Fassade und Dach von Groß St. Martin müssen mit Millionenaufwand saniert werden. Daher hat das Erzbistum kein Geld für die geplante neue Vorhalle - sehr zum Bedauern des Fördervereins Romanische Kirchen.
Schäden per Drohne entdecktGroß St. Martin in Köln muss jahrelang saniert werden
Diese Buchpräsentation hatte sich Helmut Loggen ganz anders vorgestellt. Als der Vorsitzende des Fördervereins Romanische Kirchen in Groß St. Martin das neue Jahrbuch „Colonia Romanica 38“ vorstellte, wollte er eigentlich über die Grundsteinlegung für eine neue Vorhalle sprechen. Seit 2017 hatte sich der Verein unter dem früheren Vorsitzenden Helmut Haumann dafür eingesetzt, dass die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Vorhalle vor dem Westportal der Kirche wieder aufgebaut wird. Nicht als Rekonstruktion der historischen Bausubstanz, sondern als moderne Interpretation, die sich mit den Materialien Tuffstein und Schiefer aber nah am romanischen Original orientiert.
600.000 Euro hatte der Verein als Unterstützung für den rund zwei Millionen Euro teuren Bau zugesagt. Doch am 8. November hatte das Erzbistum Köln als Eigentümer von Groß St. Martin das Projekt überraschend abgesagt. Schieferdach und Natursteinfassade der Kirche müssten dringend saniert werden, was mehrere Jahre dauern und einen „höheren Millionenbetrag“ kosten werde. Daher könne man die Vorhalle nicht realisieren.
„Wir als Förderverein bedauern das außerordentlich“, betonte Loggen. Man sei „von dem architektonischen Entwurf und auch von der pastoralen Notwendigkeit zur Schaffung einer neuen Eingangssituation überzeugt. Dennoch können wir uns den plausiblen Gründen des Erzbistums nicht entziehen.“ Nun lege man eine Publikation vor „zu einer Baumaßnahme, die nicht umgesetzt wird“. Denn drei der sieben Beiträge im Jahrbuch drehen sich um die Vorhalle. So gibt der ehemalige Diözesanbaumeister Martin Struck einen Überblick über ihre Planung und Gestaltung und beschreibt, so Loggen, „warum die Eingangssituation hier in Groß St. Martin, gelinde gesagt, suboptimal ist“. Das große Hauptportal der Kirche im Westen wird nur zu besonderen Anlässen geöffnet, der Zugang erfolgt über eine kleine Tür an der Südseite des Langhauses, die selbst Einheimische nicht auf Anhieb finden, von Touristen ganz zu schweigen.
Groß St. Martin in Köln: Netze sollen angebracht werden
In seinem Beitrag stellt Struck die Ergebnisse des Architektenwettbewerbs für die Vorhalle vor, der von Duda Architekten gewonnen wurde. Anna Pawlik und Stadtkonservator Thomas Werner widmen sich der historischen Vorhalle, die erstmals um 1240/50 nachweisbar ist, im 19. Jahrhundert umgestaltet wurde und am 2. März 1945 einem der letzten Luftangriffe auf Köln zum Opfer fiel.
Der Sanierungsbedarf an Groß St. Martin ist offenbar so groß, dass das Erzbistum laut Loggen in Kürze Netze an Teilen der Fassade anbringen lassen will, weil Steine sich lösen und herabfallen könnten. Für die Sanierung muss die Kirche eingerüstet werden. Das wird das Altstadtpanorama an dieser prominenten Stelle jahrelang prägen.
Wann die Arbeiten beginnen, konnte das Erzbistum auf Anfrage nicht sagen. Ein Sprecher erklärte: „Aufgrund der Lage der Kirche wurden in den vergangenen Jahren turnusmäßige Steigerbefahrungen der Fassade durchgeführt. Bei einem Drohnenflug im Herbst dieses Jahres wurden dabei Schäden an der Natursteinfassade und Sturmschäden an den exponierten Dächern festgestellt. Erste Sicherungsmaßnahmen wurden entsprechend kurzfristig veranlasst. In den kommenden Monaten folgen umfangreiche Voruntersuchungen durch Sachverständige und Fachfirmen, um die notwendigen Maßnahmen zusammenzutragen und dann mit den zuständigen Fachbehörden abstimmen zu können.“ Bei der Planung spiele auch die Lage der Kirche in der engen Bebauung des Martinsviertels mit teils direkt anschließenden Anbauten eine wichtige Rolle. „Über die Planungen und die Durchführung von Maßnahmen wird das Erzbistum Köln weiter informieren“, so der Sprecher.
Verein will Förderung künftig breiter aufstellen
Loggen sagte, Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki habe ihm vorige Woche dargelegt, dass die Vorhalle nicht gebaut werde. „Wir hatten vom Förderverein keine Möglichkeit, die Entscheidung noch einmal positiv zu beeinflussen. Selbst wenn wir gesagt hätten, wir legen 200.000 Euro drauf, wäre es nicht anders gekommen.“ Das sei kein einsamer Entschluss des Erzbischofs gewesen, sondern eine gemeinsame Entscheidung auf verschiedenen Ebenen des Bistums. Vielleicht würden nachfolgende Generationen das Thema noch einmal aufgreifen.
Für die Vorhalle hatte der Förderverein Rücklagen gebildet. Die müsse man aus steuerlichen Gründen wieder auflösen, da der Zweck nicht mehr existiere, so Loggen. Das Geld soll anderen Projekten zu Gute kommen. Künftig wolle der Verein seine Förderpolitik umstellen und die romanischen Kirchen mehr in der Breite unterstützen, statt auf wenige Leuchtturmprojekte zu setzen.
Weitere Beiträge im Jahrbuch widmen sich der Geschichte der Abtei Brauweiler, der 1817 abgerissenen Stiftskirche St. Maria ad Gradus, die sich einst neben dem Dom befand, der Rolle Kölner Kunstsammler wie Ferdinand Franz Wallraf als Aufkäufer mittelalterlicher Tafelbilder während der Franzosenzeit sowie dem vergoldeten Sockel eines Reliquienkreuzes aus St. Severin in Form eines Pelikans.
Colonia Romanica, Jahrbuch des Fördervereins Romanische Kirchen Köln, Band 38, 112 Seiten, Bachem Verlag, ist für 19,95 Euro im Buchhandel erhältlich.