- Seit 1. März 2019 ist Stefanie Haaks Chefin der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB).
- Im Rundschau-Gespräch thematisiert sie die neuen Express-Busse, die Ost-West-Achse und die Verkehrslage in Köln.
- Außerdem spricht sie über Elektro-Busse und wie sie künftig eingesetzt werden könnten.
Die KVB-Vorstandsvorsitzende Stefanie Haaks im Rundschau-Gespräch: Wie sie Verspätungen und Ausfälle verringern will und was es für die Verkehrswende noch alles braucht.
Hand aufs Herz: Mit den Expressbussen läuft es noch nicht so gut, oder?
Stefanie Haaks: Wir haben noch keine aussagekräftigen Auswertungen. Bis sich so eine Linie etabliert, dauert es erfahrungsgemäß rund ein Jahr. Derzeit hakt es stellenweise noch etwas, was für die Startphase solcher neuen Linien ganz normal ist. Ab und zu steht der Bus im Stau. Nicht zu jeder Tageszeit ist er so gefüllt, wie wir uns das wünschen würden. Da gibt es noch Nachjustierungsbedarf.
Zum Beispiel?
Dort, wo es wie auf der Inneren Kanalstraße eng wird, müssen wir schauen, wie wir es hinbekommen, dass der Verkehr besser fließt. Eine veränderte Linienführung wäre denkbar, auch eine weitere Busspur. Dazu sind wir mit der Stadtverwaltung im Gespräch.
Neben der drangvollen Enge in den Bahnen sind auch immer Ausfälle und Verspätungen leidige Themen. Stimmt es, dass Sie die Order ausgegeben haben, bis Ende 2020 darf es keine personalbedingten Fahrtenausfälle mehr geben?
Ich habe sogar noch mehr gesagt: Es soll weder durch Fahrer- noch durch Fahrzeugmangel bedingte Ausfälle mehr geben. Wir haben im vergangenen Sommer damit begonnen, die Ausbildungskapazitäten für den Fahrdienst zu verdoppeln. Aktuell bilden wir bis zu 115 Fahrer pro Jahr für die Stadtbahn aus. Bis zum kommenden Herbst werden wir die Zahl um weitere 140 Fahrschülerinnen und Fahrschüler aufgestockt haben. Das zeigt Wirkung. Der Tagesbericht vom 29. April 2019 weist noch 64 ausgefallene Fahrten aus. Der vom 20. Januar fünf. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, auch wenn die Fahrgäste das möglicherweise noch nicht direkt wahrnehmen.
Ist es schwierig, neue Fahrer zu bekommen?
Bis jetzt noch nicht. Die KVB gilt als ein zuverlässiger und sicherer Arbeitgeber. Probleme haben wir vielmehr im Infrastruktur- und Werkstattbereich, speziell bei Ingenieuren. Gerade bei den Planungsingenieuren sind einige Stellen offen – und da müssen wir aufpassen, dass das nicht zum Hemmnis für die gewünschte Verkehrswende wird.
Und wie verhindern Sie Ausfälle durch die Technik?
Wir werden unsere EDV für die Reparaturlogistik intelligenter einsetzen. Von 382 Bahnen stehen aktuell rund 50 in der Werkstatt. 20 davon sind geplante Werkstattaufenthalte für Hauptuntersuchungen, Inspektionen oder Umbauten. Rund 30 sind auf Grund von Unfällen oder Defekten nicht im Einsatz. Für den optimalen Wiedereinsatz brauchen wir eine gut funktionierende Kommunikation zwischen Betrieb und Werkstatt. Damit wird gewährleistet, dass die fertige Bahn dort steht, wo sich auch der Fahrer befindet. Diese Steuerung wurde und wird noch weiter verbessert.
Das alles kostet Geld. Erhöhen Sie das Defizit?
Unser aktueller Wirtschaftsplan ist schon um einige Millionen höher als der des vergangenen Jahres. Unser Fahrplan ist unser Leistungsversprechen. Wenn wir das erfüllen wollen, brauchen wir auch das dafür notwendige Personal. Wenn dadurch der finanzielle Aufwand steigt, dann ist das so.
Also noch höhere Fahrpreise?
Umsteiger werden weniger durch sinkende Ticketpreise als durch ein qualitatives Angebot gewonnen. Die Taktung und die Zuverlässigkeit müssen einfach stimmen. Ob das Ticket drei Euro oder 2,50 Euro kostet spielt dann eine untergeordnete Rolle. Umgekehrt: Ist die Qualität nicht ausreichend, nützt auch der niedrige Preis nichts. Um den Tarif einfacher zu gestalten, haben wir den eTarif im Test.
Eine Qualitätssteigerung könnte durch die Ertüchtigung der Ost-West-Achse kommen. Aber wann?
Bei einem so großen Projekt sind nun mal auch viele politische Player mit am Tisch. Ich hoffe, dass der Plan eingehalten wird. Das Ergebnis der Machbarkeitsstudien für die verschiedenen Varianten soll bis Ende 2020 vorliegen. Es wäre schön, wenn dann wirklich schnell eine Entscheidung folgt, die auch zeitnah umgesetzt werden kann.
Sie sind für den Tunnel.
Aus verkehrlicher Sicht macht es immer Sinn, in den Untergrund zu gehen. Dann gibt es keine Kreuzungen, es geht schneller und ist sicherer.
Kritiker sagen, ein solch großes Projekt blockiert Kölns Finanz- und Planungskapazitäten auf Jahre hin.
Das ist ein Mammutprojekt, klar. Aber ich gehe davon aus, dass es förderfähig ist. Die Planung für die Umsetzung kann gegebenenfalls an eine Projektgesellschaft vergeben werden.
Die Kritiker sagen auch, baut erst einmal die Nord-Süd Stadtbahn fertig. Wann geht es da weiter?
Bis zum Sommer wird noch der vom Gericht bestellte Gutachter die Einsturzstelle untersuchen. Für die Zeit danach gibt es zwei Sanierungsvarianten. Eine arbeitet mit einer Sohle aus Beton zum Zurückhalten des Grundwassers, die andere mit einem vereisten Untergrund. Für eine Variante muss sich der Rat entscheiden, und die braucht dann noch die Genehmigung der Bezirksregierung. Danach, in 2021, kann dann mit der Sanierung begonnen werden. Eine Inbetriebnahme der gesamten Strecke ist nach derzeitigem Stand nach fünf bis sechs Jahren Bauzeit realistisch. Aus heutiger Sicht also noch weit weg.
Auf jeden Fall soll es Langzüge auf der Linie 1 geben. Doch dafür müssen noch Bahnen bestellen – und auch das dauert.
Ich fürchte, solche Bestellvorgänge werden künftig sogar noch länger dauern. Die Verkehrswende ist Thema in allen Städten. Zuschüsse fließen. Viele Verkehrsunternehmen momentan neue Busse und Bahnen. Ich fürchte, die Industrie kann den Bestellungen nicht so schnell nachkommen, wie sie es zurzeit verspricht. Bei den Bahnen, die wir zusammen mit der Rheinbahn bestellt haben, hat der Hersteller Bombardier schon Verzug gemeldet.Wie groß die Verzögerung sein wird, wissen wir aber noch nicht.
On-Demand-Angebote in anderen Städten
In Berlin wird das On-Demand-Angebot von den Verkehrsbetrieben in Kooperation mit ViaVan für das östliche Innenstadtgebiet angeboten. Seit Betriebsstart im September 2018 gab es rund 1,4 Millionen Personenfahrten. 97 Prozent der Kunden bewerteten ihre Fahrt mit gut bis sehr gut. Von anfangs 50 Fahrzeugen wurde die Flotte auf 185 Fahrzeuge erweitert. Bis zu 300 Kleinbusse sind geplant. Heute fährt mehr als die Hälfte der Fahrzeuge elektrisch, bis Ende 2020 soll es nur noch Elektro-Fahrzeuge geben. Bei 84 Prozent aller Fahrten sitzen mehrere Fahrgäste im „BerlKönig“ – so der Name des Angebots –, entweder durch Gruppenbuchungen oder Fahrtenbündelung.
In Duisburg gibt es seit 2017 ein On-Demand-Angebot, betrieben von den dortigen Verkehrsbetrieben. Die fünf Kleinbusse fahren Freitag- und Samstagabenden. Schnell wurde das System wegen großer Nachfrage und positiver Reaktionen auf das gesamte Stadtgebiet ausgeweitet. Buchung und Bezahlung erfolgen ausschließlich über eine App.
In Stuttgart gibt es das Angebot in Zusammenarbeit mit Mercedes seit Juni 2018. Als Projekt werden auch dort dadurch „Randzeiten“ des ÖPNV besser bedient. Wie in Duisburg und künftig für Köln läuft das Angebot vorerst als Projekt. Nach rund einem Jahr wurde das Angebot wegen guter Annahme auf die ganze Stadt ausgeweitet. (ngo)
Soll das Angebot kurzfristig verbessert werden, bleiben nur Linienbusse und die angestrebten On-Demand-Busse. Wie steht es darum?
Sowohl für die Fahrzeuge wie auch für die notwendige Software wird es eine Ausschreibung geben. Wir haben unsere Planung aufgestellt. Wenn der Verkehrsausschuss grünes Licht gibt, werden wir im Herbst dieses Jahres loslegen. (Am heutigen Abend wurde die Einrichtung eines solchen Angebots einstimmig beschlossen, Anm. d. Red.) Das hängt aber auch mal wieder von den Herstellern ab. Wir wollen das Angebot mit Elektrokleinbussen betreiben. Mal schauen, wie die Lieferzeiten sind.Und die laufen dann vollständig im Dienste der KVB?
Ja, über unsere Leitstelle, mit unseren Fahrern, mit unserer App: Alles unter KVB-Flagge.
Auf welchen Strecken?
Wir planen für einen Projektzeitraum von drei Jahren. Unter der Woche und tagsüber in einem links- und einem rechtsrheinischen Gebiet, die noch nicht ausreichend an den ÖPNV angebunden sind. Welche, steht noch nicht fest. An den Wochenenden soll in der Innenstadt mit On-Demand-Bussen das Nachtangebot verbessert werden.