Welche Konsequenz Politik und Verwaltung aus der langen Liste der Großbauprojekte ziehen, ist auch neun Monate nach der Veröffentlichung nicht absehbar. Nun wagen die Fraktionen einen neuen Vorstoß.
Lange Liste, keine ResultateWarum die Kölner Politik bei Großprojekten keine Entscheidungen getroffen hat
Neun Monate ist es mittlerweile her, dass die Verwaltung der Stadt eine Übersichtsliste aller Großbauprojekte angefertigt und der Politik übergeben hat. Angesichts von Preissteigerungen und einer höheren Verschuldung der Stadt sollte „alles auf den Prüfstand“, hieß es im Oktober 2022. Entscheidungen für oder gegen Projekte gab es jedoch seit dem nicht. Was bringt die Liste dann überhaupt?
Ein kurzer Rückblick: Nachdem die Verwaltung im August den Doppelhaushalt für die Jahre 2023/24 bekannt gegeben hatte, wurden Forderungen nach Sparmaßnahmen laut. Denn die Stadt hatte mehr Schulden eingeplant. „Wir sparen nicht gegen die Krise an“, hatte Oberbürgermeisterin Henriette Reker damals gesagt.
RGM-Sanierung war einer der Auslöser für die Debatte
Nur rund vier Wochen später stellten die Dezernenten für Planen und Bauen, Markus Greitemann, und für Kultur, Stefan Charles, die neue Kostenprognose für die Sanierung des Römisch-Germanischen Museums vor: 91 Millionen Euro; mehr als doppelt so viel wie die erste Prognose vorgesehen hatte. Daraufhin forderte die Kölner SPD sogar ein Gremium zur Untersuchung der Kosten der Großprojekte.
Die Situation schaukelte sich hoch. Für die Stadt mittlerweile schmerzhafte Projekte wie die Instandsetzungen von Museen und auch die Generalsanierung der Zentralbibliothek offenbarten, dass der enorme Preisanstieg durch Pandemie und Ukraine-Krieg auch vor kommunalen Baustellen keinen Stopp macht. Und über allem thront die Horrorsanierung der Kölner Bühnen mit fast 700 Millionen Euro.
Also kam die Liste, mit 122 Posten, deren Budget inklusive Risikozuschlag zehn Millionen Euro übersteigt, und einem Gesamtwert von rund 7,7 Milliarden Euro. Doch mittlerweile fragen sich wohl einige Kölnerinnen und Kölner, was die Liste denn eigentlich bringen sollte? Denn seit sie der Politik vorliegt, hat diese zwar beraten und auch Rückfragen gestellt, aber eine Konsequenz oder eine Reaktion darauf hat es nicht gegeben.
Nun wagte die vierköpfige Fraktion von Volt vor der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses einen Vorstoß, und beantragte ein Fachgespräch. Parallel forderte die Fraktion „Die Linke“ per Antrag; „Konsequenzen aus der Liste der Großprojekte ziehen: Projekte streichen – Projekte priorisieren“ sowie einen „Kulturwandel bei der Planung und Realisierung von Großprojekten“.
Die Liberalen schlossen sich dem an: „Wir als FDP wären bereit, Dinge zu priorisieren, also auch Projekte in die nächste Legislaturperiode zu schieben. Manches müssen wir einfach später machen, oder sogar streichen“, erklärte Fraktionschef Ralph Sterck. Und forderte von den stärksten Fraktionen im Rat: „Dazu sollte auch das Bündnis in der Lage sein.“
Keine Luxusprojekte
Das Bündnis ist sich bei diesem Thema jedoch ziemlich einig. So sagt Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Lino Hammer: „Der Großteil der Liste ist nicht streichbar.“ CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau betonte erneut: „Wir haben keine Luxusprojekte.“ Beim Schulbau und Verkehrsmaßnahmen sei kein Ansatzpunkt für den Rotstift. Höchstens noch bei den Kulturbauten, doch auch da seien beim Thema Historische Mitte bereits Verpflichtungen eingegangen worden.
Doch was nützt dann die Liste? Petelkau: „Wir müssen jetzt die notwendigen Konsequenzen ziehen, damit die Liste schnell abgearbeitet werden kann.“ Als Reaktion sieht er beschleunigte Verfahren, wie zum Beispiel die Gründung der Schulbaugesellschaft, die eigenständig schneller neue Bauten für Bildungsstätten errichten soll.
Sanierungsstau ist groß
Lino Hammer hat noch eine andere Perspektive: „Die Verwaltung hat auf diese Weise klar gemacht, wie lang die Liste ist. Für mich ist das eher ein Zeichen, dass wir erst den Sanierungsstau abarbeiten müssen, bevor wir neue Ideen und neue Projekte noch oben drauf legen. Das gilt für die Politik, aber auch für die Verwaltung.“ Die Liste der Großprojekte als Mahnmal.
Dabei ging es bei der Liste gar nicht nur um das Geld und die Kostensteigerungen und Teuerungen. Denn die größte Rolle dabei spielt auch immer die Personalstärke der Verwaltung, die diese Projekte abarbeitet. So seien dem Vernehmen nach auch Punkte auf der Liste gewesen, die der Rat selbst gar nicht auf dem Schirm hatte, teilweise beschlossen in Ausschüssen. Und dass Ämter wie beispielsweise die Gebäudewirtschaft all diese Projekte personell gar nicht stemmen könnten, käme noch oben drauf. Trotz der langen Liste mit Budgets und Zeitplänen sei die Gemengelage deswegen unübersichtlich.
Dabei hatte Henriette Reker die Liste anfertigen lassen, „um unter anderem fundierte Entscheidungen über die Fortschreibung der Projekte im Gesamtzusammenhang treffen zu können.“ So stand es in der entsprechenden Vorlage. Und obwohl einige Stimmen aus der Politik auch die Erste Bürgerin in der Verantwortung sehen, sehen die meisten Ratsmitglieder die Politik in der Pflicht, das Handeln anzugehen. So erklärte Ralph Sterck: „Wir müssen das entscheiden. Wir können uns da nicht hinter der Oberbürgermeisterin verstecken.“
Christian Joisten wiederum sieht die Verwaltung weiterhin in der Bringschuld. Der SPD-Fraktionschef erklärt: „Es ist sehr ärgerlich, dass auch hier innerhalb eines Jahres nichts geschehen ist. ,Wenn's mal wieder länger dauert' scheint das Arbeitsmotto der Kölner Stadtverwaltung zu sein.“ Denn die Liste der Großbauprojekte müsse von der Verwaltung endlich so transparent aufgearbeitet werden, dass die ehrenamtlich tätigen Ratsmitglieder damit auch vernünftig arbeiten könnten. „Wir haben bereits vergangenen Sommer ein überparteilich und auch extern besetztes Gremium vorgeschlagen, um die Kölner Großbaudesaster zu untersuchen. Wenn sich nun auch Volt für ein solches Vorgehen erwärmen kann, freut uns das."