In Kölns Neumarkt-Galerie locken „Mystery Boxen“ mit ungewissem Inhalt Schnäppchenjäger. Was dahinter steckt.
Überraschungen im PaketWas es mit den „Mystery-Boxen“ am Neumarkt auf sich hat
Es scheint so, als würde jemand am Neumarkt ausziehen. Pappkartons stapeln sich pyramidenförmig im Eingangsbereich eines Geschäfts, weitere finden sich verstreut in dem Laden. Auch die Regale an den Wänden sind gefüllt mit Kartons.
Ein Blick auf den Aufdruck verrät jedoch schnell, dass es keine Umzugskartons sind, sondern sogenannte „Mystery Boxen“. Seit dem 1. August kann man die geheimnisvollen Boxen mit ungewissem Inhalt im gleichnamigen Laden „Mystery Box“ erwerben, der in den unterirdischen Teil der Neumarkt-Galerie eingezogen ist. Die Geschäftsidee: „Jede Box ein Rätsel, jedes Rätsel ein Erlebnis“.
Das Konzept ist nicht ganz neu. Es erinnert an die Fernsehserie „Container Wars“, bei der die Protagonisten bei speziellen Auktionen auf gut Glück einen ganzen Hochseecontainer samt Ladung ersteigern konnten. Erst im Nachhinein erfuhren die Käufer, ob sich ihr riskantes Geschäft gelohnt hat oder sie für viel Geld nur Ladenhüter erworben haben.
Auch in Köln gab es schon Vergleichbares. Im April berichtete die Rundschau von zwei Automaten in Chorweiler und Mülheim, die für zehn Euro „Secret Packs“ ausspuckten. Dabei handelte es sich um Pakete, die nie zugestellt oder abgeholt wurden. In den sozialen Medien entwickelten sich die Überraschungspakete zu einem regelrechten Trend, denn der Reiz des Unbekannten kam gut an.
Mystery Box in Köln: Ware wird in verschiedenen Kategorien angeboten
Doch dann verschwanden sie plötzlich, da den Eigentümern der Automaten eine Genehmigung fehlte. Weder die Herkunft der Automaten, noch die Betreiber sind bekannt ein mindestens genauso großes Mysterium wie der Inhalt der Pakete selbst.
Der Betreiber von „Mystery Box“ möchte das anders machen. Er setzt auf Transparenz. Energisch wirbt er potenzielle Kunden in der Passage an und erzählt von seinem Start-up. Die Produkte in den Boxen seien alles Retouren von Amazon, größtenteils sogar A-Ware. Die Lieferungen würden sortiert, verpackt und in verschiedene Kategorien unterteilt.
Nach einem ersten Überblick fanden sich Preise von 11,99 Euro bis 169,99 Euro. Die Kategorien umfassen Alltagsgegenstände, Spielzeuge sowie Männer-, Frauen- und Kinderprodukte. Überdies verspricht der Betreiber, dass der Inhalt der Boxen immer mehr wert sei als das investierte Geld.
Um das zu prüfen, wagte die Redaktion den Selbsttest und kaufte eine „Mystery Box“ für 16,99 Euro mit dem Label „Alltag“. Die Box ist für den Preis vergleichsweise groß, etwa wie ein Umzugskarton, dafür aber federleicht. Im Inneren raschelte es verdächtig nach Füllmaterial.
Beim Aufmachen versammelten sich alle gespannt um das Paket. Große Erwartungen und dann die Enthüllung: ein sechsteiliges Messerset. Praktisch auf alle Fälle, aber kein wirklich spektakuläres Erlebnis. Ein Preisvergleich offenbarte, dass man das gleiche Produkt bei einer deutschen Supermarktkette für 19 Euro, also rund 12 Prozent teurer, erbeuten kann. Bei anderen Anbietern war das Messerset hingegen für nur 12 Euro im Angebot. Ein echtes Schnäppchen sieht anders aus. Fairerweise muss das aber natürlich nicht für alle Waren gelten, wie ein Beitrag von „Mystery Box“ auf Instagram zeigen möchte. In dem Video halten Kunden fröhlich ihre Ausbeute in die Kamera, darunter Kopfhörer, Smartwatches oder ein Apple Pencil.
Aber nicht bei allen ist die Begeisterung groß. Sichtlich enttäuscht versucht ein Jugendlicher, das zuvor ausgepackte Messerset umzutauschen. Eingeschnappt verlässt er wenig später den Laden, denn ein Umtausch ist ausgeschlossen. Geschenke auspacken ist immer ein aufregendes, aber auch riskantes Erlebnis. Eine „Mystery Box“ ist in gewisser Weise wie eine moderne Wundertüte — nur teurer. Manchmal hat man Glück, manchmal hat man Pech. Wenn man sein Geld investiert und nichts dafür bekommt, das einem gefällt, kann das ganz schön frustrierend sein.