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Restaurant am Fischmarkt in KölnZukunft des „Feinfein“ in marodem Stapelhäuschen unklar

Lesezeit 4 Minuten
Thomas Wippenbeck und Nadja Maher stehen vor dem Gerüst, das am Fischmarkt den Blick auf das Feinfein verdeckt.

Thomas Wippenbeck und Nadja Maher vor dem Gerüst, das am Fischmarkt den Blick auf das Feinfein verdeckt.

Seit April steht der Betrieb im Feinfein still. Die Gastronomen Thomas Wippenbeck und Nadja Maher hoffen nun auf wenig Glück im Unglück.

Die bunten Stapelhäuschen am Fischmarkt in grün, orange, hellblau, gelb und rosa sind fester Bestandteil jeder Altstadt-Führung. Nach dem Dom gehören sie vermutlich zu den am häufigsten fotografierten Gebäuden Kölns. Doch die Idylle ist gestört. Ein Ungetüm von einem Gerüst, das meterweit auf den Fischmarkt ragt, beschwert mit tonnenschweren Gewichten, stützt die Fassade des linken Abschnitts der Stapelhäuschen.

Während eine Touristengruppe enttäuscht weiterzieht, blicken Thomas Wippenbeck und seine Frau Nadja Maher mit sorgenvoller Miene am Gebäude hoch. „Immer wenn ich das Gebäude betrete, muss ich weinen“, sagt Maher. 2021 eröffnete das Gastronomen-Paar hier das Restaurant Feinfein. Aus einem Projekt, das voller Euphorie startete, ist ein Projekt geworden, das nun sogar die Existenz der beiden bedrohen könnte.

Die Touristengruppe vor dem Gerüst am Fischmarkt.

Die Touristengruppe vor dem Gerüst am Fischmarkt.

Das Ende der Corona-Zeit ist der Anfang dieses Projekts. Ein Makler kontaktiert Wippenbeck, der mit seiner Frau bereits das „Frau Maher“ in der Südstadt betreibt, und bietet ihm die Immobilie am Fischmarkt an. Beim ersten Ortstermin springt der Funke über. Die uralte Holzvertäfelung, die ebenso alte hölzerne Wendeltreppe und die kölsche Gemütlichkeit des Gastraums begeistern Wippenbeck. „Das hat uns sowas von geflasht“, erinnert er sich. Weil das Wagnis eines neuen Restaurants in der unsicheren Zeit nach den vielen Corona-Einschränkungen groß ist, überlegen Wippenbeck und Maher lange. Auch über die Lage inmitten der vielen Touristen-Lokale grübeln die beiden. Am Ende gibt aber genau das den Ausschlag.

Hotel soll über Restaurant einziehen

„Wir haben uns daran erinnert, was Michael Holtmann im „Holtmann's“ bis 2017 geleistet hat. Er hat die Kölner in die Altstadt geholt.“ Noch früher, in den 60er und 70er Jahren, sei das noch ausgeprägter gewesen. „Die Gastronomie in der Altstadt war zeitgemäß, folgte den Trends und war Orientierungspunkt für den Rest der Stadt.“ Aktuell gebe es in dieser Kategorie nur zwei Adressen in der Altstadt: das Sternerestaurant Maibeck und das Puls von Sternekoch Daniel Gottschlich. „Wir wollten diese Lücke schließen“, sagt Wippenbeck.

Als die Gastronomen den Mietvertrag schließlich unterschreiben, ist klar: Aufgrund eines bereits bestehenden Bauantrags in den oberen Stockwerken muss das Restaurant irgendwann für zwei bis drei Wochen schließen. Dort soll eines Tages ein modernes Business-Hotel einziehen. Eine gute Ergänzung, denkt sich Wippenbeck. Wer für 150 Euro ein Zimmer bucht, will schließlich auch gut essen. Zweifel gibt es keine. „Als wir dann über ein Jahr drin waren, wurden aus den zwei bis drei Wochen zwei Monate, der April und Mai 2023“, erzählt Wippenbeck. Doch der Zeitplan geht nicht auf.

Bei der Entkernung entdeckt die Baufirma ein innenliegendes Fachwerk, von dem vorher niemand wusste (die Rundschau berichtete). Nach dem Krieg wurde es mit Beton verputzt und verrottete 80 Jahre vor sich hin. Nun ist es völlig marode. Und Thomas Wippenbeck erreicht eine Nachricht, die die Hoffnung auf einen Neustart des Feinfein im September zerstört. „Uns wurde mitgeteilt, dass die Fassade droht, auf den Fischmarkt zu stürzen.“

Feinfein: Die Zeit rennt

Weil die Gefahr so groß sei, müssten die oberen Etagen nun zurückgebaut werden. Der untere Teil mit dem Feinfein bliebe voraussichtlich unberührt, heißt es. Die Stadt bestätigt das auf Anfrage der Rundschau noch nicht. Die Prüfung werde noch die nächsten Wochen andauern. Für Thomas Wippenbeck und Nadja Maher aber rennt die Zeit. „Wenn das jetzt schnell passiert, besteht die Möglichkeit, dass wir in einem bis eineinhalb Jahren wieder aufmachen können“, glaubt Wippenbeck.

Geht auch dieser Plan nicht auf, bliebe nichts anderes übrig, als den Vermieter, die Centralis-Immobiliengesellschaft aus Hamburg, auf Schadensersatz zu verklagen. „Wir haben ein paar Hunderttausend Euro investiert. Wenn wir nicht mehr rein können, ist das Geld weg.“ Anfang August habe Wippenbeck die Situation als existenzbedrohend angesehen. Nun sei ein kleines Fünkchen Hoffnung zurück. Doch alles hängt davon ab, ob und wann wieder Leben in eines der berühmtesten Kölner Gebäude zurückkehren darf.


Das Feinfein

Bevor das Feinfein im April schließen musste, lief das Restaurant am Fischmarkt so, wie es sich die Betreiber vorgestellt hatten. „Die Leute waren begeistert und haben wieder in die Altstadt gefunden“, sagt Wippenbeck. Als in der Weihnachtszeit 2021 Lockdown in den Niederlanden herrschte, sei der Laden plötzlich voller Niederländer gewesen.

Historie trifft Moderne: das Feinfein in der Altstadt

Historie trifft Moderne: das Feinfein in der Kölner Altstadt

In der Anfangszeit bestand die Karte aus einigen Kleinigkeiten zum Kombinieren, auch als Menü erhältlich (98 Euro für zwei Personen). Als sich nach einem Jahr die Möglichkeit ergab, den ehemaligen Küchenchef des Holtmanns, Arnaud Houdon, zu engagieren, kamen Drei- und Vier-Gänge-Menüs (65 bis 89 Euro) dazu. Auch Bestellungen á la carte waren möglich. Genau wie das Frau Maher in der Südstadt setzt das Feinfein verstärkt auf Nachhaltigkeit.

Besonders ist das Ambiente. Denn es vereint Historisches mit der aktuellen Zeit. Die Vertäfelung kreiert kölsches Brauhaus-Flair, moderne Leuchten, Tapeten und Deko sorgen für den gelungenen Gegensatz. Auch Design-Magazine sind deshalb bereits auf das Feinfein aufmerksam geworden.