Schwierige Diskussionen, teils stiefmütterliche Behandlung: Der Ausschuss für die Gleichstellung von Frauen und Männern habe es nicht einfach, erklärt Vorsitzende Teresa De Bellis Olinger.
„Manchmal wird er belächelt“Kölner Ausschuss kämpft für mehr Gleichstellung in der Stadt
Den Ausschuss gibt es erst seit der laufenden Wahlperiode. Waren Sie unter denen, die ihn gefordert haben?
Nicht federführend. Ich habe das zwar immer unterstützt, aber Frauenpolitik habe ich in der CDU eigentlich nie gemacht.
Wie kam es dann dazu, dass Sie Vorsitzende des Ausschusses wurden?
Weil es keiner so wirklich machen wollte. Ich glaube, da kann man fast für alle Fraktionen sprechen: Was neu ist, bedeutet auch mehr Aufwand. Der Ausschuss muss sich erstmal etablieren, auch bei den Verbänden. Und er muss sich abgrenzen zum Amt für Vielfalt und zur AG Queere Politik. Das kann ein Spagat werden. Dabei ist der Ausschuss attraktiv. Man kann mitgestalten und ich habe es auch nicht bereut.
Warum finden Sie die Arbeit des Ausschusses wichtig?
Gleichstellung betrifft alle Bereiche. Angefangen bei der Wirtschaft bis hin zur Erziehung von Jungen. Wenn man sich die Vorlagen der verschiedenen Gremien anschaut, gibt es immer einen Tagesordnungspunkt mit gleichstellungsrelevanten Themen, die aber gar nicht so richtig gespielt werden. Obwohl das Thema Gleichstellung von Frauen und Männern mittlerweile viel mehr in die Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Mit einem dafür zuständigen Ausschuss, dem ein Budget zur Verfügung steht, können wir in diesem Bereich mehr gestalten und Diskussionen anstoßen.
Wie wird der Ausschuss im Stadtrat wahrgenommen?
Es kommt auf das Thema an, aber manchmal wird er belächelt. Zum Beispiel, wenn der Begriff Gender verwendet wird. Der ist mittlerweile sehr negativ behaftet. Das macht die Arbeit des Gleichstellungsausschusses schwieriger. Die Verbände kennen den Begriff, aber für einige Bürger und auch noch für einige Ratsmitglieder, muss man ihn immer noch erklären.
Welche Themen stehen im Ausschuss auf der Agenda?
Für mich ist das Frauennachttaxi ein sehr wichtiges Thema. Frauen erhalten Gutscheine für Taxis, mit denen sie nachts vergünstigt die letzte Meile fahren können, um ihnen ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Manche Kommunen, wie München und Freiburg beispielsweise, haben das schon. Wir wollten in diesem Herbst einen Piloten starten. Dafür haben wir die Mittel zur Verfügung gestellt und die Taxi-Innung wäre bereit gewesen, das Projekt zu begleiten. Leider haben wir von der Verwaltung erfahren, dass die Umsetzung stockt – und ich befürchte, dass das Geld nicht in das nächste Jahr übertragen wird und möglicherweise im Haushalt verschwindet.
Was sind die größten Erfolge des Ausschusses?
Der Ausschuss ist klein und hat wenige Mittel, aber dafür haben wir viel geschafft. Wir haben unter anderem die Förderung von Jungen an Schulen durch den Sozialdienst Katholischer Männer etabliert. Dort werden sie für das Thema Geschlechter sensibilisiert. Auch die Pläne für das dritte Frauenhaus in Köln hat der Ausschuss mit vorangetrieben.
Das Projekt Edelgard haben wir für die Jahre 2023 und 2024 mit 120.000 Euro finanziert, damit dort zwei halbe Stellen aufgebaut werden können. So kann das Team auch bei großen Veranstaltungen auf der Straße beraten. Das gibt es in dieser Form nur in Köln. Leider ist das Projekt aktuell in Gefahr. An Karneval werden wir Edelgard mit diesem Angebot nicht mehr haben.
Was ist mit Edelgard passiert?
Vor einigen Wochen habe ich erfahren, dass die beiden festangestellten Mitarbeiterinnen gekündigt wurden. Ihre Stellen waren für den Doppelhaushalt 2023/2024 befristet. Der neue Haushalt wird in diesem Jahr von der Verwaltung später eingebracht, als ursprünglich geplant und somit erst im Februar 2025 verabschiedet. Eigentlich wollten wir ihn im November verabschieden. Die Mitarbeiterinnen mussten haben sich einen anderen Job gesucht, sie zurückzuholen ist leider unmöglich.
Wie konnte es dazu kommen?
Das Angebot von Edelgard ist zweigeteilt. Einerseits wird bei Kölner Großveranstaltungen eine mobile Anlaufstelle für von Belästigung und sexualisierter Gewalt betroffene Frauen und Mädchen geboten. Andererseits gibt es ein Infoangebot und der Verein organisiert auch Schutzräume. Da kriegen beispielsweise Kneipen einen Sticker, der signalisiert, dass sie ein Schutzraum sind. Die Betreiber werden für solche Fälle geschult. Das wird von der Verwaltung unterstützt.
Im Juni hat mir die Gleichstellungsbeauftragte gesagt, es bestünde die Gefahr, dass das Amt für Gleichstellung bei Edelgard im kommenden Haushalt einsparen muss. Da war noch nicht klar, dass der neue Haushalt erst so spät beschlossen wird. Ich bin aus allen Wolken gefallen, als ich dann vor einigen Wochen von den Kündigungen gehört habe. Das hat uns das Amt für Gleichstellung leider nicht gesagt. Man hätte zumindest eine Mitteilung an den Ausschuss geben müssen.
Wie hätte der Ausschuss eingreifen können?
Wir hätten Geld zur Überbrückung der Zeit bis zum neuen Haushalt finden können, so wie wir es jetzt auch nachträglich versuchen zu tun. Wenn alles gut läuft, können wir bald schon mal 20.000 Euro zur Verfügung stellen, um erste Anreize zu setzen. So können wir Edelgard dann wahrscheinlich wenigstens wieder zum kommenden CSD sichern. Wenn der Haushalt erst im Februar verabschiedet wird und man sich dann auf Edelgard verständigt, kann es ab da ein Dreivierteljahr dauern, bis ein neuer Träger und Personal gefunden sowie geschult ist.
Wie bewerten Sie das zumindest zwischenzeitliche Aus von Edelgard?
So weit hätte es nicht kommen dürfen. Ich weiß nicht, wer an Karneval oder auch an Silvester diese Vakanz ausfüllen soll. Dass Edelgard in seiner ursprünglichen Form nicht mehr stattfinden kann, sollte für uns alle ein Appell sein. Es ist schließlich auch die Aufgabe der Verwaltung, dass alle sich sicher fühlen können.
Kann man aus diesem Vorfall schließen, dass der Gleichstellungsausschuss von der Verwaltung nicht richtig gewürdigt wird?
Das gilt sicher nicht für alle. Ich glaube, der Ausschuss ist manchen lästig und wird teils stiefmütterlich behandelt. Verbände kommen zu mir und sagen, dass die neue Gleichstellungsbeauftragte weniger den Blick auf externe Gleichstellung, also in der Gesellschaft, hat, sondern mehr auf die interne Gleichstellung in der Stadtverwaltung schaut. Sie wünschen sich einen intensiveren Austausch.
Wie problematisch finden Sie das?
Die Vereine engagieren sich seit Jahren in der Stadt. Ihre Arbeit ist auch im Bereich der Gleichstellung sehr wichtig. Nun ist Frau Pedersen erst seit gut einem halben Jahr in Köln und kann aufgrund des großen Angebots nicht alle Vereine alle gleichzeitig besuchen. Ich hoffe, dass Vertrauen aufgebaut und die Zusammenarbeit gestärkt wird.
Aktuell bangen viele Vereine um die Finanzierung ihrer sozialen Projekte im neuen Haushalt. Teils ist von Kürzungen über 50 Prozent die Rede.
Wir müssen darauf achten, dass Kürzungen nicht dazu führen, dass Trägervereine komplett aufgelöst werden. Strukturen, die wegbrechen, können nur schwer wieder aufgebaut werden. Vielleicht muss man manche Finanzierungen auch in Frage stellen und Events wie etwa der „Tag des guten Lebens“ könnten allein durch Sponsoren finanziert werden. Da wünsche ich mir eine andere Gewichtung.