Sie ist seit einigen Jahren Deutschlands bekannteste Notärztin. Mittlerweile hat „Doc Caro“ alias Carola Holzner Sendeformate im Fernsehen (VOX: „Jedes Leben zählt“), fliegt als Notärztin mit der ADAC Luftrettung durch Deutschland und hat bereits ihr viertes Buch veröffentlicht, welches sie diese Woche in Köln vorstellt: Am kommenden Donnerstag tritt die Fachärztin für Anästhesiologie in der Volksbühne am Rudolfplatz auf, um „Ab unter die Gürtellinie“ zu gehen. Die 42-Jährige wird dabei über unzureichende sexuelle Aufklärung berichten und so manches öffentliche Halbwissen richtigstellen. Wir sprachen mit der Intensivmedizinerin im Vorfeld ihres Köln-Besuchs.

Was hat Sie als Notfallärztin bewogen, ein Buch über sexuelle Aufklärung zu schreiben?

In letzter Zeit war ich immer schockierter, wie wenig aufgeklärt unsere Gesellschaft ist. Wir glauben, dass wir mittlerweile alles über Sexualität wissen. Aber vieles erscheint mir nur vordergründig. Aufklärung besteht nicht daraus, dass man über Sex oder Genderunterschiede spricht. Ich rede von den Basics, von medizinisch-anatomischer Aufklärung. Da wissen viele kaum Bescheid: Was genau ist eine Prostata, wozu dient der Gebärmutterhals – das fragen mich Patienten oder Follower. Und es geht noch schlimmer: Manche wissen nicht, was ein Lusttropfen ist oder ob ein Tampon zur Verhütung dient.

Doc Caro in der Volksbühne: „Ich freue mich schon das ganze Jahr auf Köln“

Gab es weitere Anlässe zu ihrer Entscheidung, mit ihrem Buch gerade in Köln aufzutreten?

Ich habe Kinder, die sich mittlerweile in der Pubertät befinden. Da bleiben Fragen am Esstisch nicht aus. Außerdem schämen sich viele Menschen, über ihre Geschlechtsorgane, Sex und alles, was „untenrum“ so passiert, zu sprechen – hier muss Abhilfe geschaffen werden. Ich freue mich schon das ganze Jahr auf Köln, zumal ich hier studiert habe und viele Freunde wiedersehen werde.

Wie wird der Abend in der Volksbühne konkret aussehen?

Das Ganze wird keine reine Lesung, sondern hoffentlich ein sehr unterhaltsamer Lern-Abend. Ich habe Marco Schreyl und den Sexualtherapeuten Umut Özdemir eingeladen. Wir werden viel lachen und gleichzeitig dem Publikum so manches mit auf den Weg geben. Über die Jahre haben sich einige Anekdoten angesammelt, die ich unbedingt wiedergeben muss. Außerdem gibt es weitere interessante Fragen zu klären, beispielsweise ob ein Penis tatsächlich brechen kann. Zudem wird es einen Crashkurs zum Thema Anatomie für die Besucher geben, und die ein oder andere Motivation, das Erlernte in die Tat umzusetzen. (lacht)

Wie lassen sich die vielen öffentlichen Auftritte und Ihre Medienpräsenz mit ihrem Hauptjob verbinden?

Meine Stelle am Helios Klinikum in Duisburg ist mittlerweile eine Halbtagsstelle. Ich habe wirklich Spaß an den öffentlichen Auftritten, möchte Menschen etwas mitgeben und bin einfach eine Rampensau. Als Workaholic würde ich mich nicht bezeichnen – ich habe das große Glück, dass ich ganz viele begeisternde Dinge machen darf. Der neue Oswald Kolle bin ich zwar nicht, aber ich hoffe, dass mein Aufklärungsbuch auf jedem Nachttisch landen wird.

Welche Themen sehen Sie in der Gesellschaft noch unterrepräsentiert?

Ich sehe vieles im medizinischen Bereich mit Sorge. Wir haben zum einen ein Nachwuchsproblem, aber zum anderen müssten wir auch viel mehr dafür tun, die Medizin zu den Menschen zu bringen. Viele, vor allem ältere Patienten gehen gar nicht zum Arzt, obwohl sie sehr krank sind. Ärztebusse oder mobile Arztpraxen sollten also verstärkt angeboten werden. Als allerwichtigste Themen sehe ich jedoch verpflichtenden Reanimationsunterricht und besseren und umfassenderen Aufklärungsunterricht. Die Aufklärung gehört von Anfang an im Unterricht und beim Aufwachsen dazu, das hat nicht bis zu einem großen Gespräch zu warten, sondern ist vor allem Verantwortung der Eltern. Diese müssen entscheidend zur Aufklärung der Kids in ganz frühen Jahren beitragen, damit das Thema Aufklärung endlich vollständig aus der Schmuddelecke rauskommt.

Exklusive Buchpremiere „Doc Caro - Ab unter die Gürtellinie“. 10. Oktober, 19 Uhr, Volksbühne am Rudolfplatz. Tickets ab 38 Euro unter: www.koelnticket.de