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Emotionale EinblickeSo hat Marlene Dietrich die Kriegszeit erlebt – Neues Fotobuch in Köln vorgestellt

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Der Bildband „Marlene Dietrich an der Front“ begleitet den Weltstar bei Auftritten in Kriegsgebieten. (undatiertes Archivfoto)

Der Bildband „Marlene Dietrich an der Front“ begleitet den Weltstar bei Auftritten für Soldaten. (undatiertes Archivfoto)

Durch ein Telefonat mit Dietrich lernte Schauspielerin Ute Lemper den Star selbst kennen. Was die Filmikone bewegte, verriet sie bei der Vorstellung von „Marlene Dietrich an der Front“. 

Marlene Dietrich war eine Frau der Zukunft gewesen, da sie in sich Mut, Intelligenz, Stil, Emanzipation und Frechheit vereint hat. Zu Donald Trump würde sie heute sagen, steig von deinem hohen Ross herunter und hör auf mit dem Quatsch. So hat sie schon den russischen Präsidenten Gorbatschow angerufen, um ihn dazu zu bringen, mit seinen US-Kollegen Reagan zu reden, um den kalten Krieg zu beenden“, sagt die Sängerin und Schauspielerin Ute Lemper, die in Köln mit Autor Reiner Burger den Bildband „Marlene Dietrich an der Front“ vorgestellt hat.

Den in Paris lebenden Weltstar hat Lemper bei einem dreistündigen Telefonat 1987 persönlich kennengelernt. „Ich habe Marlene erstmals durch die großen Hollywoodfilme im Wohnzimmer meiner Familie gesehen. Mit ihrem Stil und ihrer Ästhetik hat sie Generationen von Künstlerinnen wie Marilyn Monroe oder Madonna inspiriert. Der Mensch stand bei ihr nicht im Vordergrund, sie hatte mit der Art, wie sie sich inszenierte, ein Kunstgeschöpf geschaffen. Ich wollte wissen, wer sie als Mensch wirklich war. Am Telefon hat sie mir ihre Geschichte erzählt“, berichtet Lemper, die aus dem Telefonat ihr aktuelles Bühnenprogramm „Rendezvous mit Marlene“ geschaffen hat.

Ein Satz ist der Frau, die heute selbst ein Weltstar ist, besonders in Erinnerung geblieben: „Die wollen mich nicht zurück, hat sie gesagt, mit Blick auf ihre von Protesten begleitete Rückkehr als Sängerin in der 60er Jahren nach Deutschland. Sie wollte zurück, aber so viel Hass konnte sie nicht ertragen. Sie hat auch gesagt, ich komme zurück nach Deutschland, nach dem Tod im Sarg.“

Dabei musste in Berlin auch noch 1992 nach ihrer Beerdigung in Berlin eine Feier ihr zu Ehren im Deutschen Theater wegen Neonaziprotesten abgesagt werden. Wegen Anwohnerprotesten wurde zudem auf die Benennung einer Straße nach Marlene Dietrich verzichtet. Erst zu ihrem 100. Geburtstag wendete sich das Blatt, so gibt es heute in Berlin doch noch einen Marlene-Dietrich-Platz. „Dabei wurde sie als Statussymbol für die neue Bundeshauptstadt benutzt. Sie selbst hat das nie erfahren, es gab keine Entschuldigung“, sagt Lemper.

Shows an der Front: Angst vor Bomben und Ratten

Im neuen Buch des FAZ-Journalisten und Historikers Reiner Burger geht es um eine frühere Rückkehr von Marlene Dietrich nach Deutschland. In den 1930er Jahren war sie in die USA emigriert, wo sie 1939 auch die US-Staatsbürgerschaft angenommen hatte. Erst im November 1944 kehrte der Superstar als Teil der Crew von Künstlern der United Service Organizations zurück, um bei der Truppenbetreuung mit Showauftritten die Moral der US-Soldaten zu stärken.

In Stolberg bei Aachen traf Marlene Dietrich Ende November für einen Auftritt in der Schauburg ein und war so kurz nach der Befreiung der Region der Front ganz nahe gekommen. Sie lebte in der Angst vor Bomben, aber auch vor Ratten, die in den Baracken hausten, wo die Künstler untergebracht waren. Auch hier inszenierte die Dietrich ihre Kunstfigur, war sich aber auch nicht zu schade zu putzen oder Verwundete zu besuchen.

„Marlene Dietrich war unglaublich hungrig nach Leben. Sie hat sich eingemischt und sich auch bewusst extremen Situationen wie dem Krieg ausgesetzt. Das Leben auf Messerschneide war das, was sie am meisten erfüllt hat. Damit hatte sie wirklich eine Bedeutung in ihrem Leben gefunden“, sagt Lemper.

Reiner Burger: Marlene Dietrich an der Front, Greven-Verlag, 162 Seiten, 38 Euro