Um einen „unlauteren Wettbewerb“ zu verhindern, forderten Taxifahrerinnen und Taxifahrer in Köln einen Mindestpreis für Fahrdienstvermittler.
TaxibrancheDemo gegen „Preisdumping“ von Uber & Co. - Autokorso in der Kölner Innenstadt
Ohrenbetäubende Trillerpfeifen erklingen neben dem Maritimhotel. Protestierende der Taxibranche pressen ihre Demo-Schilder teils direkt an die Fensterscheiben, hinter denen die Verkehrsministerkonferenz tagt. Organisiert hat den Protest am Donnerstagvormittag die Genossenschaft Taxiruf Köln. Die Forderung ist klar: Fahrdienstvermittler wie Uber sollen sich an Mindestpreise halten müssen, damit faire Wettbewerbsbedingungen für Taxiunternehmen entstehen. Mehrere hundert Taxis sammelten sich parallel in der Deutzer Werft, um gegen Mittag zu einem lautstark hupenden Korso durch die Innenstadt aufzubrechen. Die rund 150 Protestierenden zu Fuß kamen auf dem Heumarkt zu einer Kundgebung zusammen. Europaabgeordneter Dennis Radtke (CDU) zeigte sich auf der Bühne solidarisch.
„Wir sind einem unlauteren Wettbewerb ausgesetzt“, erklärt Aleksandar Dragicevic aus dem Vorstand von Taxiruf Köln. „Wir haben große Nachteile, weil wir uns an Gesetze halten müssen.“ Zwar unterliegen Taxis und Uber dem Personenbeförderungsgesetz, jedoch gehören nur Taxis zum öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Als Teil der Grundversorgung haben sie Betriebs-, Beförderungs-, und Tarifpflicht. Für Vermittlungsdienste wie Uber gelten diese Pflichten nicht. Mittlerweile machen auch Anbieter wie Free Now oder Bolt den Taxis Konkurrenz.
Taxis müssen immer zur Verfügung stehen, die Fahrt darf nicht einfach so abgesagt werden und muss zu einem verlässlichen Preis stattfinden. Dass Fahrten wie aus heiterem Himmel gestrichen werden, ist bei Uber & Co. kein Einzelfall. Außerdem können die Preise für Fahrten bei den Unternehmen je nach Nachfrage extrem in die Höhe schießen.
„Wir können nicht mit dem Preis spielen wie die Konkurrenz“, erklärt Dragicevic. „Bei schwacher Nachfragen unterbietet Uber uns um mindestens 50 Prozent. Bei hoher Nachfrage zahlen Kundinnen und Kunden 300 Prozent mehr als im Taxitarif, manchmal sogar mehr.“ Was dann für eine Fahrt verlangt wird, beschreibt der Sprecher als „abenteuerliche Preise“.
„Seit Uber in Köln ist, habe ich sehr große Verluste gemacht“, erklärt der Taxifahrer Mehdi Alizadeh. Er arbeitet seit 32 Jahren in seinem Beruf. Die Existenz vieler Menschen sei durch die Fahrdienstvermittler bedroht: „Allein bei Taxiruf Köln sind 3.000 Fahrerinnen und Fahrer angemeldet - und die Leute haben alle Familie“, sagt er.
Taxibranche fordert Mindestpreise für Uber & Co.
Laut Taxiruf Köln gibt es seit einer Erneuerung des Personenbeförderungsgesetzes im Jahr 2012 die Möglichkeit für Behörden neben Vorgaben für Taxitarife auch Mindestbeförderungsentgelte für Mietwagen von Uber & Co. zu bestimmen. Die Verantwortung dafür liege bei den Kommunen. „Städte können Mindestpreise machen, das steht schwarz auf weiß im Gesetz“, appelliert der Geschäftsführer vom Bundesverband Taxi und Mietwagen, Michael Oppermann. Vorbild ist für die Taxibranche die Stadt Leipzig, die bereits Mindestpreise festgelegt hat.
Uber verfolgt laut Oppermann ein bestimmtes Ziel, dass sich schon auf Märkten anderer Länder beobachten lasse. „Mit Dumpingpreisen töten sie erst das Taxi. Und wenn das Taxi tot ist, wird der Preis auf für die Fahrgäste erhöht“, sagt Oppermann.
Uber selbst weist den Vorwurf, schuld an einem unfairen Wettbewerb zu sein, von sich: „Taxis sind fast überall in einer tiefen Krise, auch in Städten, in denen Uber gar nicht aktiv ist“, teilt ein Sprecher mit. Der Ruf nach mehr Regulierung sorge nicht für eine Verbesserung der Situation, sondern schade allen. Das Unternehmen verweist als positives Beispiel auf München, wo mit Taxi-Festpreisen gearbeitet wird. Dabei wird das Taxameter nach einer Preisvereinbarung mit Fahrerin oder Fahrer ausgestellt, um die Taxi-Preise zu senken.
Vorwurf Sozialversicherungsbetrug
Doch wie schaffen Uber & Co. es so günstige Fahrten anzubieten? „Das Erfolgsgeheimnis ist ganz einfach: Sozialdumping“, sagt Oppermann. Dabei führen niedrige Sozialstandards zu Kostenvorteilen für ein Unternehmen. „Wenn ich den Fahrer nicht bezahle oder keine Sozialleistung bezahle, kann ich natürlich Taxitarife unterbieten“, erklärt er. Dragicevic wirft Uber „massiven Sozialversicherungsbetrug“ vor. Das bestätige auch eine ARD-Recherche. Von dem, was Fahrerinnen und Fahrer verdienen, würden sie nicht leben können. Die meisten müssten deshalb zusätzlich staatliche Unterstützung beziehen. „Von den Fahrten profitiert nur Uber, nicht die Fahrerinnen und Fahrer“, sagt Dragicevic.
Wie funktioniert Uber?
Uber versteht sich nicht als Beförderer, sondern als Vermittler von Fahrten. Wer bei für Uber fährt, ist nicht beim Unternehmen selbst, sondern bei einzelnen Mietwagenfirmen angestellt. Mit Bezahlung und Versicherung der Fahrer hat Uber selbst also nichts zu tun. Uber ist seit 2019 in Köln und seit 2017 in Deutschland vertreten.