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Interview

„Radsport erlebt Boom“
Artur Tabat über die Herausforderungen für „Rund um Köln“

Lesezeit 5 Minuten
Artur Tabat

Artur Tabat

Artur Tabat spricht über die Herausforderungen für „Rund um Köln“ und seine Freundschaft zum einstigen Tour-Sieger Jan Ullrich.

Artur Tabat (82) hat 45 Jahre lang den Radklassiker „Rund um Köln“ organisiert. Thorsten Moeck sprach mit über seine neue Rolle im Hintergrund.

Steigt die Nervosität bei Ihnen noch immer, wenn es auf Rund um Köln zugeht?

Es ist nicht mehr so anstrengend wie früher, ich bin gelassener geworden. Im Vorfeld helfe ich noch etwas mit und bin bei den Gesprächen in den Gemeinden des Bergischen dabei. Wir sprechen mit den Bürgermeistern, die freuen sich dann mich zu sehen. Und ich freue mich genauso. Auch an Pressekonferenzen nehme ich teil.

Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Sie haben eine Krebserkrankung überstanden?

Mir geht es sehr gut. Am Dienstag bin ich noch 40 Kilometer auf dem Rennrad gefahren. Ich habe alles überstanden.

Rick Zabel wird in Köln sein letztes Profirennen bestreiten. Ein würdiger Abschluss?

Das muss er entscheiden. Aber es wird sicherlich schön. Jetzt muss er nur noch gewinnen.

Die Rahmenbedingungen für das Radrennen bleiben schwierig. Skoda ist als Partner abgesprungen, die Begleitfahrzeuge müssen dieses Mal für viel Geld gemietet werden. Ist Köln für Sponsoren unattraktiv?

Es ist nicht einfach. In Köln hatten wir mit Skoda immer nur Jahresverträge – und den wollte der Autohersteller jetzt nicht verlängern. Generell halte ich den Radsport und „Rund um Köln“ für sehr attraktiv. Eine billigere und bessere Werbung als im Radsport können Unternehmen kaum haben. In anderen Sportarten müssen die Firmen richtig in die Tasche greifen.

Rund um Köln: Immer wieder finanzielle Engpässe

Es gab immer wieder mal finanzielle Engpässe beim Kölner Rennen. Was müsste passieren, damit sich das ändert?

Es müsste sich ein Hauptsponsor finden, der jedes Jahr 200 000 oder 250 000 Euro gibt. Damit ließe sich beruhigt arbeiten. Dass nun 6000 Fahrerinnen und Fahrer bei den Hobbyrennen starten, ist auch viel wert. Das ist die halbe Miete. Zu meiner Zeit waren es gut 3000 Starterinnen und Starter.

Erleben wir gerade einen Radsportboom?

Ja, das ist ein regelrechter Boom. Das ist in Köln allerdings kontinuierlich gewachsen. Wir haben damals mit 1200 Teilnehmern begonnen, das hat sich bis zu 3200 gesteigert. Jetzt wird das Rennen professionell in den sozialen Netzwerken beworben, das habe ich früher alles nicht gemacht.

Warum kommt der Boom in den Vereinen kaum an?

Die Vereine haben nichts davon. Viele Sportlerinnen und Sportler wollen frei sein, sie wollen keine Lizenz lösen, sondern nur Radfahren. Sie zahlen dann lieber etwas mehr Startgebühr, fahren aber nicht in der Gemeinschaft. Das finde ich traurig.

Der Gesamtetat des Rennens liegt etwa bei 650 000 Euro. Ordnen Sie das bitte mal ein.

Insgesamt ist das Rennen heute professioneller aufgestellt, denn zur Ausdauersport GmbH, die auch Triathlon und Marathon veranstaltet, gehören sieben Mitarbeiter. Ich hatte damals drei Mitarbeiter, der Rest war Ehrenamt. Bislang ließ sich „Rund um Köln“ immer gut mit Frankfurt vergleichen. Jetzt hat Frankfurt aber Weltcup-Status, was deutlich höhere Kosten bedeutet, weil die Weltcup-Teams mit den Top-Fahrern allein rund 250 000 Euro kosten. Wir in Köln liegen bei etwa 80 000 Euro Kosten für das Fahrerfeld.

Geld ist sehr wichtig, keine Frage. Wir hatten damals Pro-Tour-Status und haben das Rennen dann zurückstufen lassen, weil das Geld nicht mehr gereicht hat.
Artur Tabat

Die Veranstalter in Köln träumen vom Worldtour-Status, denn derzeit ist Kölner Rennen drittklassig eingestuft. Ist eine Höherstufung nur eine Frage des Geldes oder der guten Kontakte zum Radsport-Weltverband?

Geld ist sehr wichtig, keine Frage. Wir hatten damals Pro-Tour-Status und haben das Rennen dann zurückstufen lassen, weil das Geld nicht mehr gereicht hat. Die Zeiten haben sich geändert. Damals habe ich mit Rolf Wolfshohl (Anm. d. Red: dreifacher Querfeldein-Weltmeister aus Köln) den Weltcup nach Köln geholt. Wir waren uns schon einig mit dem Weltverband, doch der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) hat das Rennen dann nach Hamburg verkauft. Damals wollte ich aufhören, denn dadurch wäre „Rund um Köln“ beinah kaputt gegangen. Das war schlimm für mich.

Sie wollten vor einigen Jahren Jan Ullrich als Sportlichen Leiter nach Köln holen. Dann gab es Gegenwind. Würden Sie das heute nochmal versuchen oder wäre das der neuen Generation von Radprofis nicht zu vermitteln?

Jan Ullrich war damals 40 Jahre alt, er ist morgens aufgestanden und wusste nicht, was er machen soll. Da dachte ich mir, ich hole ihn als Sportlichen Leiter nach Köln. Damit hätte er wieder einen Einstieg in den Profi-Radsport gehabt und andere Veranstalter hätten ihn dann auch bei ihren Sportveranstaltungen eingesetzt. Er hätte wieder eine Aufgabe gehabt und wäre nicht in falsche Hände geraten. Ich kenne ihn, seitdem er in Oslo Weltmeister geworden ist. Damals kam die Zeit auf, wo man als Profi entscheiden musste, ob man Praktiken wie das Blutdoping mitmachen möchte oder nicht. Ich will ihn deshalb nicht verteufeln. Inzwischen haben sich die Zeiten zum Glück geändert. Jan Ullrich ist der einzige deutsche Tour de France-Sieger, er hatte ein riesiges Talent. Auch heute habe ich noch Kontakt zu ihm und werde ihm Dinge für sein Radsport-Museum zur Verfügung stellen. Es ist ein Trauerspiel, das man ihn hat fallenlassen.

Und seit Jahren gibt es den Traum von einer Abschlussschleife durch Köln, um das Rennen stärker in der Stadt zu verankern.

Genau das ist teuer, denn die Absperrmaßnahmen kosten richtig viel Geld. Deshalb habe ich das nie gemacht und zugesehen, dass wir in Köln möglichst schnell durchs Ziel fahren. Aus diesem Grund ist die Strecke so wie sie heute ist. Wenn es gelingt, dann wäre es toll.


Rund um Köln

7 Worldtour-Teams werden bei der 106. Auflage von „Rund um Köln“ am 26. Mai starten. Der in Köln lebende Rick Zabel (Foto), Sohn von Ex-Profi Erik Zabel, wird sein letztes Profi-Rennen bestreiten. Er startet für das Team Deutsche Nationalmannschaft.

Das deutsche Team BORA-hansgrohe wird in Köln starten, ebenso Alpecin-Deceuninck und Intermarché-Wanty aus Belgien, die Teams dsm-firmenich PostNL sowie das Team Visma-Lease a Bike aus den Niederlanden. Aus Frankreich startet das Worldtour-Team Arkéa-B&B Hotels.

Zur 106. Auflage des ältesten deutschen Radrennens gehören auch drei Distanzen für Hobbyfaherinnen und Hobbyfahrer. Die Rennen über 70 und 130 Kilometer sind ausgebucht, Startplätze gibt es noch für den „Velodom 30“, hier befindet sich der Start in Bensberg. Das Ziel ist der Rheinauhafen.