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Avantgarde-BauKölner Bastei wird 100 und steht vor ungewisser Zukunft

Lesezeit 5 Minuten
Das frühere Spitzenrestaurant Bastei am Kölner Rheinufer.

Bauzäune, Absperrungen und Gerüste bestimmen derzeit das Bild an der Bastei. Wann der Avantgarde-Bau von 1924 saniert wird, ist unklar.

Vor 100 Jahren wurde die Kölner Bastei eröffnet. Das frühere Spitzenrestaurant steht seit Jahren leer, die Zukunft des Avantgarde-Baus von 1924 ist ungewiss.

„Ganz Köln im Rundumblick: Skyline mit Altstadt und Dom, Rheinbogen mit den Kölner Brücken, der Rheinpark vis-à-vis. Feiern, wo Köln am schönsten ist.“ Mit diesen Worten bewirbt der Veranstalter Koelncongress im Internet die Vorzüge der Bastei. Fotos kunstvoll eingedeckter Tische künden vom vergangenen Flair der einstigen Kölner Top-Adresse. Doch gefeiert wird in dem markanten Bau, der als das wohl bedeutendste Zeugnis expressionistischer Architektur in Köln gilt, schon seit Jahren nicht mehr. Angesichts schwerer baulicher Mängel wurde der Betrieb im März 2019 eingestellt. Wie es weiter geht, ist unklar. Zu ihrem heutigen 100. Geburtstag steht die Bastei vor einer ungewissen Zukunft.

Am 22. Oktober 1924 war das spektakuläre Panoramarestaurant feierlich eröffnet worden. Auf einer Fläche von 300 Quadratmetern bot es bis zu 200 Gästen Platz. Der Kölner Architekt Wilhelm Riphahn (1889-1963) hatte es ab 1923 auf den Resten eines preußischen Festungsbaus von 1847/48, einer sogenannten Kaponniere, errichtet, die zuvor als Aussichtsplattform genutzt worden war.

Die kühne Konstruktion, bei der das Restaurantgebäude zum Rhein hin acht Meter über den Turmstumpf hinausragt und über diesem zu schweben scheint, bedeutete für Riphahn den endgültigen beruflichen Durchbruch. Um seine Idee realisieren zu können, setzte er die kreisrunde Restaurantplattform auf einen Kranz aus Stahlträgern und krönte sie mit einem gefalteten Dach. Um Platz für den Restaurantbetrieb zu schaffen, ließ er die meterdicken Turmmauern aushöhlen und brachte dort Vorratsräume, einen Weinkeller, Büros, Toiletten und ein Treppenhaus unter. Die Küche wurde in einem Vorbau an der Straßenseite eingerichtet.

Adenauer sagte über die Bastei: „Bau dat Ding, Riphahn“

Riphahns Pläne hatte mancher Zeitgenosse zunächst mit Skepsis gesehen. Man befürchtete, das Avantgardebauwerk könnte die Stadtsilhouette negativ beeinflussen. Um die Kritik zu entkräften, ließ der Architekt vor Ort ein Modell aus Holz, Pappe und Segeltuch im Maßstab 1:1 errichten. Oberbürgermeister Konrad Adenauer soll schließlich entschieden haben: „Bau dat Ding, Riphahn, aber machen ses schön!“ Bauherr war Adolf R. Worringer, der Besitzer des Zoorestaurants.

Nach der Eröffnung zeigten sich die Kölner begeistert von dem Bauwerk. Architekturkritiker Heinrich de Fries urteilte 1926, dass es sich „mit der Landschaft, dem Strom und den Brücken vermähle, fast völlig befreit scheinbar von der Basis, aus der es doch entwachsen ist.“ Der Schriftsteller Joachim Ringelnatz befand in seinem Gedicht „Köln von der Bastei gesehen“ von 1932: „Ich rufe schmatzend den Ober herbei. Er will mich nicht verstehen. Ich wünsche: Es möchte sich die Bastei jetzt karussellartig drehen.“

Rasch wurde die Bastei zu einem beliebten Ausflugslokal. Bereits 1927 musste sie umgebaut werden, denn auf der Außenterrasse war es so windig, dass sich viele Gäste beschwerten. Deshalb ließ Riphahn die offene Glasbrüstung durch eine geschlossene Verglasung ersetzen. Gegenüber auf der anderen Rheinseite entstand 1927/28 der Messeturm mit seinem Leuchtfeuer, gleichsam als Antwort auf die nachts festlich erleuchtete Bastei. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie bei einem Luftangriff 1943 stark zerstört und brannte aus. Erst 1958 konnte die Bastei unter Riphahns Leitung wiederhergestellt werden. Kölns Star-Gastronom Hans Herbert Blatzheim, der Stiefvater von Romy Schneider, betrieb hier ein edles Restaurant, das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde.

