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Sieben Jahre BauzeitDas Kölner Hansa-Gymnasium ist umwerfend schön geworden

Lesezeit 4 Minuten
Außenfassade des Hansa-Gymnasiums.

Außenfassade des Hansa-Gymnasiums.

Nach rund sieben Jahren Bauzeit können Schüler- und Lehrerschaft endlich wieder ins - inzwischen sehr schöne - Kölner Hansa-Gymnasium

„Das hat Charakter“, Sandra Kißmann, Architektin und Abteilungsleiterin der städtischen Gebäudewirtschaft zeigt unverhohlen ihre Begeisterung für das neue Hansa-Gymnasium. Nach rund siebenjähriger Bauzeit ist die Sanierung des klassizistischen Gebäudes am Hansaring abgeschlossen. Am kommenden Mittwoch startet der Schulbetrieb. Glückliches Ende eines ehrgeizigen Kapitels in der Kölner Schulsanierung.

„Es gab unvorhersehbare Herausforderungen“, blickt Kißmann zurück. Schadstoffbelastungen oder feuchte Gemäuer, ein völlig maroder Dachstuhl - all das verzögerte die Inbetriebnahme immer wieder - und trieb die Kosten in die Höhe. Mehr als dreimal so viel wie ursprünglich kalkuliert, kosteten die Sanierung, Umbau und Erweiterung der Schule. Gut 23 Millionen waren ursprünglich angesetzt; bei 78 Millionen war die Stadt im Jahr 2022.

Hansa-Gymnasium in Köln: Von Fluren zu Clustern

Dafür gibt es jetzt eine Schule, die auf vorbildliche und inspirierende Weise alt und neu verbindet. „In die historische Kulisse ist ein nagelneues Innenleben gekommen“, sagt Kißmann. Die weit über 100 Jahre alten Bodenkacheln in rot, grau, beige und braun wurden behalten, teilweise akribisch ausgebessert. In den modernen WCs wiederholt sich das prägende Farbkonzept harmonisch.

Neuer Musikraum im ehemaligen Speicher.

Neuer Musikraum im ehemaligen Speicher.

Von einer Flurschule, bei der die Unterrichtsräume hintereinander liegen ist das Hansa zu einer Cluster-Schule geworden. Jede Jahrgangsstufe von der Stufe 5 bis 9 teilt sich im alten Gebäude am Hansaring einen Bereich mit drei Klassenräumen, einem zusätzlichen offenen Arbeitsbereich, einer Toilette, einer Teamstation für die Lehrkräfte und einer kleinen Pantry-Küche mit Waschbecken und Kühlschrank. Die neuen Elemente wie Spinde und Sitzgelegenheiten sind betont zurückhaltend designt. So können die historischen Details, die Fensterbögen, die schmiedeeiserne Treppe oder auch der gekachelte Boden ungehindert wirken.

Historischer Flur mit minimalistischen neuen Elementen.

Historischer Flur mit minimalistischen neuen Elementen.

Große Fenster sorgen für Offenheit und dafür, dass Unterrichtssituationen einsehbar sind. „Cluster ermöglichen offenere, selbstständige Arbeitsformen“, erklärt Schulleiter Moritz Magdeburg.

Neustart

Nach sieben Jahren im teilweise improvisierten Ausweichquartier im Abendgymnasium in der Gereonsmühlengasse bricht nicht nur baulich, sondern auch teilweise im Unterrichtskonzept eine neue Ära an. „Das ist im Prinzip ein Neustart“, sagt Magdeburg. Ein Neustart, der den Lehrkräften ein Lächeln auf die Lippen zaubere.

Ausbessern der historischen Bodenkacheln.

Ausbessern der historischen Bodenkacheln.

Um mehr Raum zu schaffen, ist ein ehemaliger Lichtschacht über drei Etagen ausgebaut worden. Dass dabei eine Trafo-Station, die das ganze Viertel mit Strom versorgt, erfolgreich umgelegt wurde, ist Insider-Wissen, das Fachleute wie Kißmann begeistert.

Aula mit Domblick

Alle anderen können sich am Offensichtlichen erfreuen. Wie an der neu geschaffenen Aula. „Hier wurde eine Decke eingezogen“, erklärt Kißmann in dem stimmungsvollen Raum unter dem Dach. Die Fenster geben den Blick frei auf den Dom. Nebenan ist ein ehemaliger Dachbogen zum akustisch ausgeklügelten Musikraum geworden.

Die neue Aula unter dem Dach.

Die neue Aula unter dem Dach.

Das Quergebäude an der Ritterstraße wird die Jahrgangsstufe 10 und die Fachräume beherbergen. Dahinter schließt sich parallel zum Gereonswall der Neu- und Erweiterungsbau für die Oberstufe an. Hier ist ein klarer Stil mit Sichtbeton gewählt. Eichenfurnier an den Türen, Sitzgelegenheiten und Spinden liefert einen warmen Farbton. Obwohl der Stil eindeutig modern ist, passt er sich nahtlos an das Gesamtkonzept des Hansa-Gymnasiums an. Statt Cluster gibt es für die Oberstufe Lernateliers - unter anderem mit gelben und ockerfarbenen Lounge-Würfeln.

Die neuen Toiletten.

Die neuen Toiletten.

Für die Stirnwand des Neubaus an der Vogteistraße haben die Schülerinnen und Schüler der Philosophiekurse in einem Schulwettbewerb einen Gedanken des Philosophen Hegel ausgesucht. Er ist mit Ziegeln ins Mauerwerk der Fassade eingepasst: „Der Widerspruch aber ist die Wurzel aller Bewegung von Lebendigkeit.“

Lernatelier im neuen Oberstufenbau.

Lernatelier im neuen Oberstufenbau.

Erst einmal aber gibt es in einem Thema keinen Widerspruch am Hansa: bei der einhelligen Freude auf den Start im neuen Gebäude. „Das Kollegium freut sich, die Schülerinnen und Schüler freuen sich“, sagt Schulleiter Magdeburg. Freudig.


Das Hansa-Gymnasium

1901 eröffnete das Hansa-Gymnasium als erste selbstständige Handelshochschule Deutschlands. Es wurde von 1898 bis 1901 nach Plänen des Stadtbaumeisters Heimann unter örtlicher Leitung des Architekten Mohr errichtet.

780 Schülerinnen und Schüler und etwa 60 Lehrkräfte sind derzeit an der Schule.

Mit dem denkmalgerechten Umbau und Erweiterung des Hansa-Gymnasiums ist das zweite von drei Baufeldern der Bildungslandschaft Altstadt-Nord (BAN) vollendet. Das erste Baufeld der BAN war im Jahr 2020 am Gereonswall 57 sowie in der Vogteistraße 9 fertiggestellt worden. Dabei handelt es sich um eine Kindertagesstätte, eine Grundschule, eine Realschule, ein Studienhaus sowie ein Mensa- und Ateliergebäude als Gemeinschaftseinrichtung für alle im Verbund.

Bau-Aufgabe im dritten und letzten Baufeld ist nach dem Auszug der „Hanseaten“ aus dem Abendgymnasium in der Gereonsmühlengasse nun noch die vollständige Grundinstandsetzung des Abendgymnasiums. Die aktuellen Zeitpläne sehen einen Fertigstellungstermin im dritten Quartal 2027 vor.