Beten ohne bellenStiller Gottesdienst mit Tiersegnung in St. Agnes

Leibhaftig anwesend: viele Hunde. Mehr als 20 sind gekommen.
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Köln – Lea scheint es in der Kirche nicht ganz geheuer. Schüchtern schmiegt sich die schwarz-weiße Havaneser-Hündin in den Arm von Mattia. Der Achtjährige streichelt das wuschelige kleine Fellknäuel und beruhigt es. „Mattia und Lea sind wie Geschwister“, erklärt Mutter Concetta Scardina. Das Trio sitzt in der Kirchenbank von St. Agnes. Denn Lea gehört zu den zahlreichen Vierbeinern, die beim Tiergottesdienst am Sonntag gesegnet wurden. Bereits zum zweiten Mal lud Pastoralreferent Peter Otten zu dem ungewöhnlichen Gottesdienst. Mit Erfolg.Die Kirche, in der wegen der Corona-Abstandregeln viele Plätze unbesetzt bleiben müssen, ist gut gefüllt. Gut einhundert Gläubige sind da. Viele Kinder haben ihre Kuscheltiere mitgebracht. Nicht wenige tragen Fotos ihrer Katzen, Hamster, Hasen oder Vögel. Leibhaftig anwesend: viele Hunde. Mehr als 20 sind gekommen. Es sind große und kleine, junge und alte. Interessiert schnüffelnd trippeln sie an ihren Leinen in die Kirche. Für die meisten von ihnen ist es eine Premiere.
Segen für tierischen Freunde
Margarete Koss hat ihrem Beagle Jake zur Feier des Tages eine rote Schleife ans Halsband gebunden. Es harmoniert mit ihrem eigenen roten Kopfschmuck. Jake zieht ein wenig an der Leine als er seine Hundefreundin Coco entdeckt. Doch dann benimmt er sich vorbildlich und folgt dem Beispiel von Jagdhündin Venja. Sie liegt entspannt vor ihm auf dem Boden und beäugt eine massige Bulldogge.
Tiersegnungen
Franz von Assisi, der heilige Franziskus, gilt als der Schutzpatron der Tiere. Ihm war die Wertschätzung der Schöpfung und der Umgang mit den Mitgeschöpfen ein besonderes Anliegen. Selbst die Vögel sollen ihn verstanden haben.Der Festtag zu Ehren des heiligen Franziskus ist in der katholischen Kirche der 4. Oktober. Um diesen Zeitpunkt herum finden häufig Tiersegnungen statt. Die Tradition ist jedoch nicht mehr sehr lebendig.In St. Agnes ist die Tradition der Tiersegnung im vergangenen Jahr wieder aufgenommen worden und fand Zuspruch. Auch im kommenden Jahr wird am ersten Sonntag im Oktober ein Tiergottesdienst mit Segnung in der Agneskirche im Kölner Norden stattfinden. (dha)
Auch ein Meerschweinchen ist da. Poldi mümmelt im Käfig eine Möhre, während der Rest der Familie der Messe folgt. Die ist überraschend friedlich und ruhig. Kaum einmal ertönt ein Bellen. Lediglich als Klaus Nelißen, der mit Gesang und Pianospiel die Messe untermalt, in die Tasten haut, unterstreicht Pudeldame Greta das mit einem kräftigen „Wuff“.
Bemerkenswerte Stille
Bemerkenswert: Kein anderer Hund stimmt ein. „Wer seinen Hund mit in die Kirche bringt, hat ihn im Griff“, weiß Otten. Doch nicht nur im Griff haben die Menschen ihre Tiere, vor allem haben sie die Vierbeiner in ihr Herz geschlossen. Deshalb ist es ihnen ein Anliegen, sie segnen zu lassen. „Eddy gehört zu unserem Leben und uns ist wichtig, dass wir auch das religiöse Leben mit ihm teilen“, sagt Dieter Trimborn über seinen Harlekinpudel.
Während Eddy und Familie in der Nähe der Agneskirche wohnen, ist das Ehepaar Kraus mit dem Mischlingsrüden Trato extra aus Kerpen angereist. „Wir sind hier, weil wir gläubig sind und wollen, dass auch unsere Tiere einen Segen bekommen“, erklärt Daria Kraus. Damit es keinen Zoff gibt in der Kirche, sind die beiden Katzen nur per Foto dabei.Dass Subsidiar Klaus Bussmann, der die Messe hält, das Kerpener Ehepaar vor Jahren in der Agnes-Kirche getraut hat, macht Daria Kraus „richtig Gänsehaut“. Es passe einfach perfekt. Gut passt auch das Evangelium von der Hochzeitsfeier des Königs, bei der ein Gast kein Hochzeitsgewand trägt.
„Die Welt soll lebendig sein“
„Tiere haben immer ihr Hochzeitsgewand an“, führt Otten aus. Als Hundebesitzer weiß er, welche Bedeutung Vierbeiner für Menschen haben können. „Tiere sagen etwas von der Güte Gottes aus. Tiere sagen: Die Welt soll lebendig sein“, predigt der Pastoralreferent – und wünscht den Gemeindemitgliedern, dass sie die Liebe, die sie durch ein Tier erfahren, weitertragen können.
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In der Tat herrscht eine ganz besonders liebevolle und andächtige Stimmung. Wohl selten dürfte während einer Messe so viel gekrault, gestreichelt oder gekuschelt worden sein. Das liegt auch daran, dass viele Kinder ihre heiß geliebten Kuscheltiere mitgebracht haben. „Das sind mein Schaf Mäh und meine Schildkröte Bobby“, erklärt ein Mädchen. Zwei Vierjährige schleppen sich mit einem Löwen und einem Pinguin ab, die fast halb so groß sind wie sie selbst.
Auf den Bänken sitzen Affen, Giraffen, Teddys und bunte Fantasiekreaturen. Sie alle erhalten am Ende der Messe einen Segen als Pfarrer Klaus Bussmann durch die Reihen geht und Weihwasser sprenkelt. Draußen vor der Kirche dann begrüßen sich Mensch und Tier freudig. Pudel Eddy schnüffelt interessiert an Lea. Und die ist auch gar nicht mehr schüchtern, sondern springt – frisch gesegnet – schwanzwedelnd in die Luft.