termin ist bei weitem nicht mehr haltbar. Ein Baubeginn wird nach Rundschau-Informationen nicht vor den Jahren 2024 bis 2026 liegen. Sicher ist das längst nicht. Auch ein noch späterer Baubeginn gilt als nicht ausgeschlossen.

Warum geht es nicht weiter ?

Wegen der fehlenden Haftplatzkapazitäten für die 500 Häftlingen, die im ersten Bauabschnitt umziehen müssten. Wie das Justizministerium NRW der Rundschau bestätigte, kann der Neubau erst beginnen, wenn die JVA in Münster und die JVA Willich I fertig sind. In Münster ist die Anstalt nach derzeitigem Stand frühestens im Jahr 2022 saniert, die Pläne für das Gebäude in Willich sind erst in diesem Sommer 2019 vorgestellt worden. Ein Baubeginn ist nicht datiert.

Gibt eine Prognose für den Neubau in Köln ?

Nein. Die bisherigen Bauzeitplanungen befinden sich in der Überprüfung, heißt es vom Justizministerium auf Nachfrage der Rundschau. Ein weiterer Satz des Ministerium macht deutlich, wie lange es mit dem Neubau noch dauern kann: „Aufgrund der Erfahrungen bei der Realisierung von Bauvorhaben dieser Größe können derzeit keine belastbaren Aussagen zur konkreten zeitlichen Umsetzung des Neubaus der JVA Köln abgegeben werden“, teilte ein Sprecher mit.

Die JVA-Leitung sprach bei den Vorplanungen von einer Investition von rund 240 Millionen Euro. Eine Sanierung am aktuellen Standort hätte etwa 360 Millionen Euro gekostet. Das Ministerium legt sich nicht genau fest und spricht aktuell nur noch von einem dreistelligen Millionenbetrag.