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Bewegende ZeugenaussageGezielt auf Passanten zugefahren – Amokfahrt in Köln vor Gericht

Lesezeit 3 Minuten
Polizisten schauen sich den Tatort am Alter Markt am Dienstagmittag an

Der Tatort der Amokfahrt am Alter Markt

Ein Taxifahrer steht wegen seiner Amokfahrt in Köln und Essen vor Gericht, vier Personen wurden dabei verletzt. Der Prozess klärt nun die Schuldfähigkeit.

Es ist ein lauer Augustabend in der Kölner Altstadt. Zahlreiche Besucher schlendern auf der Suche nach Abkühlung durch ein Kaltgetränk durch die Straßen und Gassen. Doch plötzlich herrscht helle Aufregung: Ein Taxi beschleunigt immer wieder und hält augenscheinlich gezielt auf Menschengruppen zu. Am Ende sind drei Frauen verletzt — zwei von ihnen schwer. Später stellt sich heraus, dass die Amokfahrt des 44 Jahre alten Taxifahrers bereits in Essen ihren Anfang genommen hatte, wo ebenfalls eine Frau schwer verletzt wurde. Seit Montag steht der 44-Jährige nun wegen vierfachen versuchten heimtückischen Mordes, versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung sowie gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr vor einer Schwurgerichtskammer des Landgerichts. „Mit seinem Taxi fuhr der Beschuldigte gezielt und mit erhöhter Geschwindigkeit auf Personen zu“, hieß es bei Verlesung der Antragsschrift. Und weiter: „Der Angeschuldigte beschleunigte das Fahrzeug mit quietschenden Reifen.“

Amokfahrt Köln: Prozess um Unterbringung in Psychiatrie

Weil die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass der Mann aufgrund einer psychischen Erkrankung im schuldunfähigen Zustand handelte, geht es in dem Prozess nicht um eine Haftstrafe, sondern um die dauerhafte Unterbringung des 44-Jährigen in einer Psychiatrie. Laut den Ärzten des Mannes soll er schon seit 2011 an einer paranoiden Schizophrenie leiden und Stimmen hören. Vor Gericht machte der 44-Jährige über seinen Verteidiger lediglich wirre Angaben zu dem Tatgeschehen.

„Bei jedem Auto, das mir entgegenkommt, kommt alles wieder hoch“.
Aussage eines Opfers im Zeugenstand

Laut Staatsanwaltschaft fuhr der Angeschuldigte am 5. August 2024 zunächst in Essen mit seinem Taxi in der Kastanienallee mit quietschenden Reifen auf vier Frauen zu, die sich mit einem Sprung zwischen geparkte Fahrzeuge retten können. Eine Viertelstunde später fuhr der Deutsch-Jordanier dann eine 51-Jährige an, die gerade einen Zebrastreifen überquerte. Die Frau erlitt zahlreiche Knochenbrüche.

Anschließend fuhr der Angeschuldigte nach Köln, wo er in der Altstadt zunächst eine 27-Jährige anfuhr und schwer verletzte. Im Zeugenstand berichtete die Frau, dass sie mit einer Freundin von der Kleinen Budengasse zum Alter Markt unterwegs war, als sie das Taxi aus dem Augenwinkel wahrnahm. Sie habe noch Platz machen wollen, als das Fahrzeug plötzlich beschleunigte und sie erfasste. „Ich hörte nur noch einen Motor aufheulen und sah die Scheinwerfer“, sagte die 27-Jährige im Zeugenstand. Die Frau wurde erfasst, durch die Luft geschleudert und krachte auf das Kopfsteinpflaster. Sie erlitt eine Sprengung des Schultereckgelenks, eine Leberverletzung, zahlreiche Hämatome und Schürfwunden. Sie musste operiert werden, ist seither krankgeschrieben und hat viele Narben — nicht nur körperliche, sondern auch psychische — davongetragen. „Bei jedem Auto, das mir entgegenkommt, kommt alles wieder hoch“, sagte sie. Und weiter: „Ich war vorher ein gesunder junger Mensch. Seitdem bin ich in psychiatrischer Behandlung.“

Nach der Kollision mit der 27-Jährigen raste der 44-Jährige mit seinem Taxi weiter durch die Altstadt und verletzte zwei weitere Frauen, bis er von einem Köbes vom „Brauhaus Peters“ gestellt werden konnte. Zunächst stellte sich der Mann dem Amok-Taxi mit gespreizten Armen in den Weg, doch der 44-Jährige hielt auch auf ihn zu. Nur knapp konnte der Köbes eine Kollision vermeiden, wurde aber vom Außenspiegel des Fahrzeugs touchiert und leicht verletzt. Dennoch setzte er dem Taxi zu Fuß nach, das sich in eine Sackgasse manövrierte. Der Köbes packte den 44-Jährigen, der wegrennen wollte, und fixierte ihn bis zum Eintreffen der Polizei. Für seinen couragierten Einsatz wurde der Mann im vergangenen November im Polizeipräsidium im Rahmen der Aktion für Zivilcourage „Hinsehen. Handeln. Hilfe holen“ geehrt.

Der Prozess wird fortgesetzt. Anfang März soll ein Urteil fallen.