Kölner Bastei: Restaurant seit 1997 geschlossen

1997 wurde der Restaurantbetrieb eingestellt. Danach konnte die Bastei nur noch von geschlossenen Gesellschaften genutzt werden, seit 2019 steht das Gebäude leer. Heute befindet es sich wieder im Besitz der Stadt Köln, die die Bastei 2001 an die Messe verkauft und 2018 zurückgekauft hatte. Mittlerweile gibt die ehemalige Top-Immobilie ein trauriges Bild ab. Sie ist von Gerüsten und Absperrungen umgeben, von Bauarbeiten ist nichts zu sehen, dafür nehmen Schäden durch Vandalismus zu. An der Nordwestecke wurde im Frühjahr 2022 eine Stützkonstruktion errichtet, die laut Stadt „dem Baudenkmal Last von seinen Schultern nimmt“.

Auf der Internetseite von Koelncongress heißt es: „Die Bastei wird derzeit von der Stadt Köln umfangreich umgebaut und saniert.“ Doch das trifft nicht zu. Bisher fanden dort nur Bauwerksuntersuchungen statt. Sie ergaben, dass die Stahlkonstruktion zu schwach dimensioniert und obendrein marode ist. Um das Gebäude wieder als Restaurant nutzen zu können, müssten die Stahlträger zurückgebaut und neu errichtet werden (wir berichteten).

Die Bastei vom Kölner Rheinufer aus gesehen.

Die Stahlträger der Restaurant-Plattform der Bastei sind marode.

Die Stadtverwaltung erklärte dazu auf Anfrage: „Die Bestandskonstruktion der Decke oberhalb des preußischen Unterbaus, die den Boden des Veranstaltungsbereichs bildet, weist eindeutige Defizite in allen tragenden Teilen auf. Dies sind insbesondere plastische Verformungen, Korrosionen, aber auch Querschnittsschwächungen und eine an sich stark unterbemessene Konstruktion. Daher spricht sich der Prüfstatiker für einen Rückbau der tragenden Konstruktion aus.“

Instandsetzung der Bastei soll mehr als 20 Millionen Euro kosten

Wie berichtet, soll die Generalinstandsetzung mehr als 20 Millionen Euro kosten. Im Mai hatte Baudezernent Markus Greitemann erklärt, es gebe einen Investor, mit dem die Stadt über die Zukunft der Bastei verhandele. Konkrete Ergebnisse sind bisher nicht in Sicht. Die Verwaltung betonte dazu auf Anfrage: „Die Stadt Köln arbeitet an einer guten Lösung für den Erhalt und die weitere Nutzung der Bastei – auch im Sinne des Stadtbildes. Aktuell finden intensive Gespräche mit Planer und möglichen Umsetzer statt.“

Die Stadt müsse alles daransetzen, das Baudenkmal zu sanieren und wieder mit Leben zu füllen, meint Ulrich Krings vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (RVDL). „Die Bastei ist ein Kronjuwel im Kölner Rheinpanorama“, schwärmt der frühere Stadtkonservator. Sie sei „ein unheimlich spannendes Gebäude“ und für ihre Zeit ein ganz innovativer Bau, der sich moderner Konstruktionsmethoden bediene und diese auch am Bauwerk ablesbar mache. „Es ist sehr schade, dass dieses Meisterwerk des jungen Riphahn seit Jahren vor sich hin gammelt“, so Krings. Der RVDL lädt am Dienstag, 22. Oktober, um 17 Uhr zu einer kleinen Feierstunde mit Vortrag an der Bastei ein. Der Eintritt ist frei.