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Prozess in KölnAnwalt von Drach-Komplize durfte nicht mehr in den Saal

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Anwalt Wolfgang Heer

Anwalt Wolfgang Heer

Der Streit zwischen dem Richter und dem Verteidiger Wolfgang Heer eskaliert im Kölner Gericht.

Nach der Mittagspause erreichte die Eskalation eine neue Stufe: Zwei Justizwachtmeister stehen vor der Tür zu Saal 27. Als Rechtsanwalt Wolfgang Heer in Begleitung seines Kollegen Sebastian Dobritzsch erscheint, erklärt einer der beiden Wachtmeister freundlich, aber bestimmt, dass Heer nicht mehr in den Sitzungsbereich des Saals dürfe. Das habe der Vorsitzende Dr. Jörg Michael Bern angeordnet. Zutritt erhalte der Rechtsanwalt nur „gegen Vorlage einer schriftlichen Mandatsvollmacht“, erklärt der Justizwachtmeister weiter. Heer könne aber, wenn er wolle, im Zuschauerbereich des Saals Platz nehmen. Heer protestiert, ruhig und freundlich lächelnd.

Stundenlange Debatte im Prozess

Über Stunden hatten sich Heer und Bern zuvor im Prozess gegen den ehemaligen Mitangeklagten (55) des früheren Reemtsma-Entführers Thomas Drach (62) wieder gefetzt. Während Heer angibt, er sei Wahlverteidiger des 55-Jährigen, zweifelt Bern dies an. Der Vorsitzende erklärte wiederholt, dass er Heer erst dann als Wahlverteidiger des Niederländers anerkennen werde, wenn dieser sich auch als solcher legitimiere: „Ich hätte hier gerne eine schriftliche Vollmacht liegen. Meinetwegen können Sie die auch auf der Geschäftsstelle abgeben, wenn Sie mir die nicht persönlich geben wollen“, machte Bern klar. Heer erklärte, er berufe sich „auf den Anschein einer Vollmacht“.

Mit dem „Anschein“ bezog er sich offensichtlich darauf, dass er doch in Robe neben seinem Kollegen und dem Mandanten auf der Anklagebank saß. Bern konterte: „Für mich sind Sie Öffentlichkeit.“ Heer zeterte, das sei „willkürliches Verhalten“. Und weiter: „Wenn Sie meinen, Sie müssten mich entfernen, dann tun Sie es. So lange bleibe ich hier sitzen.“ Nach mehreren weiteren Wortmeldungen Heers, die Bern alle abwürgte, sagte der Vorsitzende schließlich: „Herr Rechtsanwalt Heer, nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich rede jetzt nicht mehr mit Ihnen.“ Als Heer dennoch nicht innehielt und immer wieder das Wort ergriff entschied Bern, dass es Zeit für eine Mittagspause sei.

Nach der Mittagspause wurde dem Verteidiger dann der Zugang zum Sitzungsbereich des Saals verwehrt. Als der Angeklagte davon Wind bekam, weigerte der sich zunächst den Saal zu betreten. Staatsanwältin Anja Heimig fand das „bizarr“. Sie ließ aber keinen Zweifel daran, dass der Angeklagte zur Not „gewaltsam“ auf den Saal vorgeführt werden müsse. Nach einer erneuten Unterbrechung, in der Verteidiger Dobritzsch nochmals mit dem 55-Jährigen im Hausgefängnis redete, kam der Angeklagte doch noch freiwillig. Heer nahm derweil demonstrativ und unter „Protest“ im Zuschauerraum Platz: „So sieht es also von hier aus.“ Dann folgte er der weiteren Verhandlung und machte sich eifrig Notizen.

Der 55-Jährige ist wegen Mittäterschaft bei Raubüberfällen auf Werttransporte angeklagt, die sein früherer Mitangeklagter Thomas Drach laut Anklage begangen haben soll.