ArmutsrisikoAnlaufstelle in der Kölner Südstadt hilft Alleinerziehenden
Innenstadt – Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 43 Prozent aller Ein-Eltern-Familien gelten laut einer Bertelsmann-Studie als arm. Bei Paar-Familien stecken neun Prozent in finanziellen Schwierigkeiten. Während der sogenannten „Armutswochen“, zu denen die bundesweite Caritas aufruft, macht auch die Zentrale (Zentrum für alleinerziehende Eltern) darauf aufmerksam, dass Alleinerziehende ein sehr hohes Armutsrisiko tragen.
An den Fensterscheiben des ehemaligen Ladenlokals, in dem die Zentrale gegenüber der Severinskirche untergebracht ist, kleben Zettel, auf die Menschen ihre Gedanken zum Thema Armut geschrieben haben.
Keine Mitsprache, keine Privilegien
„Armut: Keine Privilegien zu haben und keine Mitsprache“, hat die 22-jährige Nayra notiert. „Armut bedeutet keine Teilhabe. Im globalen Kontext keine Lebensgrundlage“, lautet die Bestandsaufnahme von Mia (33). „Wir haben Passanten angesprochen und natürlich die Alleinerziehenden, die hier beraten werden“, erzählt Tanja Vogt, Leiterin der Zentrale. Darüber hinaus habe man in den sozialen Medien auf die Armutswochen und die Aktion der Zentrale aufmerksam gemacht. Träger der Einrichtung sind der Caritasverband für Köln und InVia. Förderer sind der Europäische Sozialfonds und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Die Räume der ehemaligen Druckerei an der Severinstraße sind großzügig. Im Erdgeschoss sind das Café und die Kinderbetreuung untergebracht, im Obergeschoss die Büro- und Beratungsräume. Ein kleiner Hinterhof wurde bepflanzt.
Tanja Vogt leitet die Einrichtung und berichtet aus dem Alltag. „Alleinerziehende haben hier in gemütlicher Atmosphäre die Möglichkeit zum Austausch. Wir bieten auch die vorübergehende Betreuung der Kinder an.“ Die Mitarbeiter der Zentrale beraten bei Problemen, die speziell Alleinerziehende haben. Beispielsweise bei der Suche nach einem Arbeitsplatz, Schulden, Streit wegen der Trennung und Probleme bei der Wohnungssuche. Das Team ist multiprofessionell.
Vermittlung in Arbeit
Pädagogen, Psychologen und Erzieher arbeiten hier eng zusammen, um die Alleinerziehenden zu unterstützen. Und sie vermitteln Kontakte etwa zur Schuldnerberatung, zur Familienberatung oder zu Experten im Aufenthaltsrecht. Die Vermittlung in Arbeit ist besonders wichtig. „Viele Chefs wissen nicht, was für ausgezeichnete Organisationstalente Alleinerziehende sind. Die müssen schließlich mit allen Widrigkeiten des Alltags allein klar kommen,“ verweist Tanja Vogt auf die besondere Qualifikation ihrer Klienten. „Es gibt viele gute Beratungsangebote in Köln“, weiß sie. „Diese versuchen wir zu identifizieren, um Synergie-Effekte zu schaffen. Wir verstehen uns als Lotsenstelle.“
Klamottenbörse und Café
Manchem sei schon entscheidend geholfen, „wenn man die Dinge einfach mal sortiert und auf den Weg bringt“. Neben den Beratungsleistungen gibt es weitere Angebote in der Zentrale, die die Alltagssituation der Alleinerziehenden verbessern. Tanja Vogt verweist etwa auf die Klamottentauschbörse, die sehr gut ankomme. Und auf das Nachmittagscafé, das nicht zuletzt der Vernetzung diene. „Viele Alleinerziehende ziehen sich zurück und haben wenige oder gar keine Kontakte“, sagt die Leiterin. „Der Austausch mit anderen ist oft der Startschuss, sich gegenseitig zu helfen.“
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Noch bis Dienstag, 30. November, sind in der Zentrale Fotos von Anne E. Stärk zu sehen. Gezeigt wird Street-Art-Fotografie zum Thema Armut. Die Zentrale, Severinstraße 39, ist geöffnet montags von 8.30 Uhr bis 17 Uhr und dienstags bis freitags von 10 Uhr bis 19 Uhr.