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Tiefgarage in KölnGutachten sieht Einsturzgefahr im Parkhaus Groß St. Martin

Lesezeit 5 Minuten
Stahlrohre sollen die maroden Unterzüge in der Tiefgarage Groß St. Martin abstützen.

Stahlrohre sollen die maroden Unterzüge in der Tiefgarage Groß St. Martin abstützen.

Die Tiefgarage Groß St. Martin in Köln weist massive Schäden auf, die seit Jahren bekannt sind. Gemacht wurde bislang nur wenig.

Abgeplatzter Beton, von Rost zerfressener Bewehrungsstahl, Risse in den Wänden und auf dem Boden sammeln sich nach Regenfällen große Wasserlachen – die Tiefgarage Groß St. Martin ist in die Jahre gekommen. Inzwischen sind die Mängel so groß, dass sogar Einsturzgefahr droht.

Nach Rundschau-Informationen hat die Stadt Köln als Teileigentümerin der Tiefgarage bereits Ende Oktober an zwei neuralgischen Stellen insgesamt 96 Baustützen aus Stahl aufstellen lassen, um besonders gefährdete Bereiche abzustützen. Betroffen sind zwei so genannte Unterzüge aus Stahlbeton. Einer davon befindet sich im ersten Untergeschoss der Tiefgarage, der andere genau darunter im zweiten Untergeschoss. Es handelt sich um Entlastungsträger unter den Geschossdecken, die die Last dieser Decken aufnehmen.

Parkhaus Groß St. Martin: Es bröckelt und ist feucht

Dass hier etwas im Argen liegt, sieht jeder Laie auf Anhieb. Der Beton bröckelt, der Bewehrungsstahl ist teils bis zur Unkenntlichkeit korrodiert. Offensichtlich dringt hier schon seit Jahren Wasser in die Tiefgarage ein. Denn es wurden eigens Bleche und Rinnen aus Metall montiert, um Regenwasser aufzufangen und abzuleiten. An einigen Stellen hat man sogar Bleche unter die Decke geschraubt, um die darunter parkenden Autos vor Beschädigungen durch Schmutzwasser und herabfallende Betonteilchen zu schützen.

Rost ohne Ende, bröckelnder Beton: Teile der Tiefgarage weisen massive Schäden auf.

Rost ohne Ende, bröckelnder Beton: Teile der Tiefgarage weisen massive Schäden auf.

Auf Anfrage der Rundschau räumt die Stadt die statischen Mängel ein. Das Liegenschaftsamt teilt im besten Amtsdeutsch mit: „Durch eine Überprüfung des Tiefgaragenkomplexes durch einen staatlich anerkannten Sachverständigen im Herbst 2024 für die Prüfung der Standsicherheit ergab sich die Notwendigkeit der Abstützung eines Unterzuges auf beiden Tiefgaragenebenen, um die Standsicherheit weiterhin zu gewährleisten. Die Überprüfung durch den Sachverständigen wurde von der Stadt Köln eingeleitet. Die Maßnahmen wurden unverzüglich umgesetzt.“

Mehrere Häuser stehen auf der Tiefgarage

Über der Tiefgarage, die 1976 errichtet wurde, stehen mehrere Wohngebäude. Der schadhafte Bereich, der mit Stahlstützen gesichert wurde, befindet sich direkt unter dem Durchgang zwischen den Häusern Nummer 5 und 6 in dem Wohnkomplex „An Groß St. Martin“. Einige Anwohner machen sich wegen der Schäden große Sorgen. „Man weiß ja nicht, ob man in seiner Wohnung jetzt noch sicher ist“, betont ein Mitglied der Eigentümergemeinschaft. Im Sommer schalteten Anwohner die Bauaufsicht und den vorbeugenden Brandschutz ein, die im August eine Begehung durchführten.

Die Einfahrt zur Tiefgarage neben dem Hotel Mondial.

Die Einfahrt zur Tiefgarage neben dem Hotel Mondial.

Auf die Frage, ob für die Tiefgarage und die darüber befindlichen Wohngebäude Einsturzgefahr besteht, erklärte das Liegenschaftsamt: Laut Stellungnahme des Sachverständigen sei „die Standsicherheit unter Berücksichtigung der Abstützungsmaßnahme gegeben. Die daraufhin durch die Stadt Köln erfolgte Abstützung der zwei Unterzüge wurde vom Sachverständigen anschließend überprüft mit dem Ergebnis, dass die Abstützungsmaßnahme gemäß der gutachterlichen Stellungnahme ausgeführt ist.“

Schäden an der Tiefgarage sind der Stadt seit 14 Jahren bekannt

In dem Gutachten des Ingenieurbüros Henneker Zillinger aus Bonn vom 4. Oktober 2024, das der Rundschau vorliegt, heißt es unter anderem: „Die Stahlbetonbauteile (Decken, Unterzüge, Stützen und Wände) weisen insbesondere im Bereich der Gebäudefugen zum Teil durchfeuchtete Bereiche, Betonabplatzungen und freiliegende korrodierte Bewehrung auf.“ Beim Abklopfen der Konsolen an den Unterzügen „klangen diese im Randbereich teilweise hohl, und Betonteile konnten entlang von vorhandenen Rissen gelöst werden“. Die Standsicherheit der Unterzüge könne „aufgrund der vorhandenen Schädigungen im Bereich der Konsolen nicht vollumfänglich bescheinigt werden“. Sie seien daher „umgehend“ abzustützen – was die Stadt dann auch binnen vier Wochen tat. Mit dieser Maßnahme sei die Standsicherheit der Tiefgarage „zum aktuellen Zeitpunkt augenscheinlich gegeben“, so die Gutachter.

Die Schäden sind der Stadt schon seit 14 Jahren bekannt, trotzdem unternahm sie bisher nur wenig. Bereits 2011 ergab ein Gutachten, dass eine Betonsanierung erforderlich ist und die gesamte Oberfläche der Tiefgarage, die direkt an die romanische Kirche Groß St. Martin grenzt, neu abgedichtet werden muss.

Komplizierte Eigentumsverhältnisse

Kompliziert wird es dadurch, dass der Bau mehreren Parteien gehört – der Stadt Köln, dem Erzbistum Köln sowie der Gemeinschaft der Wohnungs- und Teileigentümer der Wohnanlage Groß St. Martin, die dort private Stellplätze haben. Die Firma Contipark betreibt hier ein öffentliches Parkhaus mit 213 Plätzen, sie hat die Flächen von der Stadt gemietet. Die Wohnungseigentümer hatten der Sanierung und Kostenbeteiligung bereits 2011 zugestimmt. Umgesetzt wurde von der Stadt seitdem aber nur eine Abdichtung der Tiefgaragendecke „in Form einer Fugenabdichtung“ in den Jahren 2014/2015, so das Liegenschaftsamt.

Tiefgarage Gr St Martin

Stützen in der Tiefgarage

Es räumt ein: „Diese Maßnahme führte nicht in allen Teilen der Tiefgarage zum Erfolg.“ Danach verging erneut viel Zeit, ehe die Stadt Köln 2017 erneut einen Gutachter einschaltete – besagtes Ingenieurbüro aus Bonn. Es legte danach erst am 3. November 2020 ein Konzept zur Instandsetzung der Tiefgarage vor. Doch auch danach tat sich nichts.

Korrosionsgefahr der Bewehrung seit 2017 erheblich gestiegen

Besonders pikant: Laut dem Gutachten vom 4. Oktober 2024 wurde bei der Bauwerksuntersuchung 2017 „die Bodenbeschichtung und die Beschichtung im Sockelbereich von Stützen und Wänden großflächig entfernt. Ein Schutz der Bauteile vor Eindringen von Chloriden wurde nicht wieder aufgebracht.“

Demnach sind seit acht Jahren „der Eintrag von Chloriden und Feuchtigkeit in den Beton stark begünstigt“. Daher sei die Korrosionsgefährdung der Bewehrung „erheblich angestiegen“ und „die Dauerhaftigkeit der Tiefgarage erheblich eingeschränkt“, so die Sachverständigen. Angesichts des schlechten Bauwerkszustands empfehlen sie jetzt eine statische Begehung alle sechs Monate, die nächste solle im Frühjahr 2025 stattfinden. Ihr Fazit: „Die Instandsetzungsplanung sollte umgehend begonnen werden und die Sanierung der gesamten Tiefgarage kurzfristig erfolgen.“

Wann dies der Fall sein wird, konnte die Stadt auf Anfrage nicht sagen. Sie erklärte nur: „Notwendige Arbeiten werden derzeit vorbereitet.“

Der Fall erinnert an die Betonsanierung in der Tiefgarage unter der Domplatte. Hier wusste die Stadt seit 2016 von gravierenden Mängeln, ein Jahr später lag ein Sachverständigenbericht vor, der eine teils erhebliche Korrosion an Bewehrungsstählen feststellte. Dieses Gutachten ließ die Verwaltung fünf Jahre liegen. Erst im Sommer 2022 veranlasste sie eine Dringlichkeitsentscheidung des Stadtrats mit der Begründung, dass „ein Aufschub der Sanierung aufgrund des Schädigungsgrades nicht vertretbar ist“.

Die plötzliche Eile war wohl durch die laufende Generalsanierung des benachbarten Dom-Hotels motiviert, das 2023 eine unterirdische Zufahrt durch die Tiefgarage zu der Luxusherberge erhielt.