Das Interesse an der kölschen Sprache ist nach wie vor hoch. Themenkurse reichend von „Kölsch för Karneval“ bis „Kölsch för Imis“.
Jährlich 650 TeilnehmerDie „Akademie för uns kölsche Sproch“ zieht junge und ältere Sprachbegeisterte an
Los geht es mit einem Rätsel: „Dem Karl singer Frau sing Schwester es dem Hans singem Broder sing Doochter“. Wer ist Hans? Personalpronomen lassen sich auf durchaus unterhaltsame Weise erklären. Montagabend, Kölschseminar an der „Akademie för uns kölsche Sproch“ im Mediapark, vierte Etage. Etwa 20 lernwillige Menschen haben sich versammelt, vorne steht Neu-Dozent Pascal Bittner (33) und spielt zum Lockern der Zunge das Campingleed von Karl Berbuer ab. Ein Liedwunsch seiner Klasse. Dann singen die meisten mit einiger Zurückhaltung die schöne Zeile: „Wenn em Zelt de Mökke un de Hummele dich verjökke, un do kanns dann nit eraus em Rähn.“
Viele der Menschen, die hier in ihren Lehrbüchern blättern und über die richtige Deklination der Verben grübeln, sind um die 30 Jahre alt, einige auch etwas älter. Mirco und Ursula Hansen sind eigens aus Bonn angereist. „Ich verstehe zwar Kölsch, habe aber beim Sprechen Hemmungen“, erklärt Ursula Hansen die Motivation für den Seminarbesuch. Hin und wieder spreche sie nun zur Übung mit ihrem Mann zu Hause Kölsch, „nur unsere 16 und 19 Jahre alten Töchter finden es furchtbar. Die Schönheit der kölschen Sprache können sie nicht nachvollziehen“, sagt sie amüsiert.
Das Interesse an der kölschen Sprache ist ungebrochen. Derzeit bietet die Kölsch-Akademie 17 Seminare an, vor allem aber die Themenkurse wie „Kölsch för Karneval“ oder „Kölsch för Imis“ seien stark nachgefragt, berichtet die Seminarleiterin Ruth Wolfram. Jedes Jahr werden etwa 650 Teilnehmende unterrichtet, nach zwei Semestern wird das Kölsch-Abitur ausgehändigt, wer vier Semester durchhält, darf das Kölsch-Diplom machen. So wie Dozent Pascal Bittner, der acht Sprachen fließend spricht, darunter Aserbaidschanisch. „Da konnte ich so vieles sprechen, nur in meiner Heimatsprache kamen aus Hemmung keine Sätze raus. Deswegen versuchen wir hier, so gut wie möglich, ausschließlich Kölsch zu sprechen“, meint er.
Textsicher unterwegs sein
Zum Lernen gehören auch kleine Hausaufgaben. „Hätt et e bessche jeflupp?“ fragt Bittner, vor dem ein Namensschild mit der Aufschrift „Der Pascal“ steht, weil sich hier alle duzen. „Ich han Schwierigkeite, de Grammatik ze verstonn“, gesteht eine Frau ganz „ihrlich“. So heißt es „ming Mamm“, aber „minge Papp“, auch die Aussprache hat ihre Tücken. Der Vokal o in Dom wird „u-iger“ als im Hochdeutschen ausgesprochen. „Nennen wir es die kölsche Vokaldiversität, die Aussprache liegt gerne mal zwischen zwei oder drei Vokalen“, erklärt Pascal Bittner. Die Begeisterung für die kölsche Sprache verfolgt ihn schon länger. Früher, als er während des Studiums in einer internationalen Wohngemeinschaft in Frankfurt an der Oder wohnte, hatte er für die Mitbewohner „Asterix op Kölsch“ als Klolektüre ausgelegt.
Als Lehrbuch dient ein Werk von Alice Herwegen, die selbst viele Jahre als Dozentin an der Akademie unterrichtet hat. „Mer liere Kölsch, ever flöck“, lautet der Titel, neben Grammatikübungen beinhaltet das Buch auch unterhaltsame Dialoge, die von den Schülerinnen und Schülern in verteilten Rollen gelesen werden. Typisch Kölsch sind Passagen, die Bemerkungen wie „du ahle Schmecklecker“, also „alter Lüstling“ enthalten. Während einer kurzen Pause spielt Bittner einen weiteren Musikwunsch ab, „Die wiesse Duuv“, von Ludwig Sebus. Die kölsche Aussprache soll sich möglichst schnell in den Köpfen festsetzen.
Der Karneval ist für viele der Kölsch-Lernenden der Anlass für den Besuch der Akademie. „Es ist heute fast schon eine Prestigefrage, textsicher im Karneval unterwegs zu sein“, stellt Bittner fest. Die meisten Teilnehmenden kommen aus der Region, der Dozent hat aber auch schon Menschen mit niederländschen, türkischen und italienischen Wurzeln unterrichtet. Zwölf Doppelstunden stehen auf dem Lehrplan des Seminars. Manchmal ist die Grammatik trocken, so wie die unbestimmten Artikel. En Breefmarkesammlung heißt es im Femininum, e Badezimmer im Neutrum und ene Balkon im Maskulinum. Pascal Bittner hat sichtlich Freude am Unterricht. „Maht üch nit bang“, rät er aufmunternd.
Bleibt noch die Frage, wer denn nun Hans ist? Natürlich der Ohm vun Karl singer Frau sing Schwester.