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Prozess um Drach-MitangeklagtenMassiver Streit um Handynutzung vor Gericht - Wachtmeister führen Anwalt raus

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Rechtsanwalt Wolfgang Heer.

Rechtsanwalt Wolfgang Heer.

Der Vorsitzende Richter Dr. Jörg Michael Bern musste Rechtsanwalt Wolfgang Heer immer wieder auffordern, die Nutzung des Handys zu unterlassen.

Um ihre Unparteilichkeit zu symbolisieren, wird Justitia, Göttin der Gerechtigkeit, oft mit verbundenen Augen dargestellt. Auch im Foyer des Kölner Justizzentrums steht eine steinerne Justitia-Figur, auch sie hat die Augen verbunden. Am Mittwoch konnten Beobachter bei den Vorgängen auf Saal 112 jedoch den Eindruck gewinnen, dass Justitia die Augenbinde trägt, um das traurige Schauspiel auf Saal 112 nicht mehr mitansehen zu müssen: Auf Anordnung des Vorsitzenden Richters Dr. Jörg Michael Bern wurde Rechtsanwalt Wolfgang Heer, nicht ohne Anwendung leichter körperlicher Gewalt, aus dem Saal entfernt. Es ist der vorläufige Höhepunkt einer Eskalationsspirale, die sich über Monate zwischen dem Richter und dem Rechtsanwalt beständig weiter schraubt. Nachdem Heer — der im September als Pflichtverteidiger von Thomas Drachs niederländischem Mitangeklagten Eugen W. (55) entlassen worden war — bereits am vergangenen Montag nicht mehr im Sitzungssaal, sondern nur noch im Zuschauerbereich Platz nehmen durfte, nahm Heer auch am Mittwoch dort Platz.

Er machte sich Notizen zum weiteren Verfahrensgang, während er auch immer wieder auf sein Mobiltelefon zurückgriff. Die wiederholte Aufforderung Berns, die Handynutzung im Zuschauerraum zu unterlassen — eine Regel, die für alle Zuschauer gilt —, missachtete Heer jedoch demonstrativ. Heer behauptete, er folge dem Gutachten der Sachverständigen und hierzu habe er sich deren schriftliches Vor-Gutachten auf dem Mobiltelefon aufgerufen. Der Eindruck, der erweckt wurde, war aber ein anderer: Heer schien vielmehr seinen Kollegen Sebastian Dobritzsch, den verbliebenen Pflichtverteidiger von W., per SMS oder Chat zu coachen.

Mobiltelefon unter dem Tisch versteckt

Dobritzsch griff jedenfalls auch immer wieder zu seinem Mobiltelefon und starrte auf das Display, das er hierfür unter dem Tisch zu verstecken versuchte. Verstärkt wurde dieser Eindruck, den auch der Vorsitzende hatte, als Bern eine „anwaltliche Versicherung“ von Heer verlangte, dass er nicht mit Dobritzsch über Handy kommuniziere. „Dazu werde ich nichts sagen“, erwiderte Heer. Daraufhin gab Bern eine ultimative Warnung ab: „Wenn Sie weiter an der Verhandlung teilnehmen wollen, dann unterlassen Sie die Nutzung des Handys.“

Anschließend wurde die Verhandlung für eine Pause unterbrochen. Nach der Pause verkündete Bern eine sogenannte Sitzungspolizeiliche Anordnung. Demnach dürfen Zuschauer nur noch an der Verhandlung teilnehmen, wenn sie zuvor ihr Handy bei einem Wachtmeister in Verwahrung geben. Heer weigerte sich und stellte den Antrag „als Wahlverteidiger von Herrn W. in den Saal vorgelassen zu werden.“ Bern trocken: „Als Zuschauer sind Sie nicht antragsberechtigt.“ Kurz darauf wurde Heer des Saales verwiesen und, mit hochrotem Kopf, von untergehakten Wachtmeistern hinaus befördert. Beim Rausgehen rief er Staatsanwältin Anja Heimig zu: „Frau Heimig, ich erstatte Anzeige gegen Richter am Landgericht Dr. Bern…“, doch da war er auch schon vor der Tür. Und die zu.

Der Prozess wird fortgesetzt.