Am Freitagmorgen hat der 56-jährige Angeklagte in der JVA Ossendorf sich das Leben genommen. Eigentlich war für Freitag die Urteilsverkündung vorgesehen.
Vor UrteilsverkündungAngeklagter im „Lynchmob“-Prozess begeht Selbstmord
Tragische Entwicklung in einem Prozess um den sogenannten „Lynchmob“ von Höhenberg: Ein 56 Jahre alter Angeklagter hat Selbstmord begangen. Für Freitag wurde die Urteilsverkündigung für den nunmehr Toten und seinen an der Tat beteiligten Sohn erwartet. Der Gerichtstermin ist aufgeschoben.
Wie die Vorsitzende der 11. Großen Strafkammer, Sabine Kretzschmar am Freitagnachmittag mitteilte, hatte der 56-Jährige am Morgen einen Selbsttötungsversuch in der JVA-Ossendorf unternommen. „Uns hat jetzt die traurige Nachricht erreicht, dass Herr S. verstorben ist“, sagte die Richterin weiter. Laut Landgerichtssprecher Prof. Jan F. Orth, war der Mann zunächst noch lebend aufgefunden und in ein Krankenhaus verbracht worden. Die Urteilsverkündung gegen den 23-jährigen Sohn des Verstorbenen wurde wegen dessen Verhandlungsunfähigkeit verschoben. Der Mann erlitt dem Vernehmen nach einen Schock.
Lebenslange Haftstrafen gefordert
Erst am Mittwoch hatte die Staatsanwaltschaft für beide Angeklagten lebenslange Freiheitsstrafen wegen gemeinschaftlichen heimtückischen Mordes aus niedrigen Beweggründen gefordert. Zudem hatte die Anklage die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld beantragt. In seinem „letzten Wort“ hatte der 56-Jährige verzweifelt über Minuten seine Unschuld beteuert. „Ich habe nichts getan“, rief der Mann immer wieder mit tränenerstickter, schriller Stimme. „Gott weiß, dass ich nichts getan habe“, hatte der schwerkranke Mann geschlossen.
Der Verstorbene und sein Sohn sollen laut Staatsanwaltschaft am Rachemord an einem 37-Jährigen beteiligt gewesen sein, der im März 2022 von rund 30 Tätern auf offener Straße am helllichten Tag in Höhenberg begangen worden war. Mit Fäusten und mindestens einem Messer und einem Hammer war der 37-Jährige angegriffen und erheblich verletzt worden. Der Vater von zwei jungen Töchtern war wenige Tage später in einem Krankenhaus verstorben. Grund für die Tat war ein Video des Bruders des Opfers, in dem dieser die Großfamilie der Täter beleidigt und massiv bedroht hatte. Da der Mann sich aber in Serbien aufhielt, sollen die Täter den in Höhenberg lebenden Bruder zum Ziel ihrer Rache auserkoren haben.
Der Prozess gegen den 23-Jährigen und seinem nun verstorbenen Vater hatte im März begonnen. Noch zwei weitere Verfahren in dem Fall sind derzeit am Landgericht anhängig. Die Staatsanwaltschaft führt insgesamt 36 Beschuldigte – die meisten davon sind flüchtig.
Derweil ist die Feindschaft zwischen den beiden Großfamilien noch nicht abgekühlt. Im April erst waren insgesamt sechs Angehörige der beiden Familien auf der Ehrenstraße aneinander geraten — ebenfalls wie im März 2022 in Höhenberg am helllichten Tag und trotz zahlreicher Passanten. Dabei waren zwei Angehörige der mutmaßlichen Täterfamilie von Höhenberg mit Messern verletzt worden.