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Stiftung „pace et bene“Erstes Hospiz für obdachlose Menschen in Köln ist das Ziel

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Eine Pflegekraft hält die Hand einer Bewohnerin.

Berührung und Zuwendung tun vielen Menschen in ihrer letzten Lebensphase gut.

Wer auf der Straße stirbt, ist unsichtbar. Es gibt keine Zahl der Todesfälle. Und kein Sterben in Würde. Eine Stiftung will das ändern.

Drei Jahre lang arbeitet er auf Baustellen in ganz Köln. Dann verliert der Hilfsarbeiter Fabiu M. (Name geändert) seine Arbeit, kann sein Zimmer nicht mehr bezahlen. Er baut sich eine kleine Hütte in einem Waldstück im Rechtsrheinischen, wird schwer krank. Nach der Akutversorgung im Krankenhaus kehrt er in seine Hütte zurück. Er stirbt dort völlig allein.

Gigi ist oft Gast im Gubbio, der Obdachlosenseelsorge des Erzbistums an der Ulrichgasse, hier ist er zu Mittag, und manchmal bleibt er noch ein bisschen. Sein Stammplatz ist vor dem  Rewe auf dem Eigelstein. Dort liegt er in seinen letzten Lebenswochen schwerkrank im Schlafsack, bevor er im Krankenhaus stirbt.

Zugewandte Versorgung in letzter Lebensphase

„Für obdachlose Menschen gibt es keinen Ort, an dem sie in Würde sterben können. Das ist vielen, die wir um Spenden bitten, vorher gar nicht bewusst“, sagt Phillipp Wittmann, Mitgründer der Stiftung „pace et bene“ (Frieden und Wohlergehen). Das will die Stiftung dringend ändern. Sie möchte obdachlosen Menschen ein Sterben in der geschützten Umgebung eines Hospizes ermöglichen, mit zugewandter Palliativversorgung in ihrer letzten Lebensphase.

Wie groß die Not der sterbenskranken Frauen und Männer ist, erlebt Franziskanerschwester Christina, die sich in Gubbio um ihre obdachlosen Gäste kümmert, jeden Tag. „Viele der Menschen, die ich regelmäßig sehe, leben seit langem auf der Straße, viele sind sehr krank, manche abhängig von Alkohol oder Drogen. Oft habe sie deshalb Folgeerkrankungen“, sagt sie. „Die meisten schaffen es in ihrem Zustand nicht, in eine Arztpraxis zu gehen, betäuben sich weiter mit Alkohol. Oft haben sie keine Krankenversicherung und Angst vor den Kosten. Oder sie schämen sich.“

Wenn ein Mensch sterbenskrank ist und Schmerzen hat, kann er sich oft nicht mehr selbst versorgen, wenn er auf der Straße leben muss.
Franziskanerschwester Christina, Seelsorgerin im Gubbio

Beim Leben auf der Straße würde alle Kraft dafür benötigt, sich um Essen und einen Schlafplatz zu kümmern, dafür müssten die Menschen jeden Tag weite Wege gehen, in schlechter körperlicher Verfassung und bei jedem Wetter, weiß die Franziskanerschwester. „Das ist ein riesiger Stress. Dazu kommt, dass viele Angst vor Gewalt haben. Wenn ein Mensch, der auf der Straße lebt, sterbenskrank ist und Schmerzen hat, kann er sich oft nicht mehr selbst versorgen.“

Mit zwei Ärzten vom Mobilen Medizinischen Dienst der Stadt steht sie in engem Kontakt. „Damit wir wissen, wenn einer unserer Gäste so schwer krank ist, dass er in absehbarer Zeit einen Platz benötigt, wo er sein Leben in Würde vollenden kann“, sagt Schwester Christina. Deshalb ist das erste Ziel der Stiftung, einen solchen Platz auch kurzfristig zur Verfügung stellen zu können. „Das geht nicht in jedem Hospiz, denn unsere Gäste haben teils Bedürfnisse, die sich von denen nicht-obdachloser Kölner und Kölnerinnen unterscheiden“, so Phillipp Wittmann. Manche könnten es etwa nicht ertragen, in einem Raum ohne Austritt zu leben, weil sie jahrzehntelang unter freiem Himmel geschlafen hätten. Andere seien wegen ihrer Suchterkrankungen zeitweise unruhig. „Wir haben einen guten Kontakt zum Hospiz der Alexianer St. Hedwig in Rondorf aufgebaut, die unsere Gäste aufnehmen würden“, schildert Wittmann. „Darüber freuen wir uns sehr.“

Eine Angabe dazu, wie viele wohnungslose Menschen auf der Straße sterben, haben wir weder bei der Stadt noch beim Land NRW gefunden.
Phillipp Wittmann, Mitgründer von „pace et bene“

Wie wenig Bedeutung das Leid obdachloser schwerstkranker Menschen hat, haben die Stifter bei ihren Recherchen erfahren müssen. „Eine Angabe dazu, wie viele wohnungslose Menschen auf der Straße sterben, haben wir weder bei der Stadt noch beim Land NRW gefunden“, so die Stifter. Und auch ein Hospiz für diese Menschen gebe es bislang in keiner deutschen Stadt.

Weil ein Platz im Hospiz mit Palliativversorgung knapp 500 Euro pro Tag kostet, ist die Stiftung sehr auf Spenden angewiesen. „Menschen ohne Krankenversicherung bekommen über den eingeführten Anonymen Krankenschein 3500 Euro für ihre Palliativversorgung; den Rest steuern wir bei“, sagt Wittmann. Deshalb sucht das Stiftungsteam (siehe Info-Text) schon seit längerem nach einer Wohnung auf Dauer, deren Zimmer für obdachlose Frauen und Männern in ihrer letzten Lebensphase geeignet sind. Sie sollte leicht zugänglich sein und möglichst in der Innenstadt liegen, damit sie für Freunde der obdachlosen Menschen erreichbar ist, die sie besuchen und sich von ihr verabschieden wollen. „Der Mobile Medizinische Dienst der Stadt würde die Versorgung übernehmen, der SKM könnte Sozialhelfer stellen, und wir könnten in einem festen Hospiz auch Kölner und Kölnerinnen einbinden, die ehrenamtlich helfen möchten“, sagt Wittmann.

Der Sterbeprozess im Hospiz dauert in der Regel einige Wochen. Wie auch bei Menschen, die aus ihrer Wohnung oder einem Heim in die Palliativbetreuung wechseln, leben die Gäste zunächst wieder auf, weil sie zugewandt von Pflegekräften versorgt werden, die sich für die Begleitung in der letzten Lebensphase entschieden haben. Das ermögliche es ihnen, die letzten Wochen ihres Lebens bewusst zu erleben, sagt Schwester Christina. „Hier können sie Besuch von Menschen bekommen, die ihnen wichtig sind. Und sich von ihnen in Ruhe und Würde verabschieden.“


pace et bene-Stiftung

Den Impuls zur Stiftungsgründung gab Schwester Christina Klein, Seelsorgerin im Gubbio. Gemeinsam mit Kirsten Lange-Wittmann, Philipp Wittmann und Rudger Plettenberg vom Gesamtverband der katholischen Kirchengemeinden Kölns gründete sie Pace e Bene als Treuhandstiftung unter dem Dach der Caritas-Stiftung im Erzbistum Köln.

Im September 2023 mit 54.000 Euro Stiftungskapital gestartet, sind es heute bereits 90.000 Euro. Spender und Kooperationspartner sind Privatpersonen, aber auch etwa die Bethe- und die Deubner-Stiftung sowie Vereine wie „Gesundheit für Obdachlose“ zählen zum Unterstützerkreis.

Dagegen steht der hohe Bedarf an Spenden. Ein Platz in einem bestehenden Hospiz kostet im Monat 15.000 Euro. Aus dem Fonds der akuten Nothilfe stellt die Stiftung etwa Rollstühle, ein Hörgerät und Pflegematerialien für den künstlichen Darmausgang eines Menschen ohne Krankenversicherung.

„Wer helfen möchte, ist herzlich eingeladen mit uns persönlich Kontakt aufzunehmen“, sagt Phillipp Wittmann. Er und seine Mitstifter sind unter der Mailadresse: kontakt@paceetbene-stiftung.de zur ersten Kontaktaufnahme erreichbar.