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Deutzer FreiheitSo geht es weiter nach dem gescheiterten Verkehrsversuch

Lesezeit 4 Minuten
Auf einem Parkstreifen stehen Holzkübel mit Blume und Sitzmöglichkeiten.

Stadtmöbel standen auf der Deutzer Freiheit

Es gab viel Streit um den Verkehrsversuch an der Deutzer Freiheit - und schließlich ein Gerichtsurteil, der das Projekt beendete. Und jetzt?

Die Deutzer Freiheit ist der Präzedenzfall. An dem Verkehrsversuch im Rechtsrheinischen wurde deutlich, so einfach lässt sich eine Geschäftsstraße nicht „autofrei“ gestalten. Über das Projekt geriet das Viertel hart in Streit. Das Klima wurde allgemein als vergiftet empfunden. Das gipfelte in einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Aus Reihen der Geschäftsleute und teils auch der Anwohner wurde gegen den Versuch geklagt. Und die Kläger bekamen vor Gericht recht. Mobilitätsdezernent Ascan Egerer brach den Verkehrsversuch mit dem Urteil ab. Er betonte aber: Der Versuch habe sowieso kurz vor dem Abschluss gestanden, sein Dezernat habe ausreichend Erfahrung und Daten aus dem Projekt gewinnen können. Nun hat die Verwaltung eine Auswertung vorgelegt – und benennt ihr weiteres Vorgehen. Egerer will mit den Deutzern „gemeinsam nach guten Lösungen suchen“.

Wie kam es zu dem Verkehrsversuch?

Die Idee einer autofreien Deutzer Freiheit wurde unter anderem durch eine Bürgerinitiative aufgebracht. Die Bezirksvertretung (BV) griff ihn auf. Bei der Umsetzung berief sich Mobilitätsdezernent Ascan Egerer auf den Beschluss der BV. Im Juni 2022 wurde die Geschäftsstraße Deutzer Freiheit umgestaltet. Im darauffolgenden Herbst wurde die Kritik der Gewerbetreibenden vor Ort lauter. Sie beklagten Umsatzeinbußen, die sie in der Verdrängung des Autoverkehrs begründet sahen. In der Folge verschlechtert sich das Klima zwischen Befürworten und Gegnern des Verkehrsversuchs zunehmend. Die Stadt führt Fachgespräche, später wird ein Veedelsbeirat eingerichtet. Bereits während des Versuchs wurde nachgesteuert, in Teilabschnitten wurde wieder Autoverkehr zugelassen. Es kommt zur Klage. Die Gegner gewinnen.

Wie hat sich der Autoverkehr verlagert?

In einer Reihe von Straßen rund um die Deutzer Freiheit kam es zu einer massiven Zunahme des Autoverkehrs. Das Mobilitätsdezernat hat vor, nach und während des Versuchs Daten erfasst. Das Ergebnis: Teil- und zeitweise gab es in Straßen wie der Karlstraße oder Tempelstraße bis zu 83 Prozent mehr Autoverkehr. Das hat sich im Grunde auch nicht verändert, als nachgesteuert und Autoverkehr teils wieder zugelassen wurde. Doch die Verwaltung relativiert: In absoluten Zahlen sei der Anstieg akzeptabel gewesen. „Insgesamt zeigen die Verkehrserhebungen einen positiven Effekt der Fußgängerzone Deutzer Freiheit auf die Verkehrsmengen im Quartier“, heißt es in der Erhebung. In Summe habe sich der Autoverkehr verringert. Bei Fahrzeugen über 2,8 Tonnen Gewicht allerdings – also vor allem beim Lieferverkehr – kam es zu keiner Reduzierung.

Wie hat sich der Radverkehr verändert?

Die „autofreie Deutzer Freiheit“ wurde eingeführt, damit auch der Fahrradverkehr gestärkt werde. Wie beim Autoverkehr hat das Dezernat auch den Radverkehr beobachtet. Jedoch, anders als beim Autoverkehr: „Die Daten deuten darauf hin, dass sich die Radverkehrsmengen vor und während des Verkehrsversuchs nicht signifikant verändert haben.“

Gab es eine höhere Verkehrssicherheit?

Das Verwaltungsgericht hat den Verkehrsversuch vor allem deshalb gekippt, weil die Stadt im Vorfeld nicht dargelegt habe, dass es auf der Deutzer Freiheit vermehrt zu Unfällen komme. Nur so sei die Herausnahme des Autoverkehrs aus einer Straße, die für den Autoverkehr gewidmet wurde, zu rechtfertigen. Die Stadt hat mit der Auswertung nachgeliefert. Dadurch wird deutlich, ein Unfallschwerpunkt war die Deutzer Freiheit nie. In der Zeit vor dem Versuch kam es im Schnitt zu fünf bis sechs Unfällen im Jahr. Bei rund der Hälfte waren Fußgänger und Radfahrer involviert. Dennoch macht das Dezernat einen positiven Effekt durch die Autofreiheit aus: Die Unfälle hätten sich in den rund zwei Jahren auf drei reduziert.

Wie geht es nun weiter auf der Deutzer Freiheit?

Im Grunde befindet sich Mobilitätsdezernent Egerer in einem Dilemma. Zurzeit ist die Verkehrsführung auf der Deutzer Freiheit wie vor dem Versuch. Soll das Projekt nicht vollständig verpuffen und die Befürworter ignoriert werden, müssen wieder Einschränkungen eingeführt werden. Durch die Umwidmung der Straße wäre das möglich, ohne nochmals juristische Folgen befürchten zu müssen. Doch wird der Verkehr wieder neu geordnet, würde wohl der alte Streit wieder aufflammen. Der Lösungsansatz: „Für die Akzeptanz der weiteren verkehrlichen Entwicklung der Deutzer Freiheit hält es die Verwaltung aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse für erforderlich, weitere Beteiligungsformate durchzuführen.“ Ascan Egerer will ein Mediationsverfahren in Gang setzen.