Im Iran verboten, in aller Welt ausgezeichnetFilm „Ein kleines Stück vom Kuchen“ feiert Premiere in Köln

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Die im Iran geborene Kurdin Neda Paiabandi  und die iranstämmigen Gynäkologin Mitra Sarvestani (v.l.), Mitglied der  der deutsch-iranischen Ärztevereinigung „ParsiMed", diskutierten im Odeon mit dem Publikum.

Die im Iran geborene Kurdin Neda Paiabandi und die iranstämmigen Gynäkologin Mitra Sarvestani (v.l.), Mitglied der der deutsch-iranischen Ärztevereinigung „ParsiMed", diskutierten im Odeon mit dem Publikum.

Der Film über ein Land, in dem Frauen kein selbst bestimmtes Leben  führen können, rührte sein Publikum.    

Wer durch die angesagten Kölner Veedel Südstadt, Ehrenfeld und das Belgische Viertel flaniert, wird an fast 250 Schaufenstern den Schriftzug „Woman Life Freedom“ entdecken, den die 2022 gegründete „WLF Unity“ zu ihrem Leitspruch für Gleichberechtigung und Selbstbestimmung gemacht hat – und den die im Iran geborene Kurdin Neda Paiabandi nun mit Leben füllt.

Zusammen mit der ebenfalls iranstämmigen Gynäkologin Mitra Sarvestani der deutsch-iranischen Ärztevereinigung „ParsiMed“ stellte sie im Odeon-Kino den auf der diesjährigen Berlinale umjubelten, iranischen Wettbewerbsbeitrag „Ein kleines Stück vom Kuchen“ vor, der mit dem Preis der Ökumenischen Jury und dem der Internationalen Filmkritik ausgezeichnet wurde.

Schon in Berlin konnte das Regie-Duo Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha die Preise nicht persönlich entgegennehmen, weil das iranische Regime ihnen während des Filmschnitts die Pässe abgenommen hatte und ihnen nun auch die Visa für die geplante Kinopremieren-Tour durch Deutschland verweigerte. Deshalb konnten die beiden das Publikum im Odeon nur mit einer Video-Botschaft begrüßen und mussten die Diskussion nach der Filmvorführung Moderator Bonyad Bastanfor und seinen Gästen Neda Paiabandi und Mitra Sarvestani überlassen.

Eine Geschichte, die die Herzen der Zuschauenden berührt

Es wurde ein angeregtes Gespräch, hatte die Geschichte der 70-jährigen, verwitweten Mahin, die den gleichaltrigen Taxifahrer Faramarz zu sich nach Hause einlädt, wo sie sich ihre Einsamkeit und gegenseitige Zuneigung eingestehen, die Herzen des Publikums berührt. Gleichzeitig zeichnet der Film aber auch ein authentisches Bild des alltäglichen Lebens von Frauen im Iran und den Tabus, die sie brechen müssen, um endlich ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Aber er zeugt auch von Zivilcourage, wie in der Szene, in der Mahin der Sittenpolizei ein junges Mädchen entreißt, das wegen ihres unkorrekt sitzenden Kopftuchs mit auf die Wache soll.

Kein Wunder, dass solche Szenen dem Regime ein Dorn im Auge sind, erinnern sie doch an tatsächliche Fälle junger Frauen, die ähnliche Situationen nicht überlebt haben. Aber nicht nur wegen dieser Szene ist „Ein kleines Stück vom Kuchen“ im Iran verboten, erzählt Sarvestani: „Nicht nur das Kopftuch, das Mahin in der Öffentlichkeit ja auch konsequent trägt, ist das Problem – als Witwe einen Mann nach Hause einladen, mit ihm Musik hören, tanzen, Wein trinken und mit ihm auch noch zu schlafen. Das geht gar nicht!“

Die Renten der Alten reichen vorne und hinten nicht, Streiks und Gewerkschaften zu gründen, ist verboten.
Neda Paiabandi, Völkerrechtlerin

Paiabandi ergänzt, dass ja nicht nur die jungen Leute von den Schikanen des Regimes betroffen sind: „Die Renten der Alten reichen vorne und hinten nicht, Streiks und Gewerkschaften zu gründen, ist verboten.“ Aber sie sieht auch Hoffnungszeichen am Horizont: „Die queere Community wird immer lauter, obwohl es sie offiziell nicht gibt.“

Und aus dem Publikum erhebt sich die Frage, warum unsere für eine feministische Außenpolitik angetretene Außenministerin die Revolutionsgarden im Iran noch immer nicht auf die Liste der Terrororganisationen gesetzt hat und der Iran immer noch unser stärkster Handelspartner in der Region ist? So entfaltet der Film neben seiner berührenden Liebesgeschichte auch seine aktuelle politische Situation, die das Publikum noch lange nach der Vorstellung im Foyer diskutieren lässt.