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EhrenamtspreisPetra Pluwatsch erinnert an vom NS-Regime verfolgte Kölnerinnen und Kölner

Lesezeit 3 Minuten
Fünf Stolpersteine sind in den Boden eingelassen.

Auch die Geschichte des Kölner Juden Jakob Stock erzählt Petra Pluwatsch. Die Stolpersteine seiner Familie liegen auf der Klosterstraße in Lindenthal.

Für ihr die ehrenamtliche Arbeit an dem Buch „Verfolgt und nicht vergessen – Geschichten hinter den Stolpersteinen“ für das NS-Dok wurde Pluwatsch von der Stadt ausgezeichnet.

Sie überlebte eine Odyssee durch mehrere Konzentrationslager und den Todesmarsch: Die Jüdin Hilde Khnie, eine der wenigen Überlebenden des Holocausts, erzählt ihre Geschichte. Sie wächst mit drei jüngeren Geschwistern als aufmüpfiges und fröhliches Kind in der Kölner Benesisstraße auf. Dort betreiben ihre Eltern ein Kleidungsgeschäft. Bis 1933 Hitler an die Macht kommt, hat sie eine weitgehend unbeschwerte Kindheit. Dann nimmt ihr Leben eine Wendung.

Die Geschichte von Hilde, ist eine von zwölf kurzen Biografien, die Petra Pluwatsch in ihrem Buch „Verfolgt und nicht vergessen – Geschichten hinter den Stolpersteinen“ festgehalten hat. Die Journalistin möchte damit Kölnerinnen und Kölnern wieder ein Gesicht geben, die dem NS-Regime zum Opfer gefallen sind. Für ihr Engagement hat die Stadt sie mit dem Ehrenamtspreis ausgezeichnet.

Seit vier Jahren arbeitet die 68-Jährige ehrenamtlich für das NS-Dokumentationszentrum (NS-Dok). Zur selben Zeit begann sie mit der Recherche für ihr Buch. Dafür wertete sie unter anderem Dokumente der Nachfahren der Opfer aus und nahm Kontakt zu Überlebenden auf. Die Recherchen erfolgten ohne Aufwandsentschädigung, auf ein Autorinnen-Honorar wurde verzichtet. Nach drei Jahren erschien das Buch im Juni vergangenen Jahres als Veröffentlichung des NS-Dok.

Die Nazis besetzen das Kölner Rathaus am 13. März 1933.

Die Nazis besetzen das Kölner Rathaus am 13. März 1933.

Weil ihr die Geschichten sehr nahe gingen, arbeitete sie immer wieder mit Unterbrechungen. „Irgendwann habe ich sogar angefangen zu träumen, dass die SS vor meiner Tür steht. Da habe ich mir gedacht, dass es wirklich Zeit für eine Pause wäre“, erzählt sie.

Hilde und ihre Geschwister werden nach der Reichspogromnacht im November 1938 von ihrer Mutter in einen Zug nach Antwerpen gesetzt. Dort sollen sie bei Verwandten geschützt vor Hitlers Regime leben. Doch nach dem Einmarsch der Deutschen im Mai 1940 sind Jüdinnen und Juden auch in Belgien nicht mehr sicher, und Hilde und ihre Schwester Erna kehren zurück nach Deutschland. Ihre beiden Brüder gelangen mit dem letzten Kindertransport nach England.

In Köln wartet nur noch ihre Mutter auf Hilde und Erna. Der Vater ist bereits in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert worden, wo er kurz darauf stirbt. Die drei Frauen durchleben schließlich selbst die grausame Reise durch mehrere Ghettos und Konzentrationslager. In Auschwitz-Birkenau stirbt Erna, Hilde und ihre Mutter werden befreit und emigrieren 1946 in die USA.

Jakob Stock und seine Frau Rosalia Stock

Jakob Stock und seine Frau Rosalia Stock

Die Auswahl der Protagonistinnen und Protagonisten hat Petra Pluwatsch ganz bewusst getroffen. Die einzelnen Biografien repräsentieren die Gesamtschicksale mehrere Opfergruppen, darunter Jüdinnen und Juden, politisch Verfolgte sowie Homosexuelle.

So wurde der jüdische Pferdehändler Jakob Stock im Vernichtungslager Treblinka ermordet, Max Zienow als politisch Verfolgter mit dem Fallbeil hingerichtet und die Jüdin Julie Meyer im Ghetto Theresienstadt getötet. Andere überlebten wie Hilde den Holocaust und emigrierten in die USA. Viele Familienmitglieder der Betroffenen wurden in Konzentrationslagern ermordet oder verschwanden spurlos.