Vor allem während der Pandemie stieg die Nachfrage stark an - ist der Hype mittlerweile vorbei?
Einzelhandel in KölnDas Fahrrad wird zum Statussymbol – so sehen Kölner Läden die Entwicklung
Autoland Deutschland – ist dieses Bild mittlerweile Vergangenheit? Zumindest hat der PKW, der einstige Liebling der Deutschen, hierzulande starke Konkurrenz als Objekt der Begierde erhalten: Das Fahrrad ist nicht mehr nur umweltfreundlich und praktisch, sondern seit einigen Jahren auch stylisch, modisch und zu einer Art Statussymbol für verschiedene Generationen geworden. Dies bestätigen auch die Mitarbeiter zahlreicher Kölner Fahrradläden – wir haben uns vom Kölner Norden bis in die Südstadt umgeschaut, um neue Trends und Entwicklungen zu entdecken.
Cube-Store in Longerich: Kunden geben immer mehr Geld für Fahrräder aus
Ganz im Norden Kölns ist seit rund einem Jahr ein neuer Anbieter vor Ort: In Longerich eröffnete 2023 der Cube-Store von „Bikes’n Boards“ - auf insgesamt 2400 Quadratmetern stehen hunderte von Fahrrädern, ausschließlich Exemplare der Marke Cube. Inhaber Moritz Gaul weist allerdings darauf hin, dass bei den Reparaturen grundsätzlich jeder vorbeischauen könne. „Unsere Werkstatt steht für fast alle Modelle offen – wir haben Kunden aus dem ganzen Kölner Umland.“
Die meisten kommen jedoch, um sich ein neues Rad anzuschaffen: „Die Menschen geben mittlerweile deutlich mehr Geld für Räder aus, als noch vor einigen Jahren. Unser Preissegment fängt bei rund 500 Euro für ein neues Fahrrad an, und endet bei knapp 10.000 Euro“, erklärt Gaul. Dies habe mit der Tatsache zu tun, dass Fahrräder heutzutage Statussymbole seien. „Auf der Arbeit wird nicht mehr über das neue Auto gesprochen, sondern auch über das neue Fahrrad. Zudem kann heutzutage bei fast jedem Wetter gefahren werden, und für jeden Typ gibt es eine Nische.“ So seien die geländefreundlicheren Gravel-Bikes die Vorstufe zu den Rennrädern, und daher auch bei vielen sportlichen Anfängern beliebt. Genauso wichtig sei natürlich der E-Bike-Markt – hier gebe es viele Räder, die deutlich über 10.000 Euro lägen, und trotzdem sogar einem neuen Auto vorgezogen würden.
„Das Fahrrad steht für Nachhaltigkeit und Verantwortung, und das ist den Menschen zum Glück heute wichtig“, betont Gaul. Der Fahrrad-Boom liege jedoch auch an den Influencern auf sozialen Medien: „Hier wird eine Fahrrad-Kultur vorgelebt, welche das Rad zum Kult werden lässt. Junge Menschen treffen sich in stylischen Klamotten, um ihre teuren Rennräder zu zeigen und anschließend ein Bierchen zu trinken – da geht es nicht immer um den sportlichen Aspekt“, lacht Gaul. Problematisch sei eher der Wegfall so mancher Werkstätten – oft würden nur bestimmte Marken für die Reparatur akzeptiert.
„Schaltwerk“ in Nippes: Trend geht weg vom Alltagsrad
Ein paar Kilometer weiter in Nippes beim „Schaltwerk“, einem klassischen kölschen Fahrradladen, erkennt auch Inhaber Peter Czock einen Fahrrad-Hype, der jedoch zuletzt etwas nachgelassen habe. „Für mich war 2024 kein gutes Geschäftsjahr, auch weil die Käufer wählerischer werden und weniger Geld ausgeben wollen. Die Fahrradkultur lässt etwas nach“ bemängelt der 62-Jährige, der schon so manchen Promi in seinem urigen Laden auf der Krefelder Straße begrüßen durfte. Czock sieht den Trend, dass ein Fahrrad oftmals nur zur Zierde angeschafft werde, die Pflege bei vielen Kunden allerdings zu kurz käme.
Dass die Fahrradkultur die Zeit überdauern werde, davon ist der Nippeser jedoch überzeugt: „Hochwertige Räder sind weiterhin im Trend, ebenso Vintage-Räder. Ich besitze Rahmen aus den 80er Jahren, diese werden von den Kunden gerne für Rennräder gekauft. Der Trend geht weg vom Alltagsfahrrad, hin zum spezialisierten Rad.“ Auch seine Werkstatt steht für alle Kunden offen, man müsse jedoch gelegentlich mit Wartezeiten rechnen.
„staub & teer“ in der Südstadt: „Gewöhnlicher Fahrradmarkt eher gedeckt“
Schließlich ergibt ein Blick in die Südstadt, dass auch hier die spezialisierten Radler ganz vorne liegen und weiter kräftig investieren: „Unser Geschäft ist im Gravel-Bereich sehr aktiv, also bei Rädern, welche abseits der Straße auf Schotter und Waldwegen gefahren werden“, erklärt Laura Wobbe, Verkäuferin bei „staub & teer“ auf der Severinstraße. In der Corona-Zeit seien die allgemeinen Verkäufe stark angestiegen, nun sei es vor allem die Sportszene, die vorbeischaue. „Der gewöhnliche Fahrradmarkt ist insgesamt wieder eher gedeckt“, sagt Wobbe.
Bei „staub & teer“ führt man sportliche Räder, aber auch Urban-Bikes für die Stadt und Rennräder. „Wir bauen auch Räder auf, zum Beispiel klassische Custom-Bikes, und nehmen Wünsche gerne entgegen.“ Der Kundenkreis sei eher eine sportliche Klientel, daher fokussiere man sich auf den sportiven Bereich. Wie beim „Schaltwerk“ gibt es auch bei „staub & teer“ keine E-Bikes – die Freude an der Bewegung stehe im Vordergrund.
Laura Wobbe glaubt, dass die Begeisterung für das Zweirad anhalten wird – aus gutem Grund: „Für mich ist das Fahrrad nicht nur ein Fortbewegungsmittel, sondern auch ein Rückzugsort. Das Radeln gibt mir so viel – zum Abschalten und zum Finden der eigenen Balance. So wie andere Fußball spielen, steige ich abends auf Rad und lasse alles hinter mir. Ich glaube, so geht es heutzutage vielen.“