Rundschau-Redakteurin Diana Hass durfte beim Dellbröcker Boore Schnäuzer Ballett mit im Rosenmontagszug gehen. So erlebte sie ihre Zugpremiere.
Kölner RosenmontagszugUnterwegs mit dem Dellbröcker Boore Schnäuzer Ballett

Premiere für Diana Hass beim Rosenmontagszug mit dem Dellbröcker Boore Schnäuzer Ballett.
Copyright: Meike Böschemeyer
Der Wahnsinn bricht direkt los, nachdem wir aus der Severinstorburg kommen. „Strüßjer!“ „Kamelle!“ „Wenn et Trömmelche jeit ...“ „Leev Marie ... “ Dicht gedrängt stehen die Jecken am Rand des Rosenmontagszugs - strahlen mit der Sonne um die Wette. Aus Boxen, neben und über uns Karnevalsmusik. „Das ist Magie!“, hatten die Männer des Dellbröcker Boore Schnäuzer Ballett vorher versichert. Und nicht zu viel versprochen. Und heute ist es besonders schön.
„Ich bin schon im Regen und im Schnee gegangen, aber das Wetter ist natürlich super“, sagt Ralf Stumper, der Kommandöres des Männer- Balletts. Als alter Hase hat er sich richtig angezogen. „Ich hab' Blumenvlies unter der Jacke, das isoliert.“ Zwiebeltaktik bei der Kleidung ist optimal. Denn am frühen Morgen als wir aus Dellbrück mit zwei Bussen Richtung Innenstadt aufgebrochen sind, waren die Temperaturen noch um den Gefrierpunkt.

Hoch engagiert: das Dellbröcker Boore Schnäuzer Ballett.
Copyright: Meike Böschemeyer
„Danke“, die Augen der Frau mit der Kunstrasenmütze leuchten, als ihr Michael Böning alias Freitag ein Strüßjer in die Hand drückt. Meist gibt's Bützjer im Tausch. „Wenn das jemand nicht will, merkt man das schon“, setzt Stumper mit einer Erklärung an. Dann läuft „Oben, unten“ von den Räubern. Tanzen ist jetzt schöner als Reden.
Verein hat vergangenes Jahr sein 100-Jähriges gefeiert
Als Gruppe Sechs laufen die rechtsrheinischen Jecken im Rosenmontagszug. Nicht nur das Dellbröcker Boore Schnäuzer Ballett ist dabei, sondern alle Abteilungen der - inzwischen 101-jährigen - Karnevals-Gesellschaft Uhu. Die Schnäuzer-Pänz, wo schon Sechsjährige ans Tanzen herangeführt werden, gehen ebenso mit wie die Juhus, die Jugendgruppe der Uhus. Am Ende der Gruppe fährt ein Motivwagen. Das Thema: Der Abschied von Henriette Reker als Oberbürgermeisterin. Wer auf dem Wagen steht, muss zwar nicht laufen, kommt aber auch nicht so unmittelbar mit den Jecken in Kontakt.

Ralf Stumper, der Kommandöres des Männer-Balletts, zeigt sein Rosenmontagsoutfit mit Pflanzenvlies.
Copyright: Meike Böschemeyer
„Hierher mit dem Jemös“, ruft gutgelaunt ein als Bierfass verkleidetet Mann und möchte ein Strüßje. „Ich bin heiß auf Kamelle“ hat ein Mädchen im Hasenkostüm auf einen Karton geschrieben, den es uns entgegenstreckt. „Wer laut ruft, dem geb' ich auch was“, sagt ein Schnäuzer. Zu geben hat die Gruppe genug. „Heute fliegt ein ganzer Urlaub auf die Straße“, sagt Stumper. 400 bis 500 Euro aus eigener Tasche zahlen die Dellbrücker Karnevalisten in der Regel, damit sich die Jecken über Kamelle und Strüßjer freuen können. Egal. Alles für den Karneval und den Spaß an der Freud.

Eine starke Gruppe: das Dellbröcker Boore Schnäuzer Ballett.
Copyright: Meike Böschemeyer
„Das hier ist eine Riesenfamilie“, schwärmt Schnäuzer-Ballett-Mitglied Boris Kanis über die KG Uhu. Er ist erst seit gut 15 Jahren dabei. Viele andere sind hineingeboren und in der Familiengesellschaft aufgewachsen. Teilweise sind mehrere Generationen dabei. Tanzoffizier David Brühl - aus der Paveier-Familie - ist auch schon als Kind zu den Schnäuzer-Pänz gekommen. Seit gut drei Jahren lässt er sich jetzt von der stämmigen Marie alias Stefan Friedrich durch die Luft schleudern. „Das ist ein Traum“, sagt er.
Warm in den Klamotten und ums Herz
Nicole Horst wird es als einer der ersten warm. Als Läuferin eilt sie hin und her und füllt Kamelle und Strüßjer nach. „Wenn die anderen acht Kilometer Zugstrecke laufen, laufe ich wohl viermal so viel“, lacht sie. Auf den Ringen reißt auch Ralf Stumper sein Pflanzenvlies unter der Jacke raus. Anderen wird es ums Herz warm. „So viele schöne Polizistinnen“, bestätigen sich zwei Schnäuzer und verteilen Strüssjer und Bützjer an die strahlenden jungen Beamtinnen. Eine Juhu-Frau schmeißt lachend Konfetti über einen - ebenfalls lachenden - Polizisten.

Oft gibt es ein Küsschen gegen ein Sträußchen.
Copyright: Meike Böschemeyer
„KG Uhu - Alaaf. Dellbröcker Boore Schnäuzer Ballett - Alaaf“, schallt es immer wieder von den Tribünen. Als wir in der Schildergasse die Tribüne der Hellige Knäächte un Mägde passieren, kommt es zur Massen-Bützerei. Man kennt sich. Aber nicht nur hier. Als Tanzgruppe, die mit Staubwedel statt Federbusch auf dem Kopf die Kölner Traditionskorps parodiert, hat das Dellbrücker Männerballett eine große Fangemeinde. Gut 50 Auftritte liegen in der langen Session hinter den Tänzern im Alter von 19 bis 70 Jahren. Doch von Müdigkeit keine Spur. Ebenso wenig wie von Überalterung. „Die Hälfte bei uns sind 30 Jahre oder jünger“, freut sich Stumper, dem die Jugendarbeit sehr wichtig ist.

Eine Augenweide: die Marie und einige der Herren vom Dellbrücker Boore Schnäuzer Ballett.
Copyright: Meike Böschemeyer
„Wir sind eine eingeschworene Gemeinschaft“, stellt Ingo Eggemann fest. Er kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit und wird nächstes Jahr besonders viel zu tun haben. Dann ist großes Jubiläum - das Männerballett wird 50 Jahre.

Läuferin Nicole Horst versorgt die KG Uhu mit Nachschub zum Werfen.
Copyright: Meike Böschemeyer