Die Kölner Band Planschemalöör trägt mit ihren Liedern zur Erhaltung und Weitergabe der kölschen Sprache bei. Ihr Erfolg zeigt, dass kölsche Musik nicht nur im Karneval Anklang findet.
Planschemalöör und Co.Kölsche Bands können mehr als „nur“ Karneval
An das befremdliche Gefühl, seinen Kollegen Juri Rother plötzlich kölsch singen zu hören, kann sich Gitarrist Pierre Piehl noch gut erinnern. Zuvor hatten es die beiden Musiker in einer anderen Band mit hochdeutschen Liedern versucht, doch der Erfolg hielt sich in Grenzen, „Planschemalöör“ war der musikalische und sprachliche Neustart. „Anfangs fand ich den kölschen Gesang bei Juri merkwürdig. Das ging locker ein halbes Jahr so“, erinnert sich Piehl und lächelt. Juri Rother hat den umgekehrten Effekt festgestellt, als er nach drei Jahren kölscher Musik mit „Eat Sleep Alaaf Repeat“ die erste hochdeutsche Nummer mit Planschemalöör gesungen hatte. „Das hatte noch viel mehr Menschen irritiert“, sagt er.
Inmitten des Beat-Zeitalters, in der die meisten jungen Bands Beatles und Rolling Stones nacheiferten und englische Poplieder coverten, hatten sich die Bläck Fööss Anfang der 1970er Jahre für kölsche Klänge entschieden. Die „Mutter aller Kölschbands“ fungierte fortan als Türöffner im bis dahin konservativ-reaktionären Karneval und auch in bundesweiten Fernsehproduktionen. Kölsch war plötzlich wieder eine öffentlich tolerierte Sprache. „In der Nachkriegszeit war das Kölsche als Gossensprache verpönt, man hatte es geschafft, den Menschen die kölsche Sprache abzugewöhnen“, sagt Ruth Wolfram von der Akademie för uns kölsche Sproch. Und jetzt? „Die Musikszene spielt für den Erhalt und die Weitergabe der kölschen Sprache eine unheimlich entscheidende Rolle“, stellt Wolfram fest.
Die ersten Auftritte im Karneval hatte Juri Rother stets mit einer Anekdote eingeleitet, die er halb belustigt, halb pikiert vortrug. Der Sänger, geboren in Hennef, familiäre Wurzeln in Panama, sei einst von einem Kneipenwirt anerkennend mit folgendem Satz beglückwünscht worden: „Hömma, find ich richtig joot, dat ne Paselacke wie do kölsche Musik määt.“ Mit Liedern wie „Heimat“ der Romanze „Annabella“ oder der Köln-Hommage „Wääch noh Hus“ hat sich die Band im Karneval etabliert und auch schon beim Parookaville-Festival und in der Hamburger Elbphilharmonie gespielt. Manchmal haben die Auftritte auch integrative Wirkung. „Unser Publikum wird immer größer, die Diversität nimmt zu. Zu uns kommen auch Menschen, die uns erzählen, mit kölsche Musik hätten sie bislang nichts anfangen können“, erzählt Rother.
Planschemalöör spielen Konzerte für Kinder
Die vier Musiker von Planschemalöör spielen zwischendurch immer wieder Konzerte für Kinder, eine ganz bewusste Entscheidung sei das, erzählen sie. Auf Schulhöfen werden nicht nur Karneval Lieder von Kasalla und Querbeat gesungen, mit der Musik hat sich längst auch die kölsche Sprache verselbstsändigt. „One Love, one Veedel. Kioskbier un aff dafür“, heißt es im Querbeat-Hit „Dä Plan“, ein dynamischer Mischmasch aus Kölsch und Englisch, der von den Fans auf Festivals in halb Europa abgefeiert wird. „In den vergangenen zehn Jahren ist eine Flut neuer Bands entstanden, das ist ein Segen für die kölsche Sprache“, sagt der Musiker Björn Heuser.
Tatsächlich hat die kölsche Musikszene das enge Karnevalskorsett lange abgelegt. Kasalla ist bundesweit mit kölsche Rockmusik erfolgreich, ebenso Brings. Und sängen Cat Ballou Hochdeutsch s, hätten es ihre Songs vermutlich schon in die Rotation vieler deutscher Radiosender geschafft. „Kölsche Musik galt als verstaubt, im Karneval wurden Schunkel-Walzer gespielt. Durch das gestiegene musikalische Niveau interessiert sich auch ein viel größeres Publikum für kölsche Musik“, meint Heuser, der jeden Freitagabend im „Gaffel am Dom“ den Gästen der Stadt die kölsche Musik in seine Mitsingkonzerten vermittelt. Heidewitzka, Herr Kapitän.
In Badehosen auf der Bühne
Planschemalöör beschreibt den eigenen Stil als „Surfpop“, die Musiker stehen seit jeher in Badehosen auf der Bühne und ziehen auch gerne mal einen Bademantel über. Poppige Lässigkeit. „Die kölsche Liedkultur lebt davon, dass jede Band ihren eigenen Stil entwickelt“, sagt Juri Rother. Wobei er durchaus eine Wechselwirkung zwischen Musik und Stadtkultur feststellt. „Wir haben im Karneval unfassbar viel über die Stadtgeschichte gelernt und Stadtlegenden wie Ludwig Sebus getroffen“, erzählt er. Sebus, Krätzchensänger der alten Schule, feiert dieses Jahr seinen 99. Geburtstag, die Musiker von Planschemalöör sind alle Anfang 30 - da treffen menschlich und musikalisch Generationen aufeinander.
Das erste Konzert nach dem Ende der Karnevalszeit hat die Band voriges Wochenende in der Stadthalle Köln in Mülheim vor etwa 150 Fans gespielt. Auch viele junge Menschen waren dabei. Manche von ihnen buchen irgendwann ein Kölsch-Seminar an der Akademie för uns kölsche Sproch. „Gerade für das jüngere Publikum ist oft die Musik der Anlass, sich mit der kölschen Sprache zu befassen“, sagt Ruth Wolfram. Etwa 600 Menschen besuchen pro Jahr die Kölsch-Kurse, um die Sprache samt Grammatik und Vokabular zu lernen. „Das Interesse ist ungebrochen. Unsere Angebote sind ausgebucht“, sagt Wolfram zufrieden.