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Brüsseler PlatzRichterin geht mit Kölns Stadtverwaltung hart ins Gericht

Lesezeit 4 Minuten
Feiernde am Brüsseler Platz in Köln.

Feiernde am Brüsseler Platz in Köln.

Die Stadt Köln hat eine klare Niederlage vor Gericht eingesteckt. Die Stadt tue nachweislich zu wenig, um die Anwohner zu schützen, zehn Jahre sei hier nichts passiert, so die Richterin.

Müll, Lärm, schlaflose Anwohner: Im jahrelangen Streit um die Lärmbelästigung am Brüsseler Platz hat die Stadt Köln am Donnerstag eine klare Niederlage vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster hinnehmen müssen. Die Stadt tue nachweislich zu wenig, um die Anwohner zu schützen, stellte das Gericht fest. Die regelmäßige Lärmbelästigung sei gesundheitsgefährdend.

Die Vorsitzende Richterin Annette Kleinschnittger sparte in ihrer Urteilsbegründung nicht mit deutlichen Worten in Richtung der Stadt Köln. Diese müsse jetzt Verantwortung übernehmen und alle Möglichkeiten ausschöpfen. Die Lärmbelastung muss unter 60 Dezibel sinken. Die gemessenen Werte aus dem Sommer 2022 seien unzumutbar, sagte die Richterin weiter. Im Tenor sagte die Juristin, dass die Stadt die Bürger in dem Fall besser schützen müsse. „Partybesucher haben deutlich geringere Rechte als die Anwohner“, sagte die Richterin weiter. Und sie warf der Stadt vor: „Dort ist über zehn Jahre nichts passiert.“

Brüsseler Platz: Anwohner klagen gegen Stadt Köln

Mehrere Anwohner des Brüsseler Platzes hatten gegen Stadt geklagt. Sie werfen der Kommune vor, nicht genügend gegen die Lärmbelästigung besonders in den Nächten der wärmeren Jahreszeit zu tun. Der Platz im Belgischen Viertel zwischen Hohenzollernring und Grüngürtel ist seit vielen Jahren Streitthema. Das Verwaltungsgericht Köln hatte den Klägern in der ersten Instanz im Jahr 2018 Recht gegeben.

Die Stadt musste demnach sicherstellen, dass zwischen 22 und 6 Uhr die Lärmschutzvorschriften eingehalten werden. Gegen diese Entscheidung hat die Stadt Berufung eingelegt. Bedingt durch die Corona-Pandemie hat sich das Verfahren in die Länge gezogen. An dem Platz treffen sich regelmäßig bis zu 1000 Menschen. Lärm, Müll und Wildpinkler sorgen dabei für Ärger. Eine erste Klage stammt aus dem Jahr 2015.

Die Stadt vertritt die Auffassung, dass Verstöße wie lautes Grölen und Johlen, Straßenmusik mit Verstärkern, der Verkauf von Alkohol zu unzulässigen Zeiten oder noch geöffnete Außengastronomie in der Nacht durchaus geahndet werden. Außerdem handele es sich nicht um ein für Köln spezifisches Problem mit überlauter Partykultur, sondern um Kommunikationskultur, argumentierte die Stadtverwaltung vor dem Verwaltungsgericht.

Vor mehr als zehn Jahren starteten die ersten Maßnahmen zur Lärmbekämpfung am Brüsseler Platz. Im Laufe der Jahre waren das etliche. Hier eine Auswahl: Mitarbeiter des Ordnungsamtes sind zu später Stunde präsent, erst in gelben Westen, dann auch mal in zivil. Handzettel und große Plakate warben für die Einhaltung der Nachtruhe. Helle Scheinwerfer wurden installiert. Ein von der Stadt eingesetzter Moderator im Streit um die „Belagerung“ des Platzes glättete jahrelang die Wogen. Die ansässigen Kioske mussten früher schließen, und die Außengastronomie wurde ausgeweitet. Ein Urinal und ein Toilettencontainer wurden auf-, zwei Tischtennisplatten abgebaut. Alternativangebote wie das Kulturdeck am Aachener Weiher wurden eingerichtet.

Maßnahmen wirkten nur kurz

Einige dieser Maßnahmen wirkten nur kurz, andere gar nicht, manche werden noch heute umgesetzt. Nach wie vor zeigen Mitarbeitende des Ordnungsdienstes vor allem am Wochenende ihre Präsenz. „Präventiv setzt das Ordnungsamt auch sogenannte private Vermittlerinnen und Vermittler eines Dienstleisters ein, die sich vor Ort aufhaltende Personen ansprechen, über die Situation vor Ort aufklären und entsprechend laute Einzelpersonen und Gruppen um Ruhe bitten“, teilt die Stadt auf Nachfrage zu aktuellen Maßnahmen mit.

Die Vermittlerinnen und Vermittler kontaktieren die Mitarbeitenden des Ordnungsdienstes, wenn Störerinnen oder Störer keine Einsicht zeigen, heißt es. Die Maßnahmen halfen wenig. Besonders in den Sommermonate wird auf dem Platz kräftig gefeiert: Den Partygängern gefällt, die Anwohner finden keinen Schlaf.

Der Anwalt der Anwohner, Wolfram Sedlak spricht von einem „großen Erfolg“. „In dieser Deutlichkeit habe ich das Urteil nicht erwartet“, betont Sedlak weiter. Er werde überprüfen, ob die Stadt nun Verantwortung übernimmt, wie das Gericht vorgab. Ein Zeitrahmen für die vom Gericht vorgegebenen Maßnahmen habe die Richterin der Stadt nicht vorgegeben.

Das Presseamt der Stadt teilte auf Nachfrage der Rundschau mit: „Die Stadt Köln wird dieses Urteil ausführlich prüfen. Die Verwaltung bittet in diesem Zusammenhang um Verständnis, dass zuerst die schriftliche Urteilsbegründung abgewartet werden muss, ehe eine ausführliche Stellungnahme seitens der Stadt Köln erfolgen kann.“