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Hängepartie in KölnFertigstellung der Mülheimer Brücke verzögert sich erneut

Lesezeit 4 Minuten
Blick vom Norden aus auf die Mülheimer Brücke im Bau - hier im Sommer 2024.

Blick vom Norden aus auf die Mülheimer Brücke im Bau - hier im Sommer 2024.

Erneut sind Schäden an der Mülheimer Brücke entdeckt worden. Die Fertigstellung und Wiederinbetriebnahme der Stadtbahn sind damit wieder offen.

Und wieder einmal gerät der Zeitplan für die Sanierung der Mülheimer Brücke ins Wanken. Nach bereits mehreren Verschiebungen lautete das zuletzt ins Auge gefasste Ziel: Ende 2026 soll der Verkehr wieder ungehindert über die Rheinquerung rollen. Doch nun wurden Risse im Bereich der Strombrücke entdeckt. Was das für Auswirkungen hat, müsse noch geprüft werden, heißt es aus der Verwaltung. Das Problem, dass zu den Rissen geführt hat, ist nicht unerheblich. Damit ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Fertigstellung mal wieder nach hinten verschoben werden muss. Mehr noch: Die Kölner Verkehrs-Betriebe werden wohl auch nicht wie vorgesehen ab April wieder ihre Stadtbahnen über die Mülheimer Brücke fahren lassen können.

Welcher Schaden wurde nun entdeckt?

Die Mülheimer Brücke ist eine Hängebrücke. Das bringt den Vorteil mit sich, dass sie auftretende Kräfte frei schwingend abfedern kann, wie zum Beispiel starken Seitenwind. Natürlich darf das Bauwerk nicht unbegrenzt schwingen. Sogenannte Bremslager bremsen übermäßiges Hin- und Herpendeln aus. Doch die Mülheimer Brücke konnte sich wohl nicht mehr frei bewegen. „Die Strombrücke wird in ihrer Längs-Querdehnung am rechtsrheinischen Widerlager behindert. Am linksrheinischen Widerlager kann sie sich längs bewegen, liegt aber am Windlager an“, berichtet die Stadtverwaltung. Werden die auftretenden Kräfte nicht abgefedert, fahren sie ungemindert in Bauteile. Die Folge: An Querträgern wurden Risse entdeckt.

Sind die nun entdeckten Schäden gefährlich?

„In den letzten Wochen haben sich die Risse nicht verändert“, heißt es dazu in einer Mitteilung der Verwaltung. Planer, Prüfingenieure und Gutachter wurden zugezogen. Das Ergebnis: „Es besteht Einigkeit, dass die Risse die Stabilität des Bauwerkes nicht beeinträchtigen, jedoch vor der Inbetriebnahme repariert werden müssen.“ Damit nicht genug, die Brücke muss auch wieder aus ihrer Starre gelöst werden. Einen ersten Versuch dazu hat es schon gegeben. In der Nacht vom 10. auf den 11. Februar haben die Ingenieure hydraulische Pressen an der Mülheimer Brücke angesetzt, um sie in Längsrichtung einige Millimeter zu bewegen. Vergebens. Nun würden weitere Optionen geprüft.

Warum bremsen die Schäden die KVB aus?

Im Zuge der Sanierung mussten auch die Schienen für die Stadtbahnen und ihre Unterkonstruktion auf der Brücke erneuert werden. Das ist weitestgehend erfolgt. Allerdings müssen Unterbau und Schienen noch miteinander verschraubt werden. Das kann aber erst geschehen, wenn die Hängebrücke wieder in ihrer Nullposition ist, also in der Position, in der sie sich einpendelt, wenn keine Kräfte auf sie wirken. Nur dann können die Schienen im Übergangsbereich von Strombrücke und Rampen regelgerecht zusammengesetzt werden. Doch die Strombrücke hat sich an ihren Widerlagern verklemmt, liegt also nicht in der Nullposition. Und der erste Versuch, sie zu lösen, ist gescheitert.

Es besteht Einigkeit, dass die Risse die Stabilität des Bauwerkes nicht beeinträchtigen, sie jedoch vor der Inbetriebnahme repariert werden müssen.
Mitteilung der Stadtverwaltung

Wie wirkt sich das auf den Zeitplan aus?

„Die Verzögerungen in der jetzigen Bauphase führen zu Veränderungen der geplanten, bisher kommunizierten Zeitschiene. Die Auswirkungen auf die für Ende 2026 angekündigte Verkehrsfreigabe der Mülheimer Brücke werden geprüft“, heißt es dazu in der Mitteilung der Verwaltung. Will sagen: Ende wieder offen.

Wann können die KVB wieder über die Brücke fahren?

Ursprünglich sollten die Bahnen der KVB im November 2024 wieder über die Brücke fahren. Doch dann tauchten mal wieder unerwartete Komplikationen auf. Erste Fahrten der Stadtbahnlinien 18 und 13 über die Rheinquerung wurden daraufhin fürs erste Quartal 2025 in Aussicht gestellt. Nun heißt es: „Aufgrund der ineinandergreifenden Abhängigkeiten zwischen der Bauwerkssanierung und den Arbeiten am Schienenweg kann ein Wiederinbetriebnahme-Datum aktuell nicht verlässlich angegeben werden.“

Wie wirkt sich das auf die Kosten aus?

In dieser Frage muss sich die Stadtverwaltung mal nicht korrigieren. Aber auch nur deshalb, weil sie bei der Sanierung der Mülheimer Brücke schon lange nicht mehr über Geld spricht. 2016 wurde noch mit Gesamtkosten von rund 116 Millionen Euro geplant, das war zwei Jahre vor dem Sanierungsstart. Bereits 2017 wurde die Summe auf 188 Millionen Euro erhöht. 2022 wurden bisher zum letzten Mal neue Sanierungskosten genannt: 301 Millionen Euro lautete damals die Summe.

Welche Überraschungen gab es schon bei den Arbeiten?

Die Liste der unvorhergesehenen Mängel im Laufe der Sanierung ist lang. Um nur mal die großen Überraschungen zu nennen: 2019 wurde im Untergrund an der Rechtsrheinischen Rampe ein Braunkohleflöz entdeckt. Die Statik musste neu berechnet und das Bauwerk sicherer gegründet werden. 2020 kam die Nachricht, dass die Bausubstanz der Strombrücke weitaus schlechter als angenommen ist. Vor allem die Schweißnähte und Nietverbindungen entsprachen nicht dem erwarteten Zustand. 2023 stellten die Sanierer fest, dass die Aufbauten für die Stadtbahnen in einen so schlechten Zustand sind, dass sie nicht mehr saniert werden können, sondern vollständig erneuert werden müssen. 2024 schließlich entdeckten die Ingenieure, dass der Bewehrungsstahl in Teilen der rechtsrheinischen Rampe nicht dort liegt, wo er vermutet wurde. Das sorgte für Probleme mit Bauwerken, die neu erstellt wurden und eigentlich und mit ihrem Bewehrungsstahl an die rechtsrheinische Rampe anschließen sollten.