Das sogenannte Armenier-Mahnmal mit dem Titel „Dieser Schmerz betrifft uns alle“ darf bis auf weiteres auf dem Kurt-Rossa-Platz an der Kölner Hohenzollernbrücke stehen bleiben.
Antrag in letzter MinuteArmenier-Mahnmal in Köln darf vorerst bleiben
Buchstäblich in letzter Minute verhinderte am Montag ein Dringlichkeitsantrag von Grünen, SPD, Linken und FDP im Hauptausschuss des Stadtrats, dass das Mahnmal durch die Stadt Köln abgeräumt wurde. Mit Ausnahme der CDU stimmten alle Fraktionen zu. Sie forderten die Verwaltung auf, eine „temporäre Aufstellung des Mahnmals am bisherigen Standort weiterhin zu dulden“. Die seit 2018 wiederholt am Rhein aufgebaute Stele soll an den Völkermord an den Armeniern in den Jahren 1915-1916 erinnern.
Der Verein „Recherche International e. V.“ hatte vor dem Verwaltungsgericht geklagt. Er wollte durchsetzen, das sein Mahnmal, das am 21. April mit einer befristeten Sondernutzungserlaubnis an der Hohenzollernbrücke aufgestellt worden war, bis zum 25. April 2026 dort stehen bleiben kann. So wollte man genug Zeit gewinnen, um eine dauerhafte politische Lösung zu finden. Doch das Gericht lehnte das Ansinnen ab.
Stadt Köln drohte, das Mahnmal abzuräumen
Daraufhin wies das städtische Ordnungsamt den Verein am 29. Juni an, das Mahnmal bis spätestens Montag, 10. Juli, 23.59 Uhr, zu entfernen. Andernfalls werde die Stadt es selbst abtransportieren lassen — bei geschätzten Kosten von rund 4000 Euro. Zur Begründung hieß es, man müsse die Interessen der Stadt Köln und der übrigen Verkehrsteilnehmer durchsetzen, denn hier werde unerlaubt öffentliches Straßenland in Anspruch genommen.
Im Vorfeld des offiziellen Gedenktages an den Genozid am armenischen Volk (24. April) hatte die Bezirksvertretung Innenstadt die Verwaltung bereits am 30. März gebeten, eine Findungskommission einzusetzen. Sie soll eine zeitgemäße und angemessene Form des Erinnerns erarbeiten, wurde bisher aber nicht eingerichtet.
Am Montag erklärte das Ordnungsamt gegenüber dem Hauptausschuss: „Die Aufstellung von Kunstwerken, Denk- und Mahnmälern erfolgt bei der Stadt Köln grundsätzlich erst dann, wenn ein Verfahren durchlaufen wurde. Dieses Verfahren wurde zur dauerhaften Aufstellung der Skulptur ‚Dieser Schmerz betrifft uns alle‘ nicht eingehalten. Hinsichtlich der Findung einer dauerhaft zeitgemäßen und angemessenen Form des Erinnerns im Bereich der Kölner Innenstadt ist daher zunächst ein solcher Prozess in Abstimmung mit dem Kunstbeirat aufzusetzen.“
Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagte im Hauptausschuss, es habe Vorwürfe gegen die Verwaltung und auch gegen sie persönlich gegeben, denen sie „deutlich widerspreche“. Es sei „absurd“, ihr zu unterstellen, dass sie den Genozid leugnen wolle. Das sei mitnichten der Fall. Die Stadt wolle für ein Gedenken sorgen, das „angemessen und würdevoll“ sei. Sie müsse aber „die vielfältigen Interessen unserer pluralistischen Stadtgesellschaft“ gleichberechtigt behandeln. „Unsere Spielregeln gelten für alle gleichermaßen“, betonte Reker.
Nach der Sommerpause werde die Verwaltung „einen gut moderierten Prozess starten, der alle Stimmen einbezieht“. Es gelte, „gesellschaftliche Verwerfungen“ zu vermeiden und die hitzige Debatte zu versachlichen. Zum Beschluss des Hauptausschusses, das Mahnmal vorerst an seinem jetzigen Standort zu dulden, sagte Reker: „Damit setzen wir unsere eigenen Regeln, wie der öffentliche Raum gestaltet wird, außer Kraft.“