Am späten Dienstagabend musste das NRW-Schulministerium die Abiturprüfungen im Bundesland absagen. Der Klausuren-GAU wirft ein schlechtes Licht auf den Stand der Digitalisierung, meint unser Autor.
Kommentar zu Abiprüfungen„Note für das Schulministerium: sechs, setzen“
Diese Klausuren wurden völlig verhauen. Würde das Schulministerium für die Vorlage der Abiturprüfungen eine Note bekommen, stünde sie schon fest: 6, ungenügend. Mit nicht zu begreifender Arroganz und Nachlässigkeit haben die Verantwortlichen im Düsseldorfer Ministerium einen halben Tag lang tausende Schülerinnen und Schüler im Land hängen lassen. Ihnen aber bis zum Abend nichts von den Problemen gesagt.
Die Downloadpanne der Abiturklausuren ist für sich genommen peinlich genug. Warum wurde nicht sichergestellt, dass das System funktioniert? Wieso gab es keinen Probelauf? Warum kein Backup? All diese Fragen wird die Bildungsministerin beantworten müssen. Drei Jahre nach dem Beginn der Corona-Pandemie zeigt der Klausuren-Gau mehr als eindrucksvoll, wie es um die Digitalisierung in der Bildungslandschaft steht: nicht gut.
Dazu kommt das Kommunikationsdesaster. Die Lehrerenden und Schülerinnern und Schüler im Land wurde lange Zeit überhaupt nicht informiert. Was zu der absurden Situation führte, dass Lehrkräfte etwa in eine Kölner Gymnasium nach Sülz pilgerten, in dem es auf wundersame Weise gelungen war, die Aufgaben herunterzuladen. Die Klausurgegenstände wurden am späten Abend gehandelt wie knappe Schmugglerware. Am schlimmsten trifft die kurzfristige Absage aber die Schülerinnen und Schüler. Sie wussten am Vorabend ihrer ersten Prüfung noch nicht, ob sie am nächsten Tag schreiben können oder nicht – verheerend.
Und das nach drei aufreibenden Corona-Jahren unter extremsten Bedingungen. Der massive Ausfall von Unterricht hält bis heute an. Diese Abiturprüfungen sind ohnehin eine Maximalherausforderung. In der lapidaren Mitteilung des Ministerium - und das macht alles noch schlimmer - kommen die Schülerinnen und Schüler gar nicht vor. Neben dem inhaltlichen Versagen fehlt also auch der Anstand, es ist ein Trauerspiel